Traun, Julius von der [d. i. Alexander Julius Schindler]: Der Gebirgspfarrer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–156. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Hat keine Gefahr, erwiderte der Waidmann. Ein Fläschchen Kerschbacher*) zum Morgentrunk, sagte der Kellermeister, da des mitgebrachten Wildpretes wegen das Essen leicht um ein paar Stündchen verzögert werden dürfte. Ja, die Köchin hier im Hause, begann der Waidmann freimüthig -- schwieg aber plötzlich und verlegen. Die Genannte trat ins Zimmer. Ein ziemlich großes, volles Mädchen, noch im Kirchenputze. Die Hübsche trug auf einer Tasse klirrende Weingläser, welche sie nebst einem Teller Grazer Vanillezwieback auf den Tisch stellte, küßte dem Kellermeister und dem Hofrichter die Hände und verließ mit zu Boden geschlagenem Blicke das Zimmer, in welches sie beim Schließen der Thüre neugierig zurücksah. Die vier Junggesellen, deren jüngster, der Hofrichter, seinen nahen fünfzigsten Geburtstag entgegensah, richteten lange ihre Augen auf die Thüre, durch welche die ihnen so wohlthuende jugendliche Erscheinung verschwunden war. Erst als man die Zauberin in der nahen Küche mit Pfannen und Schüsseln rumoren hörte, erwachte wieder einige Bewegung in der Gruppe, und der Förster platzte heraus: Ich gebe meinen besten Kugelstutzen um einen --, dann starb ihm vor einem Seitenblick des Hofrichters das Wort im Munde. Der Kellermeister schmunzelte und schenkte die Gläser voll. Nachdem Alle getrunken und den Wein gelobt hatten, sagte Blasius: Die Köchin hast du noch nicht lange? *) Eine ausgezeichnete steyermärkische Weinsorte.
Hat keine Gefahr, erwiderte der Waidmann. Ein Fläschchen Kerschbacher*) zum Morgentrunk, sagte der Kellermeister, da des mitgebrachten Wildpretes wegen das Essen leicht um ein paar Stündchen verzögert werden dürfte. Ja, die Köchin hier im Hause, begann der Waidmann freimüthig — schwieg aber plötzlich und verlegen. Die Genannte trat ins Zimmer. Ein ziemlich großes, volles Mädchen, noch im Kirchenputze. Die Hübsche trug auf einer Tasse klirrende Weingläser, welche sie nebst einem Teller Grazer Vanillezwieback auf den Tisch stellte, küßte dem Kellermeister und dem Hofrichter die Hände und verließ mit zu Boden geschlagenem Blicke das Zimmer, in welches sie beim Schließen der Thüre neugierig zurücksah. Die vier Junggesellen, deren jüngster, der Hofrichter, seinen nahen fünfzigsten Geburtstag entgegensah, richteten lange ihre Augen auf die Thüre, durch welche die ihnen so wohlthuende jugendliche Erscheinung verschwunden war. Erst als man die Zauberin in der nahen Küche mit Pfannen und Schüsseln rumoren hörte, erwachte wieder einige Bewegung in der Gruppe, und der Förster platzte heraus: Ich gebe meinen besten Kugelstutzen um einen —, dann starb ihm vor einem Seitenblick des Hofrichters das Wort im Munde. Der Kellermeister schmunzelte und schenkte die Gläser voll. Nachdem Alle getrunken und den Wein gelobt hatten, sagte Blasius: Die Köchin hast du noch nicht lange? *) Eine ausgezeichnete steyermärkische Weinsorte.
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Hat keine Gefahr, erwiderte der Waidmann. Ein Fläschchen Kerschbacher *) zum Morgentrunk, sagte der Kellermeister, da des mitgebrachten Wildpretes wegen das Essen leicht um ein paar Stündchen verzögert werden dürfte. Ja, die Köchin hier im Hause, begann der Waidmann freimüthig — schwieg aber plötzlich und verlegen. Die Genannte trat ins Zimmer. Ein ziemlich großes, volles Mädchen, noch im Kirchenputze. Die Hübsche trug auf einer Tasse klirrende Weingläser, welche sie nebst einem Teller Grazer Vanillezwieback auf den Tisch stellte, küßte dem Kellermeister und dem Hofrichter die Hände und verließ mit zu Boden geschlagenem Blicke das Zimmer, in welches sie beim Schließen der Thüre neugierig zurücksah. Die vier Junggesellen, deren jüngster, der Hofrichter, seinen nahen fünfzigsten Geburtstag entgegensah, richteten lange ihre Augen auf die Thüre, durch welche die ihnen so wohlthuende jugendliche Erscheinung verschwunden war. Erst als man die Zauberin in der nahen Küche mit Pfannen und Schüsseln rumoren hörte, erwachte wieder einige Bewegung in der Gruppe, und der Förster platzte heraus: Ich gebe meinen besten Kugelstutzen um einen —, dann starb ihm vor einem Seitenblick des Hofrichters das Wort im Munde. Der Kellermeister schmunzelte und schenkte die Gläser voll. Nachdem Alle getrunken und den Wein gelobt hatten, sagte Blasius: Die Köchin hast du noch nicht lange?
*) Eine ausgezeichnete steyermärkische Weinsorte.
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Zitationshilfe: | Traun, Julius von der [d. i. Alexander Julius Schindler]: Der Gebirgspfarrer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–156. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/traun_gebirgspfarrer_1910/13>, abgerufen am 16.02.2025. |