chung von der normalen Organisation hervorbringt. Sie lehrt endlich, dass diese Abweichungen oft erb- lich sind, ja, bey fortdauernder anomalischer Ein- wirkung jener Potenz endlich unauslöschlich wer- den. Wie lässt sich bey solchen Erfahrungen an eine wahrnehmbare Einheit des Princips der Orga- nisation denken? Man sagt freylich, dass jene ano- malische Einflüsse nur Varietäten, nicht Arten und Geschlechter hervorzubringen vermögen. Aber man sagt es, ohne es zu beweisen.
Soviel ist indess gewiss, dass es Theile giebt, welche in engerer Verbindung mit dem übrigen Or- ganismus als andere stehen, und welche daher zur Verbindung des Künstlichen mit dem Natürlichen am tauglichsten sind. Bey den Thieren z. B. sind diese Theile: das Blut, das Gehirn, das Herz, die Respirationsorgane, die Verdauungswerkzeuge und das gesammte Skelett. Unter diesen werden wir da- her bey der Entwerfung eines natürlichen Systems der Thiere künstliche Charaktere der Classen und Ordnungen zu suchen haben. Doch werden wir nie vergessen dürfen, dass auch von diesen Kennzei- chen blos subjektiver, nie objektiver Gebrauch zu machen ist.
Bey der Classifikation der lebenden Organismen überhaupt gilt die Regel: da, wo die Mischung uns bekannt ist, von dieser den Hauptcharakter herzu-
leiten;
chung von der normalen Organisation hervorbringt. Sie lehrt endlich, daſs diese Abweichungen oft erb- lich sind, ja, bey fortdauernder anomalischer Ein- wirkung jener Potenz endlich unauslöschlich wer- den. Wie läſst sich bey solchen Erfahrungen an eine wahrnehmbare Einheit des Princips der Orga- nisation denken? Man sagt freylich, daſs jene ano- malische Einflüsse nur Varietäten, nicht Arten und Geschlechter hervorzubringen vermögen. Aber man sagt es, ohne es zu beweisen.
Soviel ist indeſs gewiſs, daſs es Theile giebt, welche in engerer Verbindung mit dem übrigen Or- ganismus als andere stehen, und welche daher zur Verbindung des Künstlichen mit dem Natürlichen am tauglichsten sind. Bey den Thieren z. B. sind diese Theile: das Blut, das Gehirn, das Herz, die Respirationsorgane, die Verdauungswerkzeuge und das gesammte Skelett. Unter diesen werden wir da- her bey der Entwerfung eines natürlichen Systems der Thiere künstliche Charaktere der Classen und Ordnungen zu suchen haben. Doch werden wir nie vergessen dürfen, daſs auch von diesen Kennzei- chen blos subjektiver, nie objektiver Gebrauch zu machen ist.
Bey der Classifikation der lebenden Organismen überhaupt gilt die Regel: da, wo die Mischung uns bekannt ist, von dieser den Hauptcharakter herzu-
leiten;
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chung von der normalen Organisation hervorbringt.
Sie lehrt endlich, daſs diese Abweichungen oft erb-
lich sind, ja, bey fortdauernder anomalischer Ein-
wirkung jener Potenz endlich unauslöschlich wer-
den. Wie läſst sich bey solchen Erfahrungen an
eine wahrnehmbare Einheit des Princips der Orga-
nisation denken? Man sagt freylich, daſs jene ano-
malische Einflüsse nur Varietäten, nicht Arten und
Geschlechter hervorzubringen vermögen. Aber
man sagt es, ohne es zu beweisen.
Soviel ist indeſs gewiſs, daſs es Theile giebt,
welche in engerer Verbindung mit dem übrigen Or-
ganismus als andere stehen, und welche daher zur
Verbindung des Künstlichen mit dem Natürlichen
am tauglichsten sind. Bey den Thieren z. B. sind
diese Theile: das Blut, das Gehirn, das Herz, die
Respirationsorgane, die Verdauungswerkzeuge und
das gesammte Skelett. Unter diesen werden wir da-
her bey der Entwerfung eines natürlichen Systems
der Thiere künstliche Charaktere der Classen und
Ordnungen zu suchen haben. Doch werden wir nie
vergessen dürfen, daſs auch von diesen Kennzei-
chen blos subjektiver, nie objektiver Gebrauch zu
machen ist.
Bey der Classifikation der lebenden Organismen
überhaupt gilt die Regel: da, wo die Mischung uns
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/184>, abgerufen am 04.12.2024.
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