flusse der Gottheit zu suchen, ist dem Naturfor- scher nur dann erlaubt, wenn ihm alle übrige Auswege abgeschnitten sind. Ob dies hier der Fall ist, werden folgende Betrachtungen zeigen.
Kraft können wir uns nur als etwas Endliches denken. Endlich aber ist ihrer Natur nach keine Kraft, als insofern sie durch eine entgegengesetzte beschränkt wird. Wo wir daher Kraft denken, da müssen wir auch eine ihr entgegengesetzte Kraft annehmen. Zwischen entgegengesetzten Kräften aber kann nur ein doppeltes Verhältniss statt finden: entweder sie sind im relativen Gleichgewichte, wo sie als ruhend gedacht werden; oder man denkt sie im fortdauernden, nie entschiedenen Streite, da die eine wechselseitig siegt und unterliegt. Im letztern Falle aber muss wieder ein Drittes da seyn, das diesem Streite Fortdauer giebt. Dieses Dritte nun kann nicht selbst wieder Kraft seyn, denn sonst kämen wir auf die vorige Alternative zurück. Es muss also etwas seyn, das höher ist, als selbst Kraft. Allein Kraft ist das letzte, worauf alle unsere physische Erklärungen zurückkommen: also müsste jenes Dritte etwas seyn, was ganz ausserhalb den Gränzen der Naturforschung liegt. Nun wis- sen wir aber nichts Höheres, für welches Kräfte überhaupt da seyn könnten, als den Geist: denn nur ein Geist vermag Kräfte, und Gleichgewicht, oder Streit von Kräften sich vorzustellen. Mithin
kann
flusse der Gottheit zu suchen, ist dem Naturfor- scher nur dann erlaubt, wenn ihm alle übrige Auswege abgeschnitten sind. Ob dies hier der Fall ist, werden folgende Betrachtungen zeigen.
Kraft können wir uns nur als etwas Endliches denken. Endlich aber ist ihrer Natur nach keine Kraft, als insofern sie durch eine entgegengesetzte beschränkt wird. Wo wir daher Kraft denken, da müssen wir auch eine ihr entgegengesetzte Kraft annehmen. Zwischen entgegengesetzten Kräften aber kann nur ein doppeltes Verhältniſs statt finden: entweder sie sind im relativen Gleichgewichte, wo sie als ruhend gedacht werden; oder man denkt sie im fortdauernden, nie entschiedenen Streite, da die eine wechselseitig siegt und unterliegt. Im letztern Falle aber muſs wieder ein Drittes da seyn, das diesem Streite Fortdauer giebt. Dieses Dritte nun kann nicht selbst wieder Kraft seyn, denn sonst kämen wir auf die vorige Alternative zurück. Es muſs also etwas seyn, das höher ist, als selbst Kraft. Allein Kraft ist das letzte, worauf alle unsere physische Erklärungen zurückkommen: also müſste jenes Dritte etwas seyn, was ganz ausserhalb den Gränzen der Naturforschung liegt. Nun wis- sen wir aber nichts Höheres, für welches Kräfte überhaupt da seyn könnten, als den Geist: denn nur ein Geist vermag Kräfte, und Gleichgewicht, oder Streit von Kräften sich vorzustellen. Mithin
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flusse der Gottheit zu suchen, ist dem Naturfor-
scher nur dann erlaubt, wenn ihm alle übrige
Auswege abgeschnitten sind. Ob dies hier der
Fall ist, werden folgende Betrachtungen zeigen.
Kraft können wir uns nur als etwas Endliches
denken. Endlich aber ist ihrer Natur nach keine
Kraft, als insofern sie durch eine entgegengesetzte
beschränkt wird. Wo wir daher Kraft denken, da
müssen wir auch eine ihr entgegengesetzte Kraft
annehmen. Zwischen entgegengesetzten Kräften
aber kann nur ein doppeltes Verhältniſs statt finden:
entweder sie sind im relativen Gleichgewichte, wo
sie als ruhend gedacht werden; oder man denkt
sie im fortdauernden, nie entschiedenen Streite,
da die eine wechselseitig siegt und unterliegt. Im
letztern Falle aber muſs wieder ein Drittes da seyn,
das diesem Streite Fortdauer giebt. Dieses Dritte
nun kann nicht selbst wieder Kraft seyn, denn
sonst kämen wir auf die vorige Alternative zurück.
Es muſs also etwas seyn, das höher ist, als selbst
Kraft. Allein Kraft ist das letzte, worauf alle
unsere physische Erklärungen zurückkommen: also
müſste jenes Dritte etwas seyn, was ganz ausserhalb
den Gränzen der Naturforschung liegt. Nun wis-
sen wir aber nichts Höheres, für welches Kräfte
überhaupt da seyn könnten, als den Geist: denn
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/52>, abgerufen am 04.12.2024.
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