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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805.

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Welt. Diese Erhaltung aber ist auf eine zwey-
fache Art möglich: das Individuum modificirt
sich entweder nach jenem Einfluss; oder es mo-
dificirt ihn selber. Das Letztere aber kann nur
dadurch geschehen, dass durch jenen Einfluss
in dem Individuum, welches von demselben ge-
troffen wird, eine ihm entgegenwirkende Funk-
tion geweckt, und z. B. durch die Einwirkung
einer oxydirenden Substanz ein Desoxydations-
Vermögen in Thätigkeit gesetzt wird. Diese Art
der Modifikation nun setzt Mannichfaltigkeit der
Funktionen und der Organe voraus; sie kann
daher nur den Organismen der höhern Classen
zukommen. Hingegen bey der andern Art von
Modifikation verhält sich der lebende Körper
mehr leidend; sie ist daher ein Attribut der ein-
fachern Organismen, und durch sie können ein-
zelne Theile dieser Körper, bey günstigen Ein-
flüssen der äussern Welt, zu eigenen Individuen
gebildet werden.

Dieses Vermögen der Würmer, Zoophyten
und Pflanzen, sich durch Theilung zu vermehren,
lässt sich auch noch auf einem andern Wege als
Folge der Beschränktheit des Lebens darthun.
Es sind nehmlich zwey Hauptarten der Beschrän-
kung des Lebens denkbar. Der erste ist: durch
verminderte Dauerhaftigkeit bey vermehrter Frucht-
barkeit des Individuums; der andere: durch ver-

mehrte

Welt. Diese Erhaltung aber ist auf eine zwey-
fache Art möglich: das Individuum modificirt
sich entweder nach jenem Einfluſs; oder es mo-
dificirt ihn selber. Das Letztere aber kann nur
dadurch geschehen, daſs durch jenen Einfluſs
in dem Individuum, welches von demselben ge-
troffen wird, eine ihm entgegenwirkende Funk-
tion geweckt, und z. B. durch die Einwirkung
einer oxydirenden Substanz ein Desoxydations-
Vermögen in Thätigkeit gesetzt wird. Diese Art
der Modifikation nun setzt Mannichfaltigkeit der
Funktionen und der Organe voraus; sie kann
daher nur den Organismen der höhern Classen
zukommen. Hingegen bey der andern Art von
Modifikation verhält sich der lebende Körper
mehr leidend; sie ist daher ein Attribut der ein-
fachern Organismen, und durch sie können ein-
zelne Theile dieser Körper, bey günstigen Ein-
flüssen der äussern Welt, zu eigenen Individuen
gebildet werden.

Dieses Vermögen der Würmer, Zoophyten
und Pflanzen, sich durch Theilung zu vermehren,
läſst sich auch noch auf einem andern Wege als
Folge der Beschränktheit des Lebens darthun.
Es sind nehmlich zwey Hauptarten der Beschrän-
kung des Lebens denkbar. Der erste ist: durch
verminderte Dauerhaftigkeit bey vermehrter Frucht-
barkeit des Individuums; der andere: durch ver-

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[560/0570] Welt. Diese Erhaltung aber ist auf eine zwey- fache Art möglich: das Individuum modificirt sich entweder nach jenem Einfluſs; oder es mo- dificirt ihn selber. Das Letztere aber kann nur dadurch geschehen, daſs durch jenen Einfluſs in dem Individuum, welches von demselben ge- troffen wird, eine ihm entgegenwirkende Funk- tion geweckt, und z. B. durch die Einwirkung einer oxydirenden Substanz ein Desoxydations- Vermögen in Thätigkeit gesetzt wird. Diese Art der Modifikation nun setzt Mannichfaltigkeit der Funktionen und der Organe voraus; sie kann daher nur den Organismen der höhern Classen zukommen. Hingegen bey der andern Art von Modifikation verhält sich der lebende Körper mehr leidend; sie ist daher ein Attribut der ein- fachern Organismen, und durch sie können ein- zelne Theile dieser Körper, bey günstigen Ein- flüssen der äussern Welt, zu eigenen Individuen gebildet werden. Dieses Vermögen der Würmer, Zoophyten und Pflanzen, sich durch Theilung zu vermehren, läſst sich auch noch auf einem andern Wege als Folge der Beschränktheit des Lebens darthun. Es sind nehmlich zwey Hauptarten der Beschrän- kung des Lebens denkbar. Der erste ist: durch verminderte Dauerhaftigkeit bey vermehrter Frucht- barkeit des Individuums; der andere: durch ver- mehrte

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/570>, abgerufen am 22.11.2024.