in schöner Freude -- Schinkel, Cornelius, Rauch, Mendelssohn! Da trat das Unheil ein, das über den künstlerischen Charakter der neuen Re- gierung von vornherein entschied. Schinkel starb, der einzige Mann, der durch seine allseitige Bildung, seine unerschöpfliche Phantasie, seinen wesent- lich architektonischen Genius vielleicht vermocht hätte, dem verwandten aber unstät in's Weite schweifenden Geiste des Monarchen Halt und Rich- tung zu geben. Unter den Baumeistern, mit denen sich Friedrich Wil- helm nunmehr begnügen mußte, waren viele treffliche Männer, doch kein wahrhaft beherrschender Kopf; und so wurde diesem königlichen Mäcenas, der so viel Geist und Geschmack, so viel Arbeit und Opfer für das Schöne aufwendete, doch das grausame Schicksal, daß er nur an einer Stelle, in Potsdam, Werke hinterließ, welche sein eigenstes Wesen der Nachwelt getreu überliefern.
Lenne, der größte Gartenkünstler des Jahrhunderts, der auf dem Alten Zoll zu Bonn, im Hofgarten der kölnischen Kurfürsten aufgewachsen, schon unter dem alten Könige begonnen hatte den Berliner Thiergarten und die Parks von Potsdam zu verschönern, erhielt jetzt erst freie Hand für seine Entwürfe. Die moderne Technik bot die Mittel, um die präch- tigen Wasserkünste endlich auszuführen, mit denen Friedrich der Große immer vergeblich versucht hatte sein Sanssouci zu schmücken; und an dem Potsdamer Persius gewann sich Friedrich Wilhelm einen Architekten, der wohl vertraut mit der stillen Schönheit dieser Havellandschaften, seine Bauten in den Rahmen der Wälder und der Wiesen, der Hügel und der Seen sinnig einzufügen wußte. Also, durch das Zusammen- wirken aller Künste, ließ er hier vollenden und zu einem Ganzen abrunden was seine Ahnen stückweise begonnen hatten. Die majestätische Kuppel der Potsdamer Nikolaikirche gab dem Landschaftsbilde seinen beherrschenden Mittelpunkt; am Fuße des Hügels von Sanssouci begann Persius das Lieblingswerk des Königs, die Friedenskirche, einen edlen Bau nach der Weise der altitalienischen Basiliken, der sich mit seinen Säulenhöfen und dem ragenden Campanile im stillen Weiher wiederspiegelte, eine Heim- stätte gläubigen Friedens neben der sorgenlosen Weltlichkeit da droben. Hier in den meilenweiten Parkgeländen war Raum genug für die vielseitige Phantasie des königlichen Bauherrn, hier verlebte er in heller Künstler- freude seine besten Stunden, und hier allein, unter den schlichten Leuten der Haveldörfer ist er auch in den unglücklichen Jahren seiner Regierung immer volksbeliebt geblieben. Unablässig, bis zum Ende seiner gesunden Tage, ließ er hier bauen und bilden: dicht am Ufer des blauen Stromes die weihevolle kleine Heilandskirche; auf einsamer Waldhöhe das bairische Häuschen für die Königin; in den Gebüschen und Baumgängen marmorne Exedren und leuchtende Statuen, unter denen auch Meister Lenne's Herme nicht fehlen durfte; auf dem Pfingstberge die hohen Aussichtsthürme, präch- tige Propyläen einer Villenanlage, die, groß gedacht wie eines Dichters
Die Potsdamer Gärten.
in ſchöner Freude — Schinkel, Cornelius, Rauch, Mendelsſohn! Da trat das Unheil ein, das über den künſtleriſchen Charakter der neuen Re- gierung von vornherein entſchied. Schinkel ſtarb, der einzige Mann, der durch ſeine allſeitige Bildung, ſeine unerſchöpfliche Phantaſie, ſeinen weſent- lich architektoniſchen Genius vielleicht vermocht hätte, dem verwandten aber unſtät in’s Weite ſchweifenden Geiſte des Monarchen Halt und Rich- tung zu geben. Unter den Baumeiſtern, mit denen ſich Friedrich Wil- helm nunmehr begnügen mußte, waren viele treffliche Männer, doch kein wahrhaft beherrſchender Kopf; und ſo wurde dieſem königlichen Mäcenas, der ſo viel Geiſt und Geſchmack, ſo viel Arbeit und Opfer für das Schöne aufwendete, doch das grauſame Schickſal, daß er nur an einer Stelle, in Potsdam, Werke hinterließ, welche ſein eigenſtes Weſen der Nachwelt getreu überliefern.
