und Trembley's Entdeckungen bestätigten sei- nen Schluss. Dieselben Gründe, womit Leib- nitz seine Behauptung unterstützte, sprechen aber auch für unsere Vermuthung. Dürfen wir also nicht erwarten, dass auch diese von der Erfahrung bestätigt werden wird? Es lässt sich hieran um so weniger zweifeln, da es wirklich schon Erfahrungsbeweise für sie giebt. Wir ha- ben im zweyten Buche (v) gesehen, dass die Priestleysche grüne Materie getrocknet, zu ei- nem feinen Pulver zerrieben, und in einem glä- sernen Gefässe voll Wasser der Sonne ausgesetzt, von neuem auflebt. Hiernach ist es wahrschein- lich, dass die Pflanzenthiere der untern Ordnun- gen auch nach Zerstöhrung ihrer Textur sich re- generiren, und daher unter allen lebenden Orga- nismen die dauerhafteste Existenz haben.
Die Pflanzen unterscheiden sich in Anse- hung ihres Reproduktionsvermögens merklich so- wohl von den Thieren, als von den Zoophyten. Eine Wunde mit Verlust von Substanz wird bey diesen durch neue Substanz ausgefüllt, und ein verlohrner Theil an derselben Stelle ersetzt, wo er mit dem Ganzen in Verbindung stand. Nicht so ist es bey den Pflanzen. Einschnitte in Bäumen bleiben immer unausgefüllt, und für einen abgeschnittenen Zweig treibt die Pflanze
zwar
(v) Biol. Bd. 2. S. 308.
und Trembley’s Entdeckungen bestätigten sei- nen Schluſs. Dieselben Gründe, womit Leib- nitz seine Behauptung unterstützte, sprechen aber auch für unsere Vermuthung. Dürfen wir also nicht erwarten, daſs auch diese von der Erfahrung bestätigt werden wird? Es läſst sich hieran um so weniger zweifeln, da es wirklich schon Erfahrungsbeweise für sie giebt. Wir ha- ben im zweyten Buche (v) gesehen, daſs die Priestleysche grüne Materie getrocknet, zu ei- nem feinen Pulver zerrieben, und in einem glä- sernen Gefäſse voll Wasser der Sonne ausgesetzt, von neuem auflebt. Hiernach ist es wahrschein- lich, daſs die Pflanzenthiere der untern Ordnun- gen auch nach Zerstöhrung ihrer Textur sich re- generiren, und daher unter allen lebenden Orga- nismen die dauerhafteste Existenz haben.
Die Pflanzen unterscheiden sich in Anse- hung ihres Reproduktionsvermögens merklich so- wohl von den Thieren, als von den Zoophyten. Eine Wunde mit Verlust von Substanz wird bey diesen durch neue Substanz ausgefüllt, und ein verlohrner Theil an derselben Stelle ersetzt, wo er mit dem Ganzen in Verbindung stand. Nicht so ist es bey den Pflanzen. Einschnitte in Bäumen bleiben immer unausgefüllt, und für einen abgeschnittenen Zweig treibt die Pflanze
zwar
(v) Biol. Bd. 2. S. 308.
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nen Schluſs. Dieselben Gründe, womit Leib-
nitz seine Behauptung unterstützte, sprechen
aber auch für unsere Vermuthung. Dürfen wir
also nicht erwarten, daſs auch diese von der
Erfahrung bestätigt werden wird? Es läſst sich
hieran um so weniger zweifeln, da es wirklich
schon Erfahrungsbeweise für sie giebt. Wir ha-
ben im zweyten Buche (v) gesehen, daſs die
Priestleysche grüne Materie getrocknet, zu ei-
nem feinen Pulver zerrieben, und in einem glä-
sernen Gefäſse voll Wasser der Sonne ausgesetzt,
von neuem auflebt. Hiernach ist es wahrschein-
lich, daſs die Pflanzenthiere der untern Ordnun-
gen auch nach Zerstöhrung ihrer Textur sich re-
generiren, und daher unter allen lebenden Orga-
nismen die dauerhafteste Existenz haben.
Die Pflanzen unterscheiden sich in Anse-
hung ihres Reproduktionsvermögens merklich so-
wohl von den Thieren, als von den Zoophyten.
Eine Wunde mit Verlust von Substanz wird bey
diesen durch neue Substanz ausgefüllt, und ein
verlohrner Theil an derselben Stelle ersetzt, wo
er mit dem Ganzen in Verbindung stand. Nicht
so ist es bey den Pflanzen. Einschnitte in
Bäumen bleiben immer unausgefüllt, und für
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zwar
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/530>, abgerufen am 22.11.2024.
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