Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805.Körper wahre Antheren wären. Die meisten würden zur Linneischen Classe der Dioeci- sten gezählt werden müssen (a). Und doch gab die Natur den Moosen keine Insekten, welche die Befruchtung möglich machen könn- ten! Sie traf zur Erreichung dieses Zwecks keine andere Anstalten, als dass sie jenen Organismen ein gesellschaftliches Leben zu führen vorschrieb (b), und jeder weiblichen Blume eine grosse Menge von Griffeln gab (c). Alles Uebrige wurde dem Winde und dem Zufalle überlassen! Wer vermag, dies mit richtigen Begriffen von der Natur zu vereini- gen? Hierzu kömmt noch, dass bey meh- rern Arten des Hypnum, der Neckera und Leskia die weiblichen Individuen eigene, von den sogenannten männlichen Stämmen weit entfernte Rasen bilden (d). Wie äusserst selten müssten also jene Individuen mit rei- fen Saamencapseln vorkommen, wenn diese Stämme wirklich das wären, wofür Hedwig sie ausgiebt? Und doch sind die fruchtba- ren Saamencapseln bey ihnen nicht seltener, als bey andern Arten, deren weibliche Blü- then (a) Bridel muscolog. recent. T. 1. p. 18. (b) Hedwig l. c. p. 140. (c) Ibid. p. 139. (d) Bridel l. c. p. 68.
Körper wahre Antheren wären. Die meisten würden zur Linneischen Classe der Dioeci- sten gezählt werden müssen (a). Und doch gab die Natur den Moosen keine Insekten, welche die Befruchtung möglich machen könn- ten! Sie traf zur Erreichung dieses Zwecks keine andere Anstalten, als daſs sie jenen Organismen ein gesellschaftliches Leben zu führen vorschrieb (b), und jeder weiblichen Blume eine groſse Menge von Griffeln gab (c). Alles Uebrige wurde dem Winde und dem Zufalle überlassen! Wer vermag, dies mit richtigen Begriffen von der Natur zu vereini- gen? Hierzu kömmt noch, daſs bey meh- rern Arten des Hypnum, der Neckera und Leskia die weiblichen Individuen eigene, von den sogenannten männlichen Stämmen weit entfernte Rasen bilden (d). Wie äusserst selten müſsten also jene Individuen mit rei- fen Saamencapseln vorkommen, wenn diese Stämme wirklich das wären, wofür Hedwig sie ausgiebt? Und doch sind die fruchtba- ren Saamencapseln bey ihnen nicht seltener, als bey andern Arten, deren weibliche Blü- then (a) Bridel muscolog. recent. T. 1. p. 18. (b) Hedwig l. c. p. 140. (c) Ibid. p. 139. (d) Bridel l. c. p. 68.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0338" n="328"/> Körper wahre Antheren wären. Die meisten<lb/> würden zur <hi rendition="#k">Linne</hi>ischen Classe der Dioeci-<lb/> sten gezählt werden müssen <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#k">Bridel</hi> muscolog. recent. T. 1. p. 18.</note>. Und doch<lb/> gab die Natur den Moosen keine Insekten,<lb/> welche die Befruchtung möglich machen könn-<lb/> ten! Sie traf zur Erreichung dieses Zwecks<lb/> keine andere Anstalten, als daſs sie jenen<lb/> Organismen ein gesellschaftliches Leben zu<lb/> führen vorschrieb <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#k">Hedwig</hi> l. c. p. 140.</note>, und jeder weiblichen<lb/> Blume eine groſse Menge von Griffeln gab <note place="foot" n="(c)">Ibid. p. 139.</note>.<lb/> Alles Uebrige wurde dem Winde und dem<lb/> Zufalle überlassen! Wer vermag, dies mit<lb/> richtigen Begriffen von der Natur zu vereini-<lb/> gen? Hierzu kömmt noch, daſs bey meh-<lb/> rern Arten des Hypnum, der Neckera und<lb/> Leskia die weiblichen Individuen eigene, von<lb/> den sogenannten männlichen Stämmen weit<lb/> entfernte Rasen bilden <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#k">Bridel</hi> l. c. p. 68.</note>. Wie äusserst<lb/> selten müſsten also jene Individuen mit rei-<lb/> fen Saamencapseln vorkommen, wenn diese<lb/> Stämme wirklich das wären, wofür <hi rendition="#k">Hedwig</hi><lb/> sie ausgiebt? Und doch sind die fruchtba-<lb/> ren Saamencapseln bey ihnen nicht seltener,<lb/> als bey andern Arten, deren weibliche Blü-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">then</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [328/0338]
Körper wahre Antheren wären. Die meisten
würden zur Linneischen Classe der Dioeci-
sten gezählt werden müssen (a). Und doch
gab die Natur den Moosen keine Insekten,
welche die Befruchtung möglich machen könn-
ten! Sie traf zur Erreichung dieses Zwecks
keine andere Anstalten, als daſs sie jenen
Organismen ein gesellschaftliches Leben zu
führen vorschrieb (b), und jeder weiblichen
Blume eine groſse Menge von Griffeln gab (c).
Alles Uebrige wurde dem Winde und dem
Zufalle überlassen! Wer vermag, dies mit
richtigen Begriffen von der Natur zu vereini-
gen? Hierzu kömmt noch, daſs bey meh-
rern Arten des Hypnum, der Neckera und
Leskia die weiblichen Individuen eigene, von
den sogenannten männlichen Stämmen weit
entfernte Rasen bilden (d). Wie äusserst
selten müſsten also jene Individuen mit rei-
fen Saamencapseln vorkommen, wenn diese
Stämme wirklich das wären, wofür Hedwig
sie ausgiebt? Und doch sind die fruchtba-
ren Saamencapseln bey ihnen nicht seltener,
als bey andern Arten, deren weibliche Blü-
then
(a) Bridel muscolog. recent. T. 1. p. 18.
(b) Hedwig l. c. p. 140.
(c) Ibid. p. 139.
(d) Bridel l. c. p. 68.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |