ohne am Ende über den streitigen Punkt etwas Ge- wisses ausgemacht zu haben.
Einen Beweis dieser Behauptung, der selbst ei- nem in der Theorie der Heilkunde wenig Bewan- derten auffallen muss, giebt der bekannte Streit über die Vitalität des Bluts. Der Erste, welcher dieser Flüssigkeit Leben beylegte, war Harvey(b). Derselbe gründete seine Behauptung auf den Undu- lationen, die er in dem Blute des rechten Herzohrs bey scheinbarer Ruhe des letztern wahrgenommen hatte. Blumenbach(c) widerlegte diesen Grund, indem er fand, dass jene Bewegung von der innern Fläche des Herzens herrühre, und eben so gut er- folge, wenn das rechte Herzohr mit einer Auflösung von Hausblase, als mit Blute gefüllt wird. Allein er hätte immerhin jene Undulationen für Wirkun- gen einer dem Blute selbst beywohnenden Kraft an- nehmen, und dennoch den Schluss daraus auf die Vitalität dieser Flüssigkeit so lange für voreilig er- klären können, als es nicht bewiesen ist, dass nicht auch vom Leben unabhängige Kräfte die nehmliche Erscheinung zu bewirken vermögen. Aber woher dieser Beweis, so lange wir nicht wissen, was Le- ben ist?
Einen
(b) Exerc. de generat. animal. in Opp. ex ed. Albini.
(c) In commentat. Soc. Reg. sc. Gotting. phys. Vol. IX. pag. 3.
ohne am Ende über den streitigen Punkt etwas Ge- wisses ausgemacht zu haben.
Einen Beweis dieser Behauptung, der selbst ei- nem in der Theorie der Heilkunde wenig Bewan- derten auffallen muſs, giebt der bekannte Streit über die Vitalität des Bluts. Der Erste, welcher dieser Flüssigkeit Leben beylegte, war Harvey(b). Derselbe gründete seine Behauptung auf den Undu- lationen, die er in dem Blute des rechten Herzohrs bey scheinbarer Ruhe des letztern wahrgenommen hatte. Blumenbach(c) widerlegte diesen Grund, indem er fand, daſs jene Bewegung von der innern Fläche des Herzens herrühre, und eben so gut er- folge, wenn das rechte Herzohr mit einer Auflösung von Hausblase, als mit Blute gefüllt wird. Allein er hätte immerhin jene Undulationen für Wirkun- gen einer dem Blute selbst beywohnenden Kraft an- nehmen, und dennoch den Schluſs daraus auf die Vitalität dieser Flüssigkeit so lange für voreilig er- klären können, als es nicht bewiesen ist, daſs nicht auch vom Leben unabhängige Kräfte die nehmliche Erscheinung zu bewirken vermögen. Aber woher dieser Beweis, so lange wir nicht wissen, was Le- ben ist?
Einen
(b) Exerc. de generat. animal. in Opp. ex ed. Albini.
(c) In commentat. Soc. Reg. sc. Gotting. phys. Vol. IX. pag. 3.
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[12/0032]
ohne am Ende über den streitigen Punkt etwas Ge-
wisses ausgemacht zu haben.
Einen Beweis dieser Behauptung, der selbst ei-
nem in der Theorie der Heilkunde wenig Bewan-
derten auffallen muſs, giebt der bekannte Streit
über die Vitalität des Bluts. Der Erste, welcher
dieser Flüssigkeit Leben beylegte, war Harvey (b).
Derselbe gründete seine Behauptung auf den Undu-
lationen, die er in dem Blute des rechten Herzohrs
bey scheinbarer Ruhe des letztern wahrgenommen
hatte. Blumenbach (c) widerlegte diesen Grund,
indem er fand, daſs jene Bewegung von der innern
Fläche des Herzens herrühre, und eben so gut er-
folge, wenn das rechte Herzohr mit einer Auflösung
von Hausblase, als mit Blute gefüllt wird. Allein
er hätte immerhin jene Undulationen für Wirkun-
gen einer dem Blute selbst beywohnenden Kraft an-
nehmen, und dennoch den Schluſs daraus auf die
Vitalität dieser Flüssigkeit so lange für voreilig er-
klären können, als es nicht bewiesen ist, daſs nicht
auch vom Leben unabhängige Kräfte die nehmliche
Erscheinung zu bewirken vermögen. Aber woher
dieser Beweis, so lange wir nicht wissen, was Le-
ben ist?
Einen
(b) Exerc. de generat. animal. in Opp. ex ed. Albini.
(c) In commentat. Soc. Reg. sc. Gotting. phys. Vol. IX.
pag. 3.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/32>, abgerufen am 21.11.2024.
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