hat indess seit Linne doch immer die Knorpelfische als diejenigen betrachtet, welche in der Reihe der Thiere zunächst auf die Amphibien folgen. Wir glanben aber diese Stelle den Grätenfischen einräu- men zu müssen, und zwar theils deswegen, weil der Bau der Knorpelfische noch mehr Verwandtschaft mit der Struktur der Mollusken und Crustaceen, als mit der der Amphibien hat, und theils darum, weil sich die Familie der Schlangen unter den letz- tern so genau an die der Aale unter den Knochen- fischen anschliesst, dass sich die Knorpelfische ohne Zerreissung eines von der Natur geknüpften Bandes zwischen diese Ordnungen nicht einschieben lassen. Zum Beweise des erstern Grundes führen wir nur folgende Analogien an: Die Gattung Myxine, wel- che offenbar das Bindungsglied zwischen den Knor- pelfischen und den Mollusken ausmacht; der arti- kulirte Panzer, womit die Gattung Syngnathus be- waffnet ist, und der sich so auffallend dem äussern Skelett der Crustaceen und Insekten nähert; den Mangel der Zunge bey eben dieser Gattung; die Gegenwart wirklicher Antennen bey einigen Lo- phien; die Aehnlichkeit der Kiemenöffnungen bey den Lampreten und Schleimfischen mit den Stigma- ten, und ihrer blasenartigen Kiemen mit den Luft- säcken mehrerer Insekten.
Die Grätenfische zerfallen in zwey grössere Ab- theilungen: in solche, die eine bewegliche Zunge
haben,
I. Bd. T
hat indeſs seit Linné doch immer die Knorpelfische als diejenigen betrachtet, welche in der Reihe der Thiere zunächst auf die Amphibien folgen. Wir glanben aber diese Stelle den Grätenfischen einräu- men zu müssen, und zwar theils deswegen, weil der Bau der Knorpelfische noch mehr Verwandtschaft mit der Struktur der Mollusken und Crustaceen, als mit der der Amphibien hat, und theils darum, weil sich die Familie der Schlangen unter den letz- tern so genau an die der Aale unter den Knochen- fischen anschlieſst, daſs sich die Knorpelfische ohne Zerreissung eines von der Natur geknüpften Bandes zwischen diese Ordnungen nicht einschieben lassen. Zum Beweise des erstern Grundes führen wir nur folgende Analogien an: Die Gattung Myxine, wel- che offenbar das Bindungsglied zwischen den Knor- pelfischen und den Mollusken ausmacht; der arti- kulirte Panzer, womit die Gattung Syngnathus be- waffnet ist, und der sich so auffallend dem äussern Skelett der Crustaceen und Insekten nähert; den Mangel der Zunge bey eben dieser Gattung; die Gegenwart wirklicher Antennen bey einigen Lo- phien; die Aehnlichkeit der Kiemenöffnungen bey den Lampreten und Schleimfischen mit den Stigma- ten, und ihrer blasenartigen Kiemen mit den Luft- säcken mehrerer Insekten.
Die Grätenfische zerfallen in zwey gröſsere Ab- theilungen: in solche, die eine bewegliche Zunge
haben,
I. Bd. T
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0309"n="289"/>
hat indeſs seit <hirendition="#k">Linn</hi>é doch immer die Knorpelfische<lb/>
als diejenigen betrachtet, welche in der Reihe der<lb/>
Thiere zunächst auf die Amphibien folgen. Wir<lb/>
glanben aber diese Stelle den Grätenfischen einräu-<lb/>
men zu müssen, und zwar theils deswegen, weil<lb/>
der Bau der Knorpelfische noch mehr Verwandtschaft<lb/>
mit der Struktur der Mollusken und Crustaceen,<lb/>
als mit der der Amphibien hat, und theils darum,<lb/>
weil sich die Familie der Schlangen unter den letz-<lb/>
tern so genau an die der Aale unter den Knochen-<lb/>
fischen anschlieſst, daſs sich die Knorpelfische ohne<lb/>
Zerreissung eines von der Natur geknüpften Bandes<lb/>
zwischen diese Ordnungen nicht einschieben lassen.<lb/>
Zum Beweise des erstern Grundes führen wir nur<lb/>
folgende Analogien an: Die Gattung Myxine, wel-<lb/>
che offenbar das Bindungsglied zwischen den Knor-<lb/>
pelfischen und den Mollusken ausmacht; der arti-<lb/>
kulirte Panzer, womit die Gattung Syngnathus be-<lb/>
waffnet ist, und der sich so auffallend dem äussern<lb/>
Skelett der Crustaceen und Insekten nähert; den<lb/>
Mangel der Zunge bey eben dieser Gattung; die<lb/>
Gegenwart wirklicher Antennen bey einigen Lo-<lb/>
phien; die Aehnlichkeit der Kiemenöffnungen bey<lb/>
den Lampreten und Schleimfischen mit den Stigma-<lb/>
ten, und ihrer blasenartigen Kiemen mit den Luft-<lb/>
säcken mehrerer Insekten.</p><lb/><p>Die Grätenfische zerfallen in zwey gröſsere Ab-<lb/>
theilungen: in solche, die eine bewegliche Zunge<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#i">I. Bd.</hi> T</fw><fwplace="bottom"type="catch">haben,</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[289/0309]
hat indeſs seit Linné doch immer die Knorpelfische
als diejenigen betrachtet, welche in der Reihe der
Thiere zunächst auf die Amphibien folgen. Wir
glanben aber diese Stelle den Grätenfischen einräu-
men zu müssen, und zwar theils deswegen, weil
der Bau der Knorpelfische noch mehr Verwandtschaft
mit der Struktur der Mollusken und Crustaceen,
als mit der der Amphibien hat, und theils darum,
weil sich die Familie der Schlangen unter den letz-
tern so genau an die der Aale unter den Knochen-
fischen anschlieſst, daſs sich die Knorpelfische ohne
Zerreissung eines von der Natur geknüpften Bandes
zwischen diese Ordnungen nicht einschieben lassen.
Zum Beweise des erstern Grundes führen wir nur
folgende Analogien an: Die Gattung Myxine, wel-
che offenbar das Bindungsglied zwischen den Knor-
pelfischen und den Mollusken ausmacht; der arti-
kulirte Panzer, womit die Gattung Syngnathus be-
waffnet ist, und der sich so auffallend dem äussern
Skelett der Crustaceen und Insekten nähert; den
Mangel der Zunge bey eben dieser Gattung; die
Gegenwart wirklicher Antennen bey einigen Lo-
phien; die Aehnlichkeit der Kiemenöffnungen bey
den Lampreten und Schleimfischen mit den Stigma-
ten, und ihrer blasenartigen Kiemen mit den Luft-
säcken mehrerer Insekten.
Die Grätenfische zerfallen in zwey gröſsere Ab-
theilungen: in solche, die eine bewegliche Zunge
haben,
I. Bd. T
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/309>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.