Traun, Julius von der [d. i. Alexander Julius Schindler]: Der Gebirgspfarrer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–156. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.selbst zu mir: er könnte wohl schon gestorben sein, während ich herablief. Was versteht der blöde Franzl! versetzte der Meßner; ich will zwölf Vaterunser und Avemaria's beten. Thue das, mein Sohn, sprach der Pfarrer und versank, während der Alte das eintönige Gebet sprach, in den schlummerähnlichen Zustand, in dem man oft bei Nacht auf ebener Straße wandelt. In der eiskalten Bergluft hatte sich sein Todesschreck, den er beim Klange der Zügenglocke empfunden hatte, allmählich verloren; sein Blut wurde so sehr abgekühlt, daß er das Geläute dem Sturmwinde und sein erregtes Gemüth dem genossenen Weine zuschrieb; dabei erinnerte er sich der Scherzreden seiner Freunde, der hübschen Rosi, und an sein künftiges Küchenmeisterleben im Kloster. Meßner! Herr Pfarrer? Ich wollte, wir wären schon wieder auf dem Rückwege. Ich auch. Kommen wir heim, so gehst du zu mir hinauf, und wir trinken im warmen Zimmer ein Glas Wein, wie du nie eins verkostetest. Bezahl' es Gott im vorhinein Euer Hochwürden. Und speisen dazu Kuchen und kaltes Wildpret -- ach! säße ich daheim. Geben Sie Acht, Herr Pfarrer, Sie glitschen beständig aus. selbst zu mir: er könnte wohl schon gestorben sein, während ich herablief. Was versteht der blöde Franzl! versetzte der Meßner; ich will zwölf Vaterunser und Avemaria's beten. Thue das, mein Sohn, sprach der Pfarrer und versank, während der Alte das eintönige Gebet sprach, in den schlummerähnlichen Zustand, in dem man oft bei Nacht auf ebener Straße wandelt. In der eiskalten Bergluft hatte sich sein Todesschreck, den er beim Klange der Zügenglocke empfunden hatte, allmählich verloren; sein Blut wurde so sehr abgekühlt, daß er das Geläute dem Sturmwinde und sein erregtes Gemüth dem genossenen Weine zuschrieb; dabei erinnerte er sich der Scherzreden seiner Freunde, der hübschen Rosi, und an sein künftiges Küchenmeisterleben im Kloster. Meßner! Herr Pfarrer? Ich wollte, wir wären schon wieder auf dem Rückwege. Ich auch. Kommen wir heim, so gehst du zu mir hinauf, und wir trinken im warmen Zimmer ein Glas Wein, wie du nie eins verkostetest. Bezahl' es Gott im vorhinein Euer Hochwürden. Und speisen dazu Kuchen und kaltes Wildpret — ach! säße ich daheim. Geben Sie Acht, Herr Pfarrer, Sie glitschen beständig aus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0031"/> selbst zu mir: er könnte wohl schon gestorben sein, während ich herablief.</p><lb/> <p>Was versteht der blöde Franzl! versetzte der Meßner; ich will zwölf Vaterunser und Avemaria's beten.</p><lb/> <p>Thue das, mein Sohn, sprach der Pfarrer und versank, während der Alte das eintönige Gebet sprach, in den schlummerähnlichen Zustand, in dem man oft bei Nacht auf ebener Straße wandelt.</p><lb/> <p>In der eiskalten Bergluft hatte sich sein Todesschreck, den er beim Klange der Zügenglocke empfunden hatte, allmählich verloren; sein Blut wurde so sehr abgekühlt, daß er das Geläute dem Sturmwinde und sein erregtes Gemüth dem genossenen Weine zuschrieb; dabei erinnerte er sich der Scherzreden seiner Freunde, der hübschen Rosi, und an sein künftiges Küchenmeisterleben im Kloster.</p><lb/> <p>Meßner!</p><lb/> <p>Herr Pfarrer?</p><lb/> <p>Ich wollte, wir wären schon wieder auf dem Rückwege.</p><lb/> <p>Ich auch.</p><lb/> <p>Kommen wir heim, so gehst du zu mir hinauf, und wir trinken im warmen Zimmer ein Glas Wein, wie du nie eins verkostetest.</p><lb/> <p>Bezahl' es Gott im vorhinein Euer Hochwürden.</p><lb/> <p>Und speisen dazu Kuchen und kaltes Wildpret — ach! säße ich daheim.</p><lb/> <p>Geben Sie Acht, Herr Pfarrer, Sie glitschen beständig aus.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0031]
selbst zu mir: er könnte wohl schon gestorben sein, während ich herablief.
Was versteht der blöde Franzl! versetzte der Meßner; ich will zwölf Vaterunser und Avemaria's beten.
Thue das, mein Sohn, sprach der Pfarrer und versank, während der Alte das eintönige Gebet sprach, in den schlummerähnlichen Zustand, in dem man oft bei Nacht auf ebener Straße wandelt.
In der eiskalten Bergluft hatte sich sein Todesschreck, den er beim Klange der Zügenglocke empfunden hatte, allmählich verloren; sein Blut wurde so sehr abgekühlt, daß er das Geläute dem Sturmwinde und sein erregtes Gemüth dem genossenen Weine zuschrieb; dabei erinnerte er sich der Scherzreden seiner Freunde, der hübschen Rosi, und an sein künftiges Küchenmeisterleben im Kloster.
Meßner!
Herr Pfarrer?
Ich wollte, wir wären schon wieder auf dem Rückwege.
Ich auch.
Kommen wir heim, so gehst du zu mir hinauf, und wir trinken im warmen Zimmer ein Glas Wein, wie du nie eins verkostetest.
Bezahl' es Gott im vorhinein Euer Hochwürden.
Und speisen dazu Kuchen und kaltes Wildpret — ach! säße ich daheim.
Geben Sie Acht, Herr Pfarrer, Sie glitschen beständig aus.
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Zitationshilfe: | Traun, Julius von der [d. i. Alexander Julius Schindler]: Der Gebirgspfarrer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–156. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/traun_gebirgspfarrer_1910/31>, abgerufen am 16.02.2025. |