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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

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öffnen und verschliessen kann. Jedes Organ ist
ein Bläschen, das aus einer doppelten Haut be-
steht. Auf der innern Membran verbreiten sich
eine Menge Blutgefässe. Aus den äussern Oeff-
nungen der Bläschen kommen zuweilen Luftbla-
sen und eine weissliche Flüssigkeit hervor. Tho-
mas
folgert aus diesen Beobachtungen, dass die
Bläschen die Respirationsorgane der Blutigel sind.
Die darin befindliche Flüssigkeit hält er für ein
Exkrement, das der Lungenausdünstung ähnlich
ist, und nur wegen der kalten Temperatur der
Blutigel eine tropfbare Form hat.

Man sieht hieraus, wie ungewiss unsere Kennt-
nisse vom Athmen der Blutigel noch sind. Die von
Thomas aufgestellte Meinung hat nicht mehr
Wahrscheinlichkeit als die Braunsche. Sie ist
nicht bewiesen, so lange man nicht ein ähnliches
Beyspiel von einer so starken, bey keiner andern
bekannten kaltblütigen Thierart statt findenden
Absonderung einer tropfbaren Flüssigkeit in den
Respirationsorganen aufgefunden hat; so lange
Braun's Behauptung, dass der Verbindungscanal
dieser angeblichen Respirationsorgane in unmittel-
barer Verbindung mit den Hoden steht, nicht wi-
derlegt ist, und so lange sich nicht ein drittes Or-
gan angeben lässt, das mehr Aehnlichkeit mit ei-
nem Eyerstock hat, als zwey kleine, in der Nähe
des Uterus liegende und mit diesem blos durch

einen

öffnen und verschlieſsen kann. Jedes Organ ist
ein Bläschen, das aus einer doppelten Haut be-
steht. Auf der innern Membran verbreiten sich
eine Menge Blutgefäſse. Aus den äussern Oeff-
nungen der Bläschen kommen zuweilen Luftbla-
sen und eine weiſsliche Flüssigkeit hervor. Tho-
mas
folgert aus diesen Beobachtungen, daſs die
Bläschen die Respirationsorgane der Blutigel sind.
Die darin befindliche Flüssigkeit hält er für ein
Exkrement, das der Lungenausdünstung ähnlich
ist, und nur wegen der kalten Temperatur der
Blutigel eine tropfbare Form hat.

Man sieht hieraus, wie ungewiſs unsere Kennt-
nisse vom Athmen der Blutigel noch sind. Die von
Thomas aufgestellte Meinung hat nicht mehr
Wahrscheinlichkeit als die Braunsche. Sie ist
nicht bewiesen, so lange man nicht ein ähnliches
Beyspiel von einer so starken, bey keiner andern
bekannten kaltblütigen Thierart statt findenden
Absonderung einer tropfbaren Flüssigkeit in den
Respirationsorganen aufgefunden hat; so lange
Braun’s Behauptung, daſs der Verbindungscanal
dieser angeblichen Respirationsorgane in unmittel-
barer Verbindung mit den Hoden steht, nicht wi-
derlegt ist, und so lange sich nicht ein drittes Or-
gan angeben läſst, das mehr Aehnlichkeit mit ei-
nem Eyerstock hat, als zwey kleine, in der Nähe
des Uterus liegende und mit diesem blos durch

einen
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[166/0182] öffnen und verschlieſsen kann. Jedes Organ ist ein Bläschen, das aus einer doppelten Haut be- steht. Auf der innern Membran verbreiten sich eine Menge Blutgefäſse. Aus den äussern Oeff- nungen der Bläschen kommen zuweilen Luftbla- sen und eine weiſsliche Flüssigkeit hervor. Tho- mas folgert aus diesen Beobachtungen, daſs die Bläschen die Respirationsorgane der Blutigel sind. Die darin befindliche Flüssigkeit hält er für ein Exkrement, das der Lungenausdünstung ähnlich ist, und nur wegen der kalten Temperatur der Blutigel eine tropfbare Form hat. Man sieht hieraus, wie ungewiſs unsere Kennt- nisse vom Athmen der Blutigel noch sind. Die von Thomas aufgestellte Meinung hat nicht mehr Wahrscheinlichkeit als die Braunsche. Sie ist nicht bewiesen, so lange man nicht ein ähnliches Beyspiel von einer so starken, bey keiner andern bekannten kaltblütigen Thierart statt findenden Absonderung einer tropfbaren Flüssigkeit in den Respirationsorganen aufgefunden hat; so lange Braun’s Behauptung, daſs der Verbindungscanal dieser angeblichen Respirationsorgane in unmittel- barer Verbindung mit den Hoden steht, nicht wi- derlegt ist, und so lange sich nicht ein drittes Or- gan angeben läſst, das mehr Aehnlichkeit mit ei- nem Eyerstock hat, als zwey kleine, in der Nähe des Uterus liegende und mit diesem blos durch einen

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/182>, abgerufen am 05.05.2024.