Die Schlacht von Leipzig brachte allen deutschen Landen bis zum Rheine die Befreiung, trotz der matten Verfolgung des geschlagenen Heeres. Der österreichischen Politik erschien der errungene Sieg fast allzu groß, sobald sich sein voller Umfang übersehen ließ. Die Vernichtung der napoleonischen Macht stand in sicherer Aussicht, sie ward abgewendet durch die Schuld des großen Hauptquartiers. Die Armee Bennigsens ging an die Elbe zurück, das böhmische Heer rückte langsam durch Franken und Thüringen westwärts, die Nordarmee wendete sich nach Hannover und Westphalen. Blücher aber, der auf der Frankfurter Straße dem Feinde dicht auf den Hacken saß, nur einen Tagemarsch hinter dem Haupt- quartiere des Kaisers, erhielt plötzlich Befehl, vom geraden Wege ab nach der Wetterau und dem Lahnthale auszubiegen. So im Rücken unbe- lästigt führte Napoleon seine Truppen durch die schwierigen Engpässe des Rhöngebirges. Tausende waren ausgetreten und trieben als Fricoteurs ihr Unwesen, Mancher auch ward von den ergrimmten Bauern erschlagen. Der Kern des Heeres hielt noch zusammen, erreichte glücklich die Main- ebene bei Hanau und schlug dort, aus dem Lamboy-Walde vorbrechend, die bairisch-österreichische Armee des Generals Wrede, die den Flüchtigen den Weg zu verlegen suchte (30. 31. October). Der bairische Heerführer, der roheste Prahler unter den Landsknechten des Rheinbundes, dachte durch einen glänzenden Sieg seinem Staate die Gunst der verbündeten Mächte zu sichern, jedoch er hatte kostbare Tage vor den Wällen von Würzburg versäumt und gelangte nicht rechtzeitig in die vortheilhafte Stellung an den Kinzigpässen, wo sich den Franzosen die Rückzugsstraße leicht versperren ließ. Also ward dem Imperator die Genugthuung, daß er seine deutschen Heerfahrten mit der Demüthigung eines abtrünnigen Vasallen beschließen konnte. An 70,000 Mann gelangten noch auf das linke Rheinufer. Hier aber brach die letzte Kraft der Unglücklichen zusammen; furchtbare Krankheiten lichteten ihre Reihen, und während einiger Wochen war Frank- reich ohne Heer, widerstandslos gegen jeden Angriff. Die 190,000 Mann,
Fünfter Abſchnitt. Ende der Kriegszeit.
Die Schlacht von Leipzig brachte allen deutſchen Landen bis zum Rheine die Befreiung, trotz der matten Verfolgung des geſchlagenen Heeres. Der öſterreichiſchen Politik erſchien der errungene Sieg faſt allzu groß, ſobald ſich ſein voller Umfang überſehen ließ. Die Vernichtung der napoleoniſchen Macht ſtand in ſicherer Ausſicht, ſie ward abgewendet durch die Schuld des großen Hauptquartiers. Die Armee Bennigſens ging an die Elbe zurück, das böhmiſche Heer rückte langſam durch Franken und Thüringen weſtwärts, die Nordarmee wendete ſich nach Hannover und Weſtphalen. Blücher aber, der auf der Frankfurter Straße dem Feinde dicht auf den Hacken ſaß, nur einen Tagemarſch hinter dem Haupt- quartiere des Kaiſers, erhielt plötzlich Befehl, vom geraden Wege ab nach der Wetterau und dem Lahnthale auszubiegen. So im Rücken unbe- läſtigt führte Napoleon ſeine Truppen durch die ſchwierigen Engpäſſe des Rhöngebirges. Tauſende waren ausgetreten und trieben als Fricoteurs ihr Unweſen, Mancher auch ward von den ergrimmten Bauern erſchlagen. Der Kern des Heeres hielt noch zuſammen, erreichte glücklich die Main- ebene bei Hanau und ſchlug dort, aus dem Lamboy-Walde vorbrechend, die bairiſch-öſterreichiſche Armee des Generals Wrede, die den Flüchtigen den Weg zu verlegen ſuchte (30. 31. October). Der bairiſche Heerführer, der roheſte Prahler unter den Landsknechten des Rheinbundes, dachte durch einen glänzenden Sieg ſeinem Staate die Gunſt der verbündeten Mächte zu ſichern, jedoch er hatte koſtbare Tage vor den Wällen von Würzburg verſäumt und gelangte nicht rechtzeitig in die vortheilhafte Stellung an den Kinzigpäſſen, wo ſich den Franzoſen die Rückzugsſtraße leicht verſperren ließ. Alſo ward dem Imperator die Genugthuung, daß er ſeine deutſchen Heerfahrten mit der Demüthigung eines abtrünnigen Vaſallen beſchließen konnte. An 70,000 Mann gelangten noch auf das linke Rheinufer. Hier aber brach die letzte Kraft der Unglücklichen zuſammen; furchtbare Krankheiten lichteten ihre Reihen, und während einiger Wochen war Frank- reich ohne Heer, widerſtandslos gegen jeden Angriff. Die 190,000 Mann,
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Fünfter Abſchnitt.
