nende Worte, die der Nation ein unbestimmtes Glück verheißen und nur an dem kleinen Fehler kranken, daß sie hohle Phrasen sind. Hier Preußen allein, verwünscht von der Nation, ein kaltes Nein den hochfliegenden Plänen der Gegner entgegenstellend. Und doch barg sich hinter dieser ablehnenden, scheinbar unfruchtbaren Haltung der einzige Gedanke, der uns retten konnte. Die ganze Zukunft deutscher Politik hing daran, daß Preußens verständige Redlichkeit triumphirte über dies Bündniß der Un- klarheit und der Lüge. Und Preußen siegte.
Da die Gegner nur in ihrem Hasse, nicht in irgend einem positiven Gedanken übereinstimmten, so errang Bernstorff bereits am 10. Februar einen durchschlagenden Erfolg in dem handelspolitischen Ausschusse der Conferenz; er bewog den Ausschuß, seine Anträge auf einige "mehr vor- bereitende als entscheidende, keinen künftigen bundesförderlichen Beschlüssen vorgreifende Bestimmungen zu beschränken."*) Der Ausschuß bean- tragte demnach lediglich, daß der Bundestag, dem Art. 19 gemäß, die Be- förderung des Handels als einen der Hauptgegenstände seiner Thätigkeit ansehen solle. Nur über die Freiheit des Getreidehandels, welche Preußen schon vor drei Jahren in Frankfurt befürwortet hatte, schienen jetzt alle Theile endlich einig, und der Ausschuß schlug vor, die Frage durch schleu- nige Vereinbarung zu erledigen. Als diese Anträge am 4. März in der Conferenz zur Verlesung kamen, da brach, sobald der Name des Bun- destags erklang, einer der Anwesenden in lautes Lachen aus, und die ganze Versammlung stimmte fröhlich ein. Und diese Staatsmänner, die ihr Urtheil über die Leistungsfähigkeit des Bundestags so unzweideutig bekundeten, hatten sich soeben noch vermessen, das preußische Zollgesetz durch einen Bundesbeschluß aufzuheben! Die Anträge des Ausschusses wurden angenommen, und um auch den widerspänstigen Köthener zu gewinnen, fügte man noch ein Separatprotokoll hinzu, kraft dessen die betheiligten Staaten sich verpflichteten, die Beschlüsse des Wiener Con- gresses über die Flußschifffahrt unverbrüchlich zu halten, die Verhand- lungen deshalb thätig zu betreiben.
Ueber die Freiheit des Getreidehandels setzte man ebenfalls ein beson- deres Protokoll auf, aber Metternich vereitelte schließlich auch diesen einzigen heilsamen Plan, in dem sich alle Parteien zusammenfanden. Er schob die Entscheidung immer wieder hinaus, und als die Conferenz endlich zum Beschlusse schreiten wollte, da war Kaiser Franz, zum lebhaften Be- dauern seines Ministers, bereits nach Prag abgereist. Arglos meldete Bernstorff einige Tage später, die Erwiderung Sr. Majestät sei noch immer nicht eingetroffen.**) Die Conferenz mußte auseinandergehen ohne das Protokoll abzuschließen. Erst gegen Mitte Juni lief die österreichische Antwort beim Bundestage ein. Der gute Kaiser, der sich gegen F. List so
*) Bernstorff's Bericht, 11. Febr. 1820.
**) Bernstorff's Bericht, 31. Mai 1820.
Preußens Sieg.
nende Worte, die der Nation ein unbeſtimmtes Glück verheißen und nur an dem kleinen Fehler kranken, daß ſie hohle Phraſen ſind. Hier Preußen allein, verwünſcht von der Nation, ein kaltes Nein den hochfliegenden Plänen der Gegner entgegenſtellend. Und doch barg ſich hinter dieſer ablehnenden, ſcheinbar unfruchtbaren Haltung der einzige Gedanke, der uns retten konnte. Die ganze Zukunft deutſcher Politik hing daran, daß Preußens verſtändige Redlichkeit triumphirte über dies Bündniß der Un- klarheit und der Lüge. Und Preußen ſiegte.
Da die Gegner nur in ihrem Haſſe, nicht in irgend einem poſitiven Gedanken übereinſtimmten, ſo errang Bernſtorff bereits am 10. Februar einen durchſchlagenden Erfolg in dem handelspolitiſchen Ausſchuſſe der Conferenz; er bewog den Ausſchuß, ſeine Anträge auf einige „mehr vor- bereitende als entſcheidende, keinen künftigen bundesförderlichen Beſchlüſſen vorgreifende Beſtimmungen zu beſchränken.“*) Der Ausſchuß bean- tragte demnach lediglich, daß der Bundestag, dem Art. 19 gemäß, die Be- förderung des Handels als einen der Hauptgegenſtände ſeiner Thätigkeit anſehen ſolle. Nur über die Freiheit des Getreidehandels, welche Preußen ſchon vor drei Jahren in Frankfurt befürwortet hatte, ſchienen jetzt alle Theile endlich einig, und der Ausſchuß ſchlug vor, die Frage durch ſchleu- nige Vereinbarung zu erledigen. Als dieſe Anträge am 4. März in der Conferenz zur Verleſung kamen, da brach, ſobald der Name des Bun- destags erklang, einer der Anweſenden in lautes Lachen aus, und die ganze Verſammlung ſtimmte fröhlich ein. Und dieſe Staatsmänner, die ihr Urtheil über die Leiſtungsfähigkeit des Bundestags ſo unzweideutig bekundeten, hatten ſich ſoeben noch vermeſſen, das preußiſche Zollgeſetz durch einen Bundesbeſchluß aufzuheben! Die Anträge des Ausſchuſſes wurden angenommen, und um auch den widerſpänſtigen Köthener zu gewinnen, fügte man noch ein Separatprotokoll hinzu, kraft deſſen die betheiligten Staaten ſich verpflichteten, die Beſchlüſſe des Wiener Con- greſſes über die Flußſchifffahrt unverbrüchlich zu halten, die Verhand- lungen deshalb thätig zu betreiben.