Lenné, der größte Gartenkünſtler des Jahrhunderts, der auf dem Alten Zoll zu Bonn, im Hofgarten der kölniſchen Kurfürſten aufgewachſen, ſchon unter dem alten Könige begonnen hatte den Berliner Thiergarten und die Parks von Potsdam zu verſchönern, erhielt jetzt erſt freie Hand für ſeine Entwürfe. Die moderne Technik bot die Mittel, um die präch- tigen Waſſerkünſte endlich auszuführen, mit denen Friedrich der Große immer vergeblich verſucht hatte ſein Sansſouci zu ſchmücken; und an dem Potsdamer Perſius gewann ſich Friedrich Wilhelm einen Architekten, der wohl vertraut mit der ſtillen Schönheit dieſer Havellandſchaften, ſeine Bauten in den Rahmen der Wälder und der Wieſen, der Hügel und der Seen ſinnig einzufügen wußte. Alſo, durch das Zuſammen- wirken aller Künſte, ließ er hier vollenden und zu einem Ganzen abrunden was ſeine Ahnen ſtückweiſe begonnen hatten. Die majeſtätiſche Kuppel der Potsdamer Nikolaikirche gab dem Landſchaftsbilde ſeinen beherrſchenden Mittelpunkt; am Fuße des Hügels von Sansſouci begann Perſius das Lieblingswerk des Königs, die Friedenskirche, einen edlen Bau nach der Weiſe der altitalieniſchen Baſiliken, der ſich mit ſeinen Säulenhöfen und dem ragenden Campanile im ſtillen Weiher wiederſpiegelte, eine Heim- ſtätte gläubigen Friedens neben der ſorgenloſen Weltlichkeit da droben. Hier in den meilenweiten Parkgeländen war Raum genug für die vielſeitige Phantaſie des königlichen Bauherrn, hier verlebte er in heller Künſtler- freude ſeine beſten Stunden, und hier allein, unter den ſchlichten Leuten der Haveldörfer iſt er auch in den unglücklichen Jahren ſeiner Regierung immer volksbeliebt geblieben. Unabläſſig, bis zum Ende ſeiner geſunden Tage, ließ er hier bauen und bilden: dicht am Ufer des blauen Stromes die weihevolle kleine Heilandskirche; auf einſamer Waldhöhe das bairiſche Häuschen für die Königin; in den Gebüſchen und Baumgängen marmorne Exedren und leuchtende Statuen, unter denen auch Meiſter Lenné’s Herme nicht fehlen durfte; auf dem Pfingſtberge die hohen Ausſichtsthürme, präch- tige Propyläen einer Villenanlage, die, groß gedacht wie eines Dichters
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Die Potsdamer Gärten.
in ſchöner Freude — Schinkel, Cornelius, Rauch, Mendelsſohn! Da
trat das Unheil ein, das über den künſtleriſchen Charakter der neuen Re-
gierung von vornherein entſchied. Schinkel ſtarb, der einzige Mann, der
durch ſeine allſeitige Bildung, ſeine unerſchöpfliche Phantaſie, ſeinen weſent-
lich architektoniſchen Genius vielleicht vermocht hätte, dem verwandten
aber unſtät in’s Weite ſchweifenden Geiſte des Monarchen Halt und Rich-
tung zu geben. Unter den Baumeiſtern, mit denen ſich Friedrich Wil-
helm nunmehr begnügen mußte, waren viele treffliche Männer, doch kein
wahrhaft beherrſchender Kopf; und ſo wurde dieſem königlichen Mäcenas,
der ſo viel Geiſt und Geſchmack, ſo viel Arbeit und Opfer für das Schöne
aufwendete, doch das grauſame Schickſal, daß er nur an einer Stelle,
in Potsdam, Werke hinterließ, welche ſein eigenſtes Weſen der Nachwelt
getreu überliefern.
Lenné, der größte Gartenkünſtler des Jahrhunderts, der auf dem
Alten Zoll zu Bonn, im Hofgarten der kölniſchen Kurfürſten aufgewachſen,
ſchon unter dem alten Könige begonnen hatte den Berliner Thiergarten
und die Parks von Potsdam zu verſchönern, erhielt jetzt erſt freie Hand
für ſeine Entwürfe. Die moderne Technik bot die Mittel, um die präch-
tigen Waſſerkünſte endlich auszuführen, mit denen Friedrich der Große
immer vergeblich verſucht hatte ſein Sansſouci zu ſchmücken; und an
dem Potsdamer Perſius gewann ſich Friedrich Wilhelm einen Architekten,
der wohl vertraut mit der ſtillen Schönheit dieſer Havellandſchaften,
ſeine Bauten in den Rahmen der Wälder und der Wieſen, der Hügel
und der Seen ſinnig einzufügen wußte. Alſo, durch das Zuſammen-
wirken aller Künſte, ließ er hier vollenden und zu einem Ganzen abrunden
was ſeine Ahnen ſtückweiſe begonnen hatten. Die majeſtätiſche Kuppel
der Potsdamer Nikolaikirche gab dem Landſchaftsbilde ſeinen beherrſchenden
Mittelpunkt; am Fuße des Hügels von Sansſouci begann Perſius das
Lieblingswerk des Königs, die Friedenskirche, einen edlen Bau nach der
Weiſe der altitalieniſchen Baſiliken, der ſich mit ſeinen Säulenhöfen und
dem ragenden Campanile im ſtillen Weiher wiederſpiegelte, eine Heim-
ſtätte gläubigen Friedens neben der ſorgenloſen Weltlichkeit da droben.
Hier in den meilenweiten Parkgeländen war Raum genug für die vielſeitige
Phantaſie des königlichen Bauherrn, hier verlebte er in heller Künſtler-
freude ſeine beſten Stunden, und hier allein, unter den ſchlichten Leuten
der Haveldörfer iſt er auch in den unglücklichen Jahren ſeiner Regierung
immer volksbeliebt geblieben. Unabläſſig, bis zum Ende ſeiner geſunden
Tage, ließ er hier bauen und bilden: dicht am Ufer des blauen Stromes
die weihevolle kleine Heilandskirche; auf einſamer Waldhöhe das bairiſche
Häuschen für die Königin; in den Gebüſchen und Baumgängen marmorne
Exedren und leuchtende Statuen, unter denen auch Meiſter Lenné’s Herme
nicht fehlen durfte; auf dem Pfingſtberge die hohen Ausſichtsthürme, präch-
tige Propyläen einer Villenanlage, die, groß gedacht wie eines Dichters
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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Bd. 5: Bis zur März-Revolution. Leipzig, 1894, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte05_1894/229>, abgerufen am 22.11.2024.
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