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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805.

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Für das Entstehen mancher Missgeburthen
aus zufälligen mechanischen Ursachen sprechen
erstens die Fälle von doppelten Missgeburthen,
welche nur an einer einzigen Stelle, z. B. an der
Stirne, leicht verwachsen waren. Man würde
aus der Ferne hohlen, was in der Nähe zu fin-
den ist, wenn man eine andere, als mechanische
Entstehung dieser Missbildungen annehmen woll-
te. Dass aber verschiedene lebende Individuen
mit einander verwachsen können, erhellet nicht
nur aus der Analogie der Pflanzen, bey welchen
sich ganz verschiedenartige Zweige und Früch-
te häufig mit einander vereinigen (m), son-
dern auch aus Erfahrungen von Tagliacotius
und Hunter, nach welchen wund gemachte
Theile von Menschen und Thieren mit Organen
von andern, nicht nur gleichartigen, sondern
auch ungleichartigen Thieren zusammenwachsen.
Ist also eine solche Vereinigung noch bey ausge-
bildeten Organismen möglich, um wie viel leich-
ter wird sie bey Embryonen, die zufällig mit
einander in Berührung kommen, in der ersten
Zeit des Entstehens derselben seyn, wo diese
noch halbflüssige, leicht in einander fliessende

Mas-
ewigten Freundes Wienhoit aus noch andern Ge-
sichtspunkten, als woraus ich sie hier darstellen
konnte, entwickelt finden.
(m) Haller Opp. min. T. III. p. 156.

Für das Entstehen mancher Miſsgeburthen
aus zufälligen mechanischen Ursachen sprechen
erstens die Fälle von doppelten Miſsgeburthen,
welche nur an einer einzigen Stelle, z. B. an der
Stirne, leicht verwachsen waren. Man würde
aus der Ferne hohlen, was in der Nähe zu fin-
den ist, wenn man eine andere, als mechanische
Entstehung dieser Miſsbildungen annehmen woll-
te. Daſs aber verschiedene lebende Individuen
mit einander verwachsen können, erhellet nicht
nur aus der Analogie der Pflanzen, bey welchen
sich ganz verschiedenartige Zweige und Früch-
te häufig mit einander vereinigen (m), son-
dern auch aus Erfahrungen von Tagliacotius
und Hunter, nach welchen wund gemachte
Theile von Menschen und Thieren mit Organen
von andern, nicht nur gleichartigen, sondern
auch ungleichartigen Thieren zusammenwachsen.
Ist also eine solche Vereinigung noch bey ausge-
bildeten Organismen möglich, um wie viel leich-
ter wird sie bey Embryonen, die zufällig mit
einander in Berührung kommen, in der ersten
Zeit des Entstehens derselben seyn, wo diese
noch halbflüssige, leicht in einander flieſsende

Mas-
ewigten Freundes Wienhoit aus noch andern Ge-
sichtspunkten, als woraus ich sie hier darstellen
konnte, entwickelt finden.
(m) Haller Opp. min. T. III. p. 156.
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[443/0453] Für das Entstehen mancher Miſsgeburthen aus zufälligen mechanischen Ursachen sprechen erstens die Fälle von doppelten Miſsgeburthen, welche nur an einer einzigen Stelle, z. B. an der Stirne, leicht verwachsen waren. Man würde aus der Ferne hohlen, was in der Nähe zu fin- den ist, wenn man eine andere, als mechanische Entstehung dieser Miſsbildungen annehmen woll- te. Daſs aber verschiedene lebende Individuen mit einander verwachsen können, erhellet nicht nur aus der Analogie der Pflanzen, bey welchen sich ganz verschiedenartige Zweige und Früch- te häufig mit einander vereinigen (m), son- dern auch aus Erfahrungen von Tagliacotius und Hunter, nach welchen wund gemachte Theile von Menschen und Thieren mit Organen von andern, nicht nur gleichartigen, sondern auch ungleichartigen Thieren zusammenwachsen. Ist also eine solche Vereinigung noch bey ausge- bildeten Organismen möglich, um wie viel leich- ter wird sie bey Embryonen, die zufällig mit einander in Berührung kommen, in der ersten Zeit des Entstehens derselben seyn, wo diese noch halbflüssige, leicht in einander flieſsende Mas- (l) (m) Haller Opp. min. T. III. p. 156. (l) ewigten Freundes Wienhoit aus noch andern Ge- sichtspunkten, als woraus ich sie hier darstellen konnte, entwickelt finden.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/453>, abgerufen am 22.05.2024.