Ueber die Freiheit des Getreidehandels ſetzte man ebenfalls ein beſon- deres Protokoll auf, aber Metternich vereitelte ſchließlich auch dieſen einzigen heilſamen Plan, in dem ſich alle Parteien zuſammenfanden. Er ſchob die Entſcheidung immer wieder hinaus, und als die Conferenz endlich zum Beſchluſſe ſchreiten wollte, da war Kaiſer Franz, zum lebhaften Be- dauern ſeines Miniſters, bereits nach Prag abgereiſt. Arglos meldete Bernſtorff einige Tage ſpäter, die Erwiderung Sr. Majeſtät ſei noch immer nicht eingetroffen.**) Die Conferenz mußte auseinandergehen ohne das Protokoll abzuſchließen. Erſt gegen Mitte Juni lief die öſterreichiſche Antwort beim Bundestage ein. Der gute Kaiſer, der ſich gegen F. Liſt ſo
*) Bernſtorff’s Bericht, 11. Febr. 1820.
**) Bernſtorff’s Bericht, 31. Mai 1820.
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Preußens Sieg.
nende Worte, die der Nation ein unbeſtimmtes Glück verheißen und nur
an dem kleinen Fehler kranken, daß ſie hohle Phraſen ſind. Hier Preußen
allein, verwünſcht von der Nation, ein kaltes Nein den hochfliegenden
Plänen der Gegner entgegenſtellend. Und doch barg ſich hinter dieſer
ablehnenden, ſcheinbar unfruchtbaren Haltung der einzige Gedanke, der
uns retten konnte. Die ganze Zukunft deutſcher Politik hing daran, daß
Preußens verſtändige Redlichkeit triumphirte über dies Bündniß der Un-
klarheit und der Lüge. Und Preußen ſiegte.
Da die Gegner nur in ihrem Haſſe, nicht in irgend einem poſitiven
Gedanken übereinſtimmten, ſo errang Bernſtorff bereits am 10. Februar
einen durchſchlagenden Erfolg in dem handelspolitiſchen Ausſchuſſe der
Conferenz; er bewog den Ausſchuß, ſeine Anträge auf einige „mehr vor-
bereitende als entſcheidende, keinen künftigen bundesförderlichen Beſchlüſſen
vorgreifende Beſtimmungen zu beſchränken.“ *) Der Ausſchuß bean-
tragte demnach lediglich, daß der Bundestag, dem Art. 19 gemäß, die Be-
förderung des Handels als einen der Hauptgegenſtände ſeiner Thätigkeit
anſehen ſolle. Nur über die Freiheit des Getreidehandels, welche Preußen
ſchon vor drei Jahren in Frankfurt befürwortet hatte, ſchienen jetzt alle
Theile endlich einig, und der Ausſchuß ſchlug vor, die Frage durch ſchleu-
nige Vereinbarung zu erledigen. Als dieſe Anträge am 4. März in der
Conferenz zur Verleſung kamen, da brach, ſobald der Name des Bun-
destags erklang, einer der Anweſenden in lautes Lachen aus, und die
ganze Verſammlung ſtimmte fröhlich ein. Und dieſe Staatsmänner, die
ihr Urtheil über die Leiſtungsfähigkeit des Bundestags ſo unzweideutig
bekundeten, hatten ſich ſoeben noch vermeſſen, das preußiſche Zollgeſetz
durch einen Bundesbeſchluß aufzuheben! Die Anträge des Ausſchuſſes
wurden angenommen, und um auch den widerſpänſtigen Köthener zu
gewinnen, fügte man noch ein Separatprotokoll hinzu, kraft deſſen die
betheiligten Staaten ſich verpflichteten, die Beſchlüſſe des Wiener Con-
greſſes über die Flußſchifffahrt unverbrüchlich zu halten, die Verhand-
lungen deshalb thätig zu betreiben.
Ueber die Freiheit des Getreidehandels ſetzte man ebenfalls ein beſon-
deres Protokoll auf, aber Metternich vereitelte ſchließlich auch dieſen einzigen
heilſamen Plan, in dem ſich alle Parteien zuſammenfanden. Er ſchob
die Entſcheidung immer wieder hinaus, und als die Conferenz endlich
zum Beſchluſſe ſchreiten wollte, da war Kaiſer Franz, zum lebhaften Be-
dauern ſeines Miniſters, bereits nach Prag abgereiſt. Arglos meldete
Bernſtorff einige Tage ſpäter, die Erwiderung Sr. Majeſtät ſei noch
immer nicht eingetroffen. **) Die Conferenz mußte auseinandergehen ohne
das Protokoll abzuſchließen. Erſt gegen Mitte Juni lief die öſterreichiſche
Antwort beim Bundestage ein. Der gute Kaiſer, der ſich gegen F. Liſt ſo
*) Bernſtorff’s Bericht, 11. Febr. 1820.
**) Bernſtorff’s Bericht, 31. Mai 1820.
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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 3: Bis zur Juli-Revolution. Leipzig, 1885, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte03_1885/53>, abgerufen am 24.11.2024.
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