können. Wir sehen also, dass, wenn eine le- bende Natur vorhanden ist, solche Gesetze in derselben statt finden müssen, wie wir im sech- sten Abschnitt des ersten Buchs (n) aus Erfah- rungen entwickelt haben. Warum aber eine le- bende Natur existirt? Diese Frage liegt nicht uns ob zu beantworten, uns, die wir das Daseyn der Materie und des Lebens als gegeben annehmen, und nur die Möglichkeit derselben zu erklären uns für verpflichtet halten. Diese Aufgabe löse der, welcher aus dem Begriffe des unbedingten Seyns die ganze Natur zu erschaffen sich ge- trauet.
Verliehrt nun alles Leben auf der einen Sei- te eben so viel an Energie, wie es auf der an- dern gewinnet, und dies darum, weil sonst alle Mannichfaltigkeit der Formen aufhören, ein va- cuum formarum, um mich eines Ausdrucks äl- terer Philosophen zu bedienen, entstehen, und das Gleichgewicht im Organismus der Erde ge- stört seyn würde, so folgt, dass eine Art von lebenden Körpern um desto beschränkter in der Fortpflanzung seyn muss, je mehr jedes Indivi- duum derselben auf die äussere Welt einwirkt, und je grössere Veränderungen dieses in der Or- ganisation der übrigen Natur hervorzubringen im Stande ist. Das Einwirken eines Organismus
auf
(n) Biol. Bd. 1. S. 446 ff.
können. Wir sehen also, daſs, wenn eine le- bende Natur vorhanden ist, solche Gesetze in derselben statt finden müssen, wie wir im sech- sten Abschnitt des ersten Buchs (n) aus Erfah- rungen entwickelt haben. Warum aber eine le- bende Natur existirt? Diese Frage liegt nicht uns ob zu beantworten, uns, die wir das Daseyn der Materie und des Lebens als gegeben annehmen, und nur die Möglichkeit derselben zu erklären uns für verpflichtet halten. Diese Aufgabe löse der, welcher aus dem Begriffe des unbedingten Seyns die ganze Natur zu erschaffen sich ge- trauet.
Verliehrt nun alles Leben auf der einen Sei- te eben so viel an Energie, wie es auf der an- dern gewinnet, und dies darum, weil sonst alle Mannichfaltigkeit der Formen aufhören, ein va- cuum formarum, um mich eines Ausdrucks äl- terer Philosophen zu bedienen, entstehen, und das Gleichgewicht im Organismus der Erde ge- stört seyn würde, so folgt, daſs eine Art von lebenden Körpern um desto beschränkter in der Fortpflanzung seyn muſs, je mehr jedes Indivi- duum derselben auf die äussere Welt einwirkt, und je gröſsere Veränderungen dieses in der Or- ganisation der übrigen Natur hervorzubringen im Stande ist. Das Einwirken eines Organismus
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(n) Biol. Bd. 1. S. 446 ff.
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können. Wir sehen also, daſs, wenn eine le-
bende Natur vorhanden ist, solche Gesetze in
derselben statt finden müssen, wie wir im sech-
sten Abschnitt des ersten Buchs (n) aus Erfah-
rungen entwickelt haben. Warum aber eine le-
bende Natur existirt? Diese Frage liegt nicht uns
ob zu beantworten, uns, die wir das Daseyn der
Materie und des Lebens als gegeben annehmen,
und nur die Möglichkeit derselben zu erklären
uns für verpflichtet halten. Diese Aufgabe löse
der, welcher aus dem Begriffe des unbedingten
Seyns die ganze Natur zu erschaffen sich ge-
trauet.
Verliehrt nun alles Leben auf der einen Sei-
te eben so viel an Energie, wie es auf der an-
dern gewinnet, und dies darum, weil sonst alle
Mannichfaltigkeit der Formen aufhören, ein va-
cuum formarum, um mich eines Ausdrucks äl-
terer Philosophen zu bedienen, entstehen, und
das Gleichgewicht im Organismus der Erde ge-
stört seyn würde, so folgt, daſs eine Art von
lebenden Körpern um desto beschränkter in der
Fortpflanzung seyn muſs, je mehr jedes Indivi-
duum derselben auf die äussere Welt einwirkt,
und je gröſsere Veränderungen dieses in der Or-
ganisation der übrigen Natur hervorzubringen im
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/564>, abgerufen am 22.11.2024.
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