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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805.

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die Zeit des Wechselns der Zähne, und an eini
gen zeigten sich neue an der Wurzel. Die Ge-
burtstheile der Verstorbenen hatten alle Kennzei-
chen der unverletzten Jungfrauschaft.

In denjenigen von diesen Fällen, wo eine
vollständige Frucht an ungewöhnlichen Stellen
gefunden wurde, fand wahrscheinlich eine vor-
hergegangene Befruchtung statt. Die Flüssigkeit,
die gewöhnlich bey der Empfängniss aus dem Ey-
erstocke durch die Muttertrompeten zum Uterus
gelanget, blieb in dem Eyerstocke oder in der
Fallopischen Röhre zurück, oder gerieth zufällig
in die Höhle des Unlerleibs. Aber auf diese Art
lassen sich nicht die übrigen Fälle erklären, wo
man einzelne Knochen, Zähne, Haare und son-
stige Organe in den Eyerstöcken und in andern
Theilen antraf. Solche Erzeugnisse sind nicht,
wofür man sie gewöhnlich hält, Ueberbleibsel
eines einst vollständigen Foetus. Denn wie ist
es denkbar, dass in den Fällen, welche van der
Wiel
und Lamzweerde beobachteten, eine Be-
fruchtung und Empfängniss bey Mädchen statt ge-
funden haben sollte, die noch nicht mannbar
waren? Wie lässt sich diese in den Fällen, die
Baillie und Schützer beschrieben haben, bey
Mädchen annehmen, deren Zeugungstheile noch
ganz im jungfräulichen Zustande waren, und
wovon die eine erst zweymal kurz vor ihrem

Tode

die Zeit des Wechselns der Zähne, und an eini
gen zeigten sich neue an der Wurzel. Die Ge-
burtstheile der Verstorbenen hatten alle Kennzei-
chen der unverletzten Jungfrauschaft.

In denjenigen von diesen Fällen, wo eine
vollständige Frucht an ungewöhnlichen Stellen
gefunden wurde, fand wahrscheinlich eine vor-
hergegangene Befruchtung statt. Die Flüssigkeit,
die gewöhnlich bey der Empfängniſs aus dem Ey-
erstocke durch die Muttertrompeten zum Uterus
gelanget, blieb in dem Eyerstocke oder in der
Fallopischen Röhre zurück, oder gerieth zufällig
in die Höhle des Unlerleibs. Aber auf diese Art
lassen sich nicht die übrigen Fälle erklären, wo
man einzelne Knochen, Zähne, Haare und son-
stige Organe in den Eyerstöcken und in andern
Theilen antraf. Solche Erzeugnisse sind nicht,
wofür man sie gewöhnlich hält, Ueberbleibsel
eines einst vollständigen Foetus. Denn wie ist
es denkbar, daſs in den Fällen, welche van der
Wiel
und Lamzweerde beobachteten, eine Be-
fruchtung und Empfängniſs bey Mädchen statt ge-
funden haben sollte, die noch nicht mannbar
waren? Wie läſst sich diese in den Fällen, die
Baillie und Schützer beschrieben haben, bey
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ganz im jungfräulichen Zustande waren, und
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Tode
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[304/0314] die Zeit des Wechselns der Zähne, und an eini gen zeigten sich neue an der Wurzel. Die Ge- burtstheile der Verstorbenen hatten alle Kennzei- chen der unverletzten Jungfrauschaft. In denjenigen von diesen Fällen, wo eine vollständige Frucht an ungewöhnlichen Stellen gefunden wurde, fand wahrscheinlich eine vor- hergegangene Befruchtung statt. Die Flüssigkeit, die gewöhnlich bey der Empfängniſs aus dem Ey- erstocke durch die Muttertrompeten zum Uterus gelanget, blieb in dem Eyerstocke oder in der Fallopischen Röhre zurück, oder gerieth zufällig in die Höhle des Unlerleibs. Aber auf diese Art lassen sich nicht die übrigen Fälle erklären, wo man einzelne Knochen, Zähne, Haare und son- stige Organe in den Eyerstöcken und in andern Theilen antraf. Solche Erzeugnisse sind nicht, wofür man sie gewöhnlich hält, Ueberbleibsel eines einst vollständigen Foetus. Denn wie ist es denkbar, daſs in den Fällen, welche van der Wiel und Lamzweerde beobachteten, eine Be- fruchtung und Empfängniſs bey Mädchen statt ge- funden haben sollte, die noch nicht mannbar waren? Wie läſst sich diese in den Fällen, die Baillie und Schützer beschrieben haben, bey Mädchen annehmen, deren Zeugungstheile noch ganz im jungfräulichen Zustande waren, und wovon die eine erst zweymal kurz vor ihrem Tode

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/314>, abgerufen am 18.05.2024.