Ende der Kriegszeit.
Die Schlacht von Leipzig brachte allen deutſchen Landen bis zum
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Heeres. Der öſterreichiſchen Politik erſchien der errungene Sieg faſt allzu
groß, ſobald ſich ſein voller Umfang überſehen ließ. Die Vernichtung
der napoleoniſchen Macht ſtand in ſicherer Ausſicht, ſie ward abgewendet
durch die Schuld des großen Hauptquartiers. Die Armee Bennigſens
ging an die Elbe zurück, das böhmiſche Heer rückte langſam durch Franken
und Thüringen weſtwärts, die Nordarmee wendete ſich nach Hannover
und Weſtphalen. Blücher aber, der auf der Frankfurter Straße dem
Feinde dicht auf den Hacken ſaß, nur einen Tagemarſch hinter dem Haupt-
quartiere des Kaiſers, erhielt plötzlich Befehl, vom geraden Wege ab nach
der Wetterau und dem Lahnthale auszubiegen. So im Rücken unbe-
läſtigt führte Napoleon ſeine Truppen durch die ſchwierigen Engpäſſe des
Rhöngebirges. Tauſende waren ausgetreten und trieben als Fricoteurs
ihr Unweſen, Mancher auch ward von den ergrimmten Bauern erſchlagen.
Der Kern des Heeres hielt noch zuſammen, erreichte glücklich die Main-
ebene bei Hanau und ſchlug dort, aus dem Lamboy-Walde vorbrechend,
die bairiſch-öſterreichiſche Armee des Generals Wrede, die den Flüchtigen
den Weg zu verlegen ſuchte (30. 31. October). Der bairiſche Heerführer,
der roheſte Prahler unter den Landsknechten des Rheinbundes, dachte durch
einen glänzenden Sieg ſeinem Staate die Gunſt der verbündeten Mächte
zu ſichern, jedoch er hatte koſtbare Tage vor den Wällen von Würzburg
verſäumt und gelangte nicht rechtzeitig in die vortheilhafte Stellung an
den Kinzigpäſſen, wo ſich den Franzoſen die Rückzugsſtraße leicht verſperren
ließ. Alſo ward dem Imperator die Genugthuung, daß er ſeine deutſchen
Heerfahrten mit der Demüthigung eines abtrünnigen Vaſallen beſchließen
konnte. An 70,000 Mann gelangten noch auf das linke Rheinufer.
Hier aber brach die letzte Kraft der Unglücklichen zuſammen; furchtbare
Krankheiten lichteten ihre Reihen, und während einiger Wochen war Frank-
reich ohne Heer, widerſtandslos gegen jeden Angriff. Die 190,000 Mann,
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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Bd. 1: Bis zum zweiten Pariser Frieden. Leipzig, 1879, S. [507]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte01_1879/523>, abgerufen am 24.11.2024.
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