zu starken Säure, unter Mitwirkung der Luft und einer Temperatur von 60 bis 70° R., auf der wässrigen Auflösung des Stärkemehls eine Haut, die sich ganz wie Faserstoff verhält. Setzte ich Galläpfelaufguss zu einer Auflösung des Stärke- mehls in Wasser, so erzeugte sich auf ihr beym Erkalten eine farbige Haut, die sich immer er- neuerte, so oft ich, nach dem Abnehmen der vo- rigen, die Mischung von neuem aufkochen und erkalten liess. Diese Haut verhielt sich ganz wie vegetabilisches Zellgewebe, z. B. des Hollunder- marks. Sie wurde von ätzenden Alkalien weder kalt, noch erwärmt, und in der Kälte auch nicht von der Salpetersäure aufgelöst. Mit dieser ge- kocht ging sie in eine gelbe, bittere Flüssigkeit, wie überhaupt aller Faserstoff, über. -- In die- sem Versuch war es die Gallussäure, die den Faserstoff aus dem Stärkemehl abschied. Aber auch Salpeter- und Phosphorsäure lieferten mir ihn aus dieser Materie. Eine Auflösung des Stär- kemehls in 3 Unzen Wasser mit einer halben Drachme Salpetersäure überzog sich, als sie eine Viertelstunde bis ohngefähr zum 70° R. erhitzt gewesen war, mit einer weissen Haut, die das Ansehn der auf kochender Milch sich erzeugen- den Membran hatte, und gegen chemische Rea- gentien dasselbe Verhalten wie die mit dem Gall- äpfelaufguss gebildete Haut zeigte.
Die
zu starken Säure, unter Mitwirkung der Luft und einer Temperatur von 60 bis 70° R., auf der wässrigen Auflösung des Stärkemehls eine Haut, die sich ganz wie Faserstoff verhält. Setzte ich Galläpfelaufguſs zu einer Auflösung des Stärke- mehls in Wasser, so erzeugte sich auf ihr beym Erkalten eine farbige Haut, die sich immer er- neuerte, so oft ich, nach dem Abnehmen der vo- rigen, die Mischung von neuem aufkochen und erkalten lieſs. Diese Haut verhielt sich ganz wie vegetabilisches Zellgewebe, z. B. des Hollunder- marks. Sie wurde von ätzenden Alkalien weder kalt, noch erwärmt, und in der Kälte auch nicht von der Salpetersäure aufgelöst. Mit dieser ge- kocht ging sie in eine gelbe, bittere Flüssigkeit, wie überhaupt aller Faserstoff, über. — In die- sem Versuch war es die Gallussäure, die den Faserstoff aus dem Stärkemehl abschied. Aber auch Salpeter- und Phosphorsäure lieferten mir ihn aus dieser Materie. Eine Auflösung des Stär- kemehls in 3 Unzen Wasser mit einer halben Drachme Salpetersäure überzog sich, als sie eine Viertelstunde bis ohngefähr zum 70° R. erhitzt gewesen war, mit einer weissen Haut, die das Ansehn der auf kochender Milch sich erzeugen- den Membran hatte, und gegen chemische Rea- gentien dasselbe Verhalten wie die mit dem Gall- äpfelaufguſs gebildete Haut zeigte.
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zu starken Säure, unter Mitwirkung der Luft
und einer Temperatur von 60 bis 70° R., auf der
wässrigen Auflösung des Stärkemehls eine Haut,
die sich ganz wie Faserstoff verhält. Setzte ich
Galläpfelaufguſs zu einer Auflösung des Stärke-
mehls in Wasser, so erzeugte sich auf ihr beym
Erkalten eine farbige Haut, die sich immer er-
neuerte, so oft ich, nach dem Abnehmen der vo-
rigen, die Mischung von neuem aufkochen und
erkalten lieſs. Diese Haut verhielt sich ganz wie
vegetabilisches Zellgewebe, z. B. des Hollunder-
marks. Sie wurde von ätzenden Alkalien weder
kalt, noch erwärmt, und in der Kälte auch nicht
von der Salpetersäure aufgelöst. Mit dieser ge-
kocht ging sie in eine gelbe, bittere Flüssigkeit,
wie überhaupt aller Faserstoff, über. — In die-
sem Versuch war es die Gallussäure, die den
Faserstoff aus dem Stärkemehl abschied. Aber
auch Salpeter- und Phosphorsäure lieferten mir
ihn aus dieser Materie. Eine Auflösung des Stär-
kemehls in 3 Unzen Wasser mit einer halben
Drachme Salpetersäure überzog sich, als sie eine
Viertelstunde bis ohngefähr zum 70° R. erhitzt
gewesen war, mit einer weissen Haut, die das
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/123>, abgerufen am 24.11.2024.
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