Auf eben so unrichtigen Voraussetzungen, als die schon oben getadelte Erklärung von Humboldt's ist auch die gebauet, die er in der Folge an die Stelle jener ältern gesetzt hat. Dieser zufolge ist derjenige Stoff belebt, dessen willkührlich getrennte Theile, nach der Trennung unter den vorigen äussern Verhältnissen ihren Mischungszustand ändern. "Ein "Metall, oder ein Stein", sagt von H. "kann ge- "trennt werden, und bleiben die äussern Bedingun- "gen dieselben, so werden die zertrennten Stücke "auch die Mischung behalten, welche sie vor der "Trennung hatten. Nicht so jedes Atom der be- "lebten Materie, es sey starr- oder tropfbar flüs- "sig" (s). Schon ein flüchtiger Blick auf diese Er- klärung entdeckt einen Widerspruch in derselben. Wird ein Theil vom Ganzen getrennt, so können die äussern Verhältnisse desselben nicht mehr die nehmlichen, wie vor der Trennung bleiben, und jede Materie, die leblose sowohl, als die lebende, muss dann eine Aenderung ihrer Mischung erleiden. Auch der Stein kann hiervon keine Ausnahme ma- chen, und nur die Eingeschränktheit unserer Sinne ist Schuld daran, wenn wir diese Mischungsverän- derung bey ihm nicht wahrnehmen.
Endlich
(s)Von Humboldt's Versuche über die gereizte Mus- kel- und Nervenfaser. B. 2. S. 433.
Auf eben so unrichtigen Voraussetzungen, als die schon oben getadelte Erklärung von Humboldt’s ist auch die gebauet, die er in der Folge an die Stelle jener ältern gesetzt hat. Dieser zufolge ist derjenige Stoff belebt, dessen willkührlich getrennte Theile, nach der Trennung unter den vorigen äussern Verhältnissen ihren Mischungszustand ändern. “Ein „Metall, oder ein Stein”, sagt von H. “kann ge- „trennt werden, und bleiben die äussern Bedingun- „gen dieselben, so werden die zertrennten Stücke „auch die Mischung behalten, welche sie vor der „Trennung hatten. Nicht so jedes Atom der be- „lebten Materie, es sey starr- oder tropfbar flüs- „sig” (s). Schon ein flüchtiger Blick auf diese Er- klärung entdeckt einen Widerspruch in derselben. Wird ein Theil vom Ganzen getrennt, so können die äussern Verhältnisse desselben nicht mehr die nehmlichen, wie vor der Trennung bleiben, und jede Materie, die leblose sowohl, als die lebende, muſs dann eine Aenderung ihrer Mischung erleiden. Auch der Stein kann hiervon keine Ausnahme ma- chen, und nur die Eingeschränktheit unserer Sinne ist Schuld daran, wenn wir diese Mischungsverän- derung bey ihm nicht wahrnehmen.
Endlich
(s)Von Humboldt’s Versuche über die gereizte Mus- kel- und Nervenfaser. B. 2. S. 433.
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[42/0062]
Auf eben so unrichtigen Voraussetzungen, als
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Stelle jener ältern gesetzt hat. Dieser zufolge ist
derjenige Stoff belebt, dessen willkührlich
getrennte Theile, nach der Trennung
unter den vorigen äussern Verhältnissen
ihren Mischungszustand ändern. “Ein
„Metall, oder ein Stein”, sagt von H. “kann ge-
„trennt werden, und bleiben die äussern Bedingun-
„gen dieselben, so werden die zertrennten Stücke
„auch die Mischung behalten, welche sie vor der
„Trennung hatten. Nicht so jedes Atom der be-
„lebten Materie, es sey starr- oder tropfbar flüs-
„sig” (s). Schon ein flüchtiger Blick auf diese Er-
klärung entdeckt einen Widerspruch in derselben.
Wird ein Theil vom Ganzen getrennt, so können
die äussern Verhältnisse desselben nicht mehr die
nehmlichen, wie vor der Trennung bleiben, und
jede Materie, die leblose sowohl, als die lebende,
muſs dann eine Aenderung ihrer Mischung erleiden.
Auch der Stein kann hiervon keine Ausnahme ma-
chen, und nur die Eingeschränktheit unserer Sinne
ist Schuld daran, wenn wir diese Mischungsverän-
derung bey ihm nicht wahrnehmen.
Endlich
(s) Von Humboldt’s Versuche über die gereizte Mus-
kel- und Nervenfaser. B. 2. S. 433.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/62>, abgerufen am 04.12.2024.
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