Gleditsch(m) füllte zehn reine und vorher auf einem Ofen erhitzte Gefässe mit frischen und reifen Melonenstücken, bedeckte die Töpfe mit Mousselin, und setzte einige derselben an hohe und trockne, andere an niedrige und feuchte Oerter seines Gartens, Stalls, Hauses und Kellers. In den meisten erzeugten sich zugleich Schimmel, Byssus und Tremellen. In den erstern Gefässen aber über- trafen die Tremellen und Byssus an Menge den Schimmel; in den letztern hingegen war es umge- kehrt. Gleditsch leitet diesen Unterschied von der verschiedenen specifiquen Schwere der Saamen jener Gewächse her. Dieser Meinung zufolge müss- te also die untere Schichte der Athmosphäre mit Schimmelsaamen, und die höhere mit Saamen von Byssus und Tremellen durch und durch angefüllt seyn, und diese Myriaden von Saamen müssten oft Jahre lang herumirren, bis ihnen der Zufall oder ein Physiker einige Melonenstücke u. d. gl. zu ih- rer Entwickelung verschaffte, und neben ihnen müssten noch Myriaden von andern Pflanzensaa- men, und Myriaden von Eyern der Infusionsthiere in der Luft Platz haben, und diese Saamen und Eyer müssten von den grössern Thieren und Pflan- zen unaufhörlich eingeathmet und unverändert wie- der ausgeathmet werden! Wen schwindelt nicht bey solchen Ungereimtheiten?
Wris-
(m) Mem. de l' Acad. des sc. a Berlin. 1749. p. 26.
Z 2
Gleditsch(m) füllte zehn reine und vorher auf einem Ofen erhitzte Gefäſse mit frischen und reifen Melonenstücken, bedeckte die Töpfe mit Mousselin, und setzte einige derselben an hohe und trockne, andere an niedrige und feuchte Oerter seines Gartens, Stalls, Hauses und Kellers. In den meisten erzeugten sich zugleich Schimmel, Byssus und Tremellen. In den erstern Gefäſsen aber über- trafen die Tremellen und Byssus an Menge den Schimmel; in den letztern hingegen war es umge- kehrt. Gleditsch leitet diesen Unterschied von der verschiedenen specifiquen Schwere der Saamen jener Gewächse her. Dieser Meinung zufolge müſs- te also die untere Schichte der Athmosphäre mit Schimmelsaamen, und die höhere mit Saamen von Byssus und Tremellen durch und durch angefüllt seyn, und diese Myriaden von Saamen müſsten oft Jahre lang herumirren, bis ihnen der Zufall oder ein Physiker einige Melonenstücke u. d. gl. zu ih- rer Entwickelung verschaffte, und neben ihnen müſsten noch Myriaden von andern Pflanzensaa- men, und Myriaden von Eyern der Infusionsthiere in der Luft Platz haben, und diese Saamen und Eyer müſsten von den gröſsern Thieren und Pflan- zen unaufhörlich eingeathmet und unverändert wie- der ausgeathmet werden! Wen schwindelt nicht bey solchen Ungereimtheiten?
Wris-
(m) Mém. de l’ Acad. des sc. à Berlin. 1749. p. 26.
Z 2
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Gleditsch (m) füllte zehn reine und vorher
auf einem Ofen erhitzte Gefäſse mit frischen und
reifen Melonenstücken, bedeckte die Töpfe mit
Mousselin, und setzte einige derselben an hohe und
trockne, andere an niedrige und feuchte Oerter
seines Gartens, Stalls, Hauses und Kellers. In den
meisten erzeugten sich zugleich Schimmel, Byssus
und Tremellen. In den erstern Gefäſsen aber über-
trafen die Tremellen und Byssus an Menge den
Schimmel; in den letztern hingegen war es umge-
kehrt. Gleditsch leitet diesen Unterschied von
der verschiedenen specifiquen Schwere der Saamen
jener Gewächse her. Dieser Meinung zufolge müſs-
te also die untere Schichte der Athmosphäre mit
Schimmelsaamen, und die höhere mit Saamen von
Byssus und Tremellen durch und durch angefüllt
seyn, und diese Myriaden von Saamen müſsten oft
Jahre lang herumirren, bis ihnen der Zufall oder
ein Physiker einige Melonenstücke u. d. gl. zu ih-
rer Entwickelung verschaffte, und neben ihnen
müſsten noch Myriaden von andern Pflanzensaa-
men, und Myriaden von Eyern der Infusionsthiere
in der Luft Platz haben, und diese Saamen und
Eyer müſsten von den gröſsern Thieren und Pflan-
zen unaufhörlich eingeathmet und unverändert wie-
der ausgeathmet werden! Wen schwindelt nicht
bey solchen Ungereimtheiten?
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(m) Mém. de l’ Acad. des sc. à Berlin. 1749. p. 26.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/365>, abgerufen am 24.11.2024.
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