Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

ser Thatsache gegen das Daseyn von Gefässen bey
den Pflanzen einwenden? Ich antworte: man be-
netze Löschpapier mit jener Tinktur, und bringe
es unter das Vergrösserungsglas, und man wird
auch darin dunklere, stärker mit der Flüssigkeit ge-
tränkte Streifen erblicken. Jener Versuch beweiset
also nichts, indem er zuviel beweiset.

3) Es giebt eine Classe von Thieren, bey wel-
chen der Nahrungscanal und ein einfaches Herz die
einzigen Behälter des Nahrungssaftes sind, und in
deren Organen sich statt der Blutgefässe unzählige
Tracheen vertheilen, nehmlich die Insekten. Nun
treffen wir ähnliche Luftgefässe, eine eben so grosse
Menge und eine ähnliche Vertheilung derselben,
wie gleich näher gezeigt werden wird, bey den
Pflanzen an. Sollte also diese Aehnlichkeit sich
nicht auch auf den Mangel an Blutgefässen er-
strecken?

Aehnlich ist ferner die Pflanze dem Thiere in
Ansehung der Respirationsorgane. Sie athmet,
gleich dem Insekt, durch zahlreiche Luftgefässe,
die sich in alle Theile ihres Körpers verbreiten, und
welche, wie bey den Tracheen der eben erwähnten
Thiere, aus einem zarten, häutigen, auswendig
mit spiralförmigen Fasern umwickelten Canale be-
stehen (p). Zugleich finden sich bey ihr zahlreiche

Orga-
(p) Vasa spiralia, s. pneumato-chymifera.
Hed-

ser Thatsache gegen das Daseyn von Gefäſsen bey
den Pflanzen einwenden? Ich antworte: man be-
netze Löschpapier mit jener Tinktur, und bringe
es unter das Vergröſserungsglas, und man wird
auch darin dunklere, stärker mit der Flüssigkeit ge-
tränkte Streifen erblicken. Jener Versuch beweiset
also nichts, indem er zuviel beweiset.

3) Es giebt eine Classe von Thieren, bey wel-
chen der Nahrungscanal und ein einfaches Herz die
einzigen Behälter des Nahrungssaftes sind, und in
deren Organen sich statt der Blutgefäſse unzählige
Tracheen vertheilen, nehmlich die Insekten. Nun
treffen wir ähnliche Luftgefäſse, eine eben so groſse
Menge und eine ähnliche Vertheilung derselben,
wie gleich näher gezeigt werden wird, bey den
Pflanzen an. Sollte also diese Aehnlichkeit sich
nicht auch auf den Mangel an Blutgefäſsen er-
strecken?

Aehnlich ist ferner die Pflanze dem Thiere in
Ansehung der Respirationsorgane. Sie athmet,
gleich dem Insekt, durch zahlreiche Luftgefäſse,
die sich in alle Theile ihres Körpers verbreiten, und
welche, wie bey den Tracheen der eben erwähnten
Thiere, aus einem zarten, häutigen, auswendig
mit spiralförmigen Fasern umwickelten Canale be-
stehen (p). Zugleich finden sich bey ihr zahlreiche

Orga-
(p) Vasa spiralia, s. pneumato-chymifera.
Hed-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0449" n="429"/>
ser Thatsache gegen das Daseyn von Gefä&#x017F;sen bey<lb/>
den Pflanzen einwenden? Ich antworte: man be-<lb/>
netze Löschpapier mit jener Tinktur, und bringe<lb/>
es unter das Vergrö&#x017F;serungsglas, und man wird<lb/>
auch darin dunklere, stärker mit der Flüssigkeit ge-<lb/>
tränkte Streifen erblicken. Jener Versuch beweiset<lb/>
also nichts, indem er zuviel beweiset.</p><lb/>
              <p>3) Es giebt eine Classe von Thieren, bey wel-<lb/>
chen der Nahrungscanal und ein einfaches Herz die<lb/>
einzigen Behälter des Nahrungssaftes sind, und in<lb/>
deren Organen sich statt der Blutgefä&#x017F;se unzählige<lb/>
Tracheen vertheilen, nehmlich die Insekten. Nun<lb/>
treffen wir ähnliche Luftgefä&#x017F;se, eine eben so gro&#x017F;se<lb/>
Menge und eine ähnliche Vertheilung derselben,<lb/>
wie gleich näher gezeigt werden wird, bey den<lb/>
Pflanzen an. Sollte also diese Aehnlichkeit sich<lb/>
nicht auch auf den Mangel an Blutgefä&#x017F;sen er-<lb/>
strecken?</p><lb/>
              <p>Aehnlich ist ferner die Pflanze dem Thiere in<lb/>
Ansehung der Respirationsorgane. Sie athmet,<lb/>
gleich dem Insekt, durch zahlreiche Luftgefä&#x017F;se,<lb/>
die sich in alle Theile ihres Körpers verbreiten, und<lb/>
welche, wie bey den Tracheen der eben erwähnten<lb/>
Thiere, aus einem zarten, häutigen, auswendig<lb/>
mit spiralförmigen Fasern umwickelten Canale be-<lb/>
stehen <note xml:id="seg2pn_11_1" next="#seg2pn_11_2" place="foot" n="(p)"><hi rendition="#g">Vasa spiralia, s. pneumato-chymifera</hi>.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#k">Hed-</hi></fw></note>. Zugleich finden sich bey ihr zahlreiche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Orga-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[429/0449] ser Thatsache gegen das Daseyn von Gefäſsen bey den Pflanzen einwenden? Ich antworte: man be- netze Löschpapier mit jener Tinktur, und bringe es unter das Vergröſserungsglas, und man wird auch darin dunklere, stärker mit der Flüssigkeit ge- tränkte Streifen erblicken. Jener Versuch beweiset also nichts, indem er zuviel beweiset. 3) Es giebt eine Classe von Thieren, bey wel- chen der Nahrungscanal und ein einfaches Herz die einzigen Behälter des Nahrungssaftes sind, und in deren Organen sich statt der Blutgefäſse unzählige Tracheen vertheilen, nehmlich die Insekten. Nun treffen wir ähnliche Luftgefäſse, eine eben so groſse Menge und eine ähnliche Vertheilung derselben, wie gleich näher gezeigt werden wird, bey den Pflanzen an. Sollte also diese Aehnlichkeit sich nicht auch auf den Mangel an Blutgefäſsen er- strecken? Aehnlich ist ferner die Pflanze dem Thiere in Ansehung der Respirationsorgane. Sie athmet, gleich dem Insekt, durch zahlreiche Luftgefäſse, die sich in alle Theile ihres Körpers verbreiten, und welche, wie bey den Tracheen der eben erwähnten Thiere, aus einem zarten, häutigen, auswendig mit spiralförmigen Fasern umwickelten Canale be- stehen (p). Zugleich finden sich bey ihr zahlreiche Orga- (p) Vasa spiralia, s. pneumato-chymifera. Hed-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/449
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/449>, abgerufen am 22.11.2024.