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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803.

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de also, wie dem Individuum, so auch der ge-
sammten lebenden Natur den Untergang drohen,
sie würde ein ephemerisches Meteor seyn, wenn
ihr nicht ein hoher Grad von intensiver Schranken-
losigkeit zu Theil geworden wäre.

Dieser hohe Grad von Unbeschränktheit des
Lebens der ganzen Natur ist nun auch das Erste,
was sich uns aufdringt, wenn wir unsere Aufmerk-
samkeit auf die Verbreitung der lebenden Körper
wenden. Wir sehen dann, dass alle Theile
der Erde Wohnplätze lebender Geschö-
pfe sind, dass es nirgends eine leblose
ohne eine lebende Natur giebt
. Wir fin-
den dann Leben in der Erde, wie auf ihrer Ober-
fläche; in den Lüften, wie in den Gewässern; auf
den ewigen Eisfeldern der kalten Zonen, wie auf
den brennenden Sandwüsten zwischen den Wen-
dekreisen; auf den Spitzen der höchsten Alpen,
wie in den tiefsten Klüften der Erde. Selbst in
Schwefelpfuhlen, Salzseen und siedenden Quellen
treffen wir Spuhren des Lebendigen an.

Hier sind die Belege zu diesen Behauptungen!

Zu Spitzbergen, wo Martin noch in der Mitte
des Mai um Mitternacht das Thermometer auf
-- 20° R. und die grösste Sommerwärme nicht über
6° R. fand, wo das ganze Jahr hindurch bloss die Ufer
von Eise frey werden, sahe jener Naturforscher
dennoch unzählige Haufen der Anas mollissima,

die
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de also, wie dem Individuum, so auch der ge-
sammten lebenden Natur den Untergang drohen,
sie würde ein ephemerisches Meteor seyn, wenn
ihr nicht ein hoher Grad von intensiver Schranken-
losigkeit zu Theil geworden wäre.

Dieser hohe Grad von Unbeschränktheit des
Lebens der ganzen Natur ist nun auch das Erste,
was sich uns aufdringt, wenn wir unsere Aufmerk-
samkeit auf die Verbreitung der lebenden Körper
wenden. Wir sehen dann, daſs alle Theile
der Erde Wohnplätze lebender Geschö-
pfe sind, daſs es nirgends eine leblose
ohne eine lebende Natur giebt
. Wir fin-
den dann Leben in der Erde, wie auf ihrer Ober-
fläche; in den Lüften, wie in den Gewässern; auf
den ewigen Eisfeldern der kalten Zonen, wie auf
den brennenden Sandwüsten zwischen den Wen-
dekreisen; auf den Spitzen der höchsten Alpen,
wie in den tiefsten Klüften der Erde. Selbst in
Schwefelpfuhlen, Salzseen und siedenden Quellen
treffen wir Spuhren des Lebendigen an.

Hier sind die Belege zu diesen Behauptungen!

Zu Spitzbergen, wo Martin noch in der Mitte
des Mai um Mitternacht das Thermometer auf
— 20° R. und die gröſste Sommerwärme nicht über
6° R. fand, wo das ganze Jahr hindurch bloſs die Ufer
von Eise frey werden, sahe jener Naturforscher
dennoch unzählige Haufen der Anas mollissima,

die
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[7/0017] de also, wie dem Individuum, so auch der ge- sammten lebenden Natur den Untergang drohen, sie würde ein ephemerisches Meteor seyn, wenn ihr nicht ein hoher Grad von intensiver Schranken- losigkeit zu Theil geworden wäre. Dieser hohe Grad von Unbeschränktheit des Lebens der ganzen Natur ist nun auch das Erste, was sich uns aufdringt, wenn wir unsere Aufmerk- samkeit auf die Verbreitung der lebenden Körper wenden. Wir sehen dann, daſs alle Theile der Erde Wohnplätze lebender Geschö- pfe sind, daſs es nirgends eine leblose ohne eine lebende Natur giebt. Wir fin- den dann Leben in der Erde, wie auf ihrer Ober- fläche; in den Lüften, wie in den Gewässern; auf den ewigen Eisfeldern der kalten Zonen, wie auf den brennenden Sandwüsten zwischen den Wen- dekreisen; auf den Spitzen der höchsten Alpen, wie in den tiefsten Klüften der Erde. Selbst in Schwefelpfuhlen, Salzseen und siedenden Quellen treffen wir Spuhren des Lebendigen an. Hier sind die Belege zu diesen Behauptungen! Zu Spitzbergen, wo Martin noch in der Mitte des Mai um Mitternacht das Thermometer auf — 20° R. und die gröſste Sommerwärme nicht über 6° R. fand, wo das ganze Jahr hindurch bloſs die Ufer von Eise frey werden, sahe jener Naturforscher dennoch unzählige Haufen der Anas mollissima, die A 4

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/17>, abgerufen am 28.03.2024.