Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

den Armpolypen der Länge nach zerstückelt.
Theilt man ihn der Länge nach in sechs, sie-
ben, oder noch mehr Theile, aber so, dass die
untern Enden derselben vereinigt bleiben, so
entsteht eine Hyder mit eben so vielen Köpfen.
Schneidet man auch diese Köpfe ab, so ent-
stehen an ihrer Stelle neue, und die getrennten
Polypen wachsen zu eben so vielen neuen Po-
lypen heran. Durchschneidet man den Armpo-
lypen mit einer Schlinge von Haaren, so wach-
sen die getrennten Theile schon wieder an, in-
dem die Schlinge noch im Durchschneiden be-
griffen ist. Man kann ihn endlich, seinem Le-
ben unbeschadet, umkehren, und seine innere
Fläche zur äussern machen (u).

Die Thierpflanzen sind also unzerstöhrbar,
so lange blos ihre Struktur verletzt wird. Nur
wenn auch ihre Textur durch Zerquetschung
vernichtet wird, hören alle Lebensbewegungen,
und mit diesen das Reproduktionsvermögen auf.
Sollte es aber nicht Organismen geben, die sich
auch nach Zerstöhrung ihrer Textur reprodu-
ciren? Aus der Stufenleiter der Wesen schloss
Leibnitz auf das Daseyn der Thierpflanzen,

und
(u) Haller El. Phys. T. VIII. L. XXIX. S. II. §. 32.
p. 166. Lichtenberg's u. Forster's Göttingisches
Magazin. Jahrg. 3. St. 4. S. 563 ff.
K k 4

den Armpolypen der Länge nach zerstückelt.
Theilt man ihn der Länge nach in sechs, sie-
ben, oder noch mehr Theile, aber so, daſs die
untern Enden derselben vereinigt bleiben, so
entsteht eine Hyder mit eben so vielen Köpfen.
Schneidet man auch diese Köpfe ab, so ent-
stehen an ihrer Stelle neue, und die getrennten
Polypen wachsen zu eben so vielen neuen Po-
lypen heran. Durchschneidet man den Armpo-
lypen mit einer Schlinge von Haaren, so wach-
sen die getrennten Theile schon wieder an, in-
dem die Schlinge noch im Durchschneiden be-
griffen ist. Man kann ihn endlich, seinem Le-
ben unbeschadet, umkehren, und seine innere
Fläche zur äussern machen (u).

Die Thierpflanzen sind also unzerstöhrbar,
so lange blos ihre Struktur verletzt wird. Nur
wenn auch ihre Textur durch Zerquetschung
vernichtet wird, hören alle Lebensbewegungen,
und mit diesen das Reproduktionsvermögen auf.
Sollte es aber nicht Organismen geben, die sich
auch nach Zerstöhrung ihrer Textur reprodu-
ciren? Aus der Stufenleiter der Wesen schloſs
Leibnitz auf das Daseyn der Thierpflanzen,

und
(u) Haller El. Phys. T. VIII. L. XXIX. S. II. §. 32.
p. 166. Lichtenberg’s u. Forster’s Göttingisches
Magazin. Jahrg. 3. St. 4. S. 563 ff.
K k 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0529" n="519"/>
den Armpolypen der Länge nach zerstückelt.<lb/>
Theilt man ihn der Länge nach in sechs, sie-<lb/>
ben, oder noch mehr Theile, aber so, da&#x017F;s die<lb/>
untern Enden derselben vereinigt bleiben, so<lb/>
entsteht eine Hyder mit eben so vielen Köpfen.<lb/>
Schneidet man auch diese Köpfe ab, so ent-<lb/>
stehen an ihrer Stelle neue, und die getrennten<lb/>
Polypen wachsen zu eben so vielen neuen Po-<lb/>
lypen heran. Durchschneidet man den Armpo-<lb/>
lypen mit einer Schlinge von Haaren, so wach-<lb/>
sen die getrennten Theile schon wieder an, in-<lb/>
dem die Schlinge noch im Durchschneiden be-<lb/>
griffen ist. Man kann ihn endlich, seinem Le-<lb/>
ben unbeschadet, umkehren, und seine innere<lb/>
Fläche zur äussern machen <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#k">Haller</hi> El. Phys. T. VIII. L. XXIX. S. II. §. 32.<lb/>
p. 166. <hi rendition="#k">Lichtenberg</hi>&#x2019;s u. <hi rendition="#k">Forster</hi>&#x2019;s Göttingisches<lb/>
Magazin. Jahrg. 3. St. 4. S. 563 ff.</note>.</p><lb/>
            <p>Die Thierpflanzen sind also unzerstöhrbar,<lb/>
so lange blos ihre Struktur verletzt wird. Nur<lb/>
wenn auch ihre Textur durch Zerquetschung<lb/>
vernichtet wird, hören alle Lebensbewegungen,<lb/>
und mit diesen das Reproduktionsvermögen auf.<lb/>
Sollte es aber nicht Organismen geben, die sich<lb/>
auch nach Zerstöhrung ihrer Textur reprodu-<lb/>
ciren? Aus der Stufenleiter der Wesen schlo&#x017F;s<lb/><hi rendition="#k">Leibnitz</hi> auf das Daseyn der Thierpflanzen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K k 4</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[519/0529] den Armpolypen der Länge nach zerstückelt. Theilt man ihn der Länge nach in sechs, sie- ben, oder noch mehr Theile, aber so, daſs die untern Enden derselben vereinigt bleiben, so entsteht eine Hyder mit eben so vielen Köpfen. Schneidet man auch diese Köpfe ab, so ent- stehen an ihrer Stelle neue, und die getrennten Polypen wachsen zu eben so vielen neuen Po- lypen heran. Durchschneidet man den Armpo- lypen mit einer Schlinge von Haaren, so wach- sen die getrennten Theile schon wieder an, in- dem die Schlinge noch im Durchschneiden be- griffen ist. Man kann ihn endlich, seinem Le- ben unbeschadet, umkehren, und seine innere Fläche zur äussern machen (u). Die Thierpflanzen sind also unzerstöhrbar, so lange blos ihre Struktur verletzt wird. Nur wenn auch ihre Textur durch Zerquetschung vernichtet wird, hören alle Lebensbewegungen, und mit diesen das Reproduktionsvermögen auf. Sollte es aber nicht Organismen geben, die sich auch nach Zerstöhrung ihrer Textur reprodu- ciren? Aus der Stufenleiter der Wesen schloſs Leibnitz auf das Daseyn der Thierpflanzen, und (u) Haller El. Phys. T. VIII. L. XXIX. S. II. §. 32. p. 166. Lichtenberg’s u. Forster’s Göttingisches Magazin. Jahrg. 3. St. 4. S. 563 ff. K k 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/529
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/529>, abgerufen am 18.05.2024.