Sinne des Gemeinwesens, steht, so steht er zugleich im öko- nomischem u. d. i. im Sinne ursprünglicher patriarchalischer Gemeinschaft, welche immer als die Basis des Gemeinwesens betrachtet werden muss, unter ihnen; er ist (insofern als jenes Verhältniss besteht) von ihrer Gunst, von ihrem guten Willen abhängig, wird von der Gemeinde als ihr Dienender unterhalten.
§ 27.
Wenn nun jedes Gemeinwesen als Landschaft in einer Mehrheit von Herrschaften, von Dörfern, von Städten sich darstellt, oder aber in solche conföderirte Landschaften zerfällt, so hat jedes dieser Bestandtheile, insofern es auf behauptetem Grund und Boden festsitzt und sich zu wahren fähig ist, eine gewisse Tendenz und Kraft, selber zum Ge- meinwesen zu werden. In dem Maasse aber, als es dieses vermag und nicht selber wieder aus möglichen Gemeinwesen zusammengesetzt ist, so ist es zugleich der vollkommenste und intensivste Ausdruck eines Gemeinwesens, nämlich am leichtesten durch die Nähe des Zusammenwohnens, durch die geringere Wahrscheinlichkeit innerer Reibungen, welche zwischen selbständigen wehrfähigen Körpern drohen, als bewegungsfähige Heeres-Versammlung, daher auch als spruch- fähige Gerichtsversammlung erscheinend. In dieser Bedeu- tung erfüllt sich als Stadt, welche ein bestimmtes Landge- biet beherrscht, die Idee des Gemeinwesens. Sie kann so- gar, wie die Polis der hellenischen Cultur, das einzige wirkliche Gemeinwesen sein, welches nur als Bundes-Glied selber ein Gemeinwesen über sich herstellt -- welches alsdann nur noch vermöge einer religiösen und schöpferischen Imagi- nation (im Mythus) als ein ursprüngliches und zeugendes gedacht werden kann -- oder aber, wie die freie Stadt der germanischen Cultur, als Theil und Product eines Landes, eines Reiches, von dem gemeinsamen Boden durch Macht und Reichthum sich abheben und so doch, mit ihresgleichen zusammen, in ein analoges Verhältniss zu jenem ihrem Bunde sich setzen, als ob sie es bildeten, constituirten, wogegen aber dieses durch seine reale apriorische als heilig geglaubte Natur gegen die Verwandlung in den Charakter einer blos fic-
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Sinne des Gemeinwesens, steht, so steht er zugleich im öko- nomischem u. d. i. im Sinne ursprünglicher patriarchalischer Gemeinschaft, welche immer als die Basis des Gemeinwesens betrachtet werden muss, unter ihnen; er ist (insofern als jenes Verhältniss besteht) von ihrer Gunst, von ihrem guten Willen abhängig, wird von der Gemeinde als ihr Dienender unterhalten.
§ 27.
Wenn nun jedes Gemeinwesen als Landschaft in einer Mehrheit von Herrschaften, von Dörfern, von Städten sich darstellt, oder aber in solche conföderirte Landschaften zerfällt, so hat jedes dieser Bestandtheile, insofern es auf behauptetem Grund und Boden festsitzt und sich zu wahren fähig ist, eine gewisse Tendenz und Kraft, selber zum Ge- meinwesen zu werden. In dem Maasse aber, als es dieses vermag und nicht selber wieder aus möglichen Gemeinwesen zusammengesetzt ist, so ist es zugleich der vollkommenste und intensivste Ausdruck eines Gemeinwesens, nämlich am leichtesten durch die Nähe des Zusammenwohnens, durch die geringere Wahrscheinlichkeit innerer Reibungen, welche zwischen selbständigen wehrfähigen Körpern drohen, als bewegungsfähige Heeres-Versammlung, daher auch als spruch- fähige Gerichtsversammlung erscheinend. In dieser Bedeu- tung erfüllt sich als Stadt, welche ein bestimmtes Landge- biet beherrscht, die Idee des Gemeinwesens. Sie kann so- gar, wie die Polis der hellenischen Cultur, das einzige wirkliche Gemeinwesen sein, welches nur als Bundes-Glied selber ein Gemeinwesen über sich herstellt — welches alsdann nur noch vermöge einer religiösen und schöpferischen Imagi- nation (im Mythus) als ein ursprüngliches und zeugendes gedacht werden kann — oder aber, wie die freie Stadt der germanischen Cultur, als Theil und Product eines Landes, eines Reiches, von dem gemeinsamen Boden durch Macht und Reichthum sich abheben und so doch, mit ihresgleichen zusammen, in ein analoges Verhältniss zu jenem ihrem Bunde sich setzen, als ob sie es bildeten, constituirten, wogegen aber dieses durch seine reale apriorische als heilig geglaubte Natur gegen die Verwandlung in den Charakter einer blos fic-
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Sinne des Gemeinwesens, steht, so steht er zugleich im öko-
nomischem u. d. i. im Sinne ursprünglicher patriarchalischer
Gemeinschaft, welche immer als die Basis des Gemeinwesens
betrachtet werden muss, unter ihnen; er ist (insofern als
jenes Verhältniss besteht) von ihrer Gunst, von ihrem guten
Willen abhängig, wird von der Gemeinde als ihr Dienender
unterhalten.
§ 27.
Wenn nun jedes Gemeinwesen als Landschaft in
einer Mehrheit von Herrschaften, von Dörfern, von Städten
sich darstellt, oder aber in solche conföderirte Landschaften
zerfällt, so hat jedes dieser Bestandtheile, insofern es auf
behauptetem Grund und Boden festsitzt und sich zu wahren
fähig ist, eine gewisse Tendenz und Kraft, selber zum Ge-
meinwesen zu werden. In dem Maasse aber, als es dieses
vermag und nicht selber wieder aus möglichen Gemeinwesen
zusammengesetzt ist, so ist es zugleich der vollkommenste
und intensivste Ausdruck eines Gemeinwesens, nämlich am
leichtesten durch die Nähe des Zusammenwohnens, durch
die geringere Wahrscheinlichkeit innerer Reibungen, welche
zwischen selbständigen wehrfähigen Körpern drohen, als
bewegungsfähige Heeres-Versammlung, daher auch als spruch-
fähige Gerichtsversammlung erscheinend. In dieser Bedeu-
tung erfüllt sich als Stadt, welche ein bestimmtes Landge-
biet beherrscht, die Idee des Gemeinwesens. Sie kann so-
gar, wie die Polis der hellenischen Cultur, das einzige wirkliche
Gemeinwesen sein, welches nur als Bundes-Glied selber ein
Gemeinwesen über sich herstellt — welches alsdann nur
noch vermöge einer religiösen und schöpferischen Imagi-
nation (im Mythus) als ein ursprüngliches und zeugendes
gedacht werden kann — oder aber, wie die freie Stadt der
germanischen Cultur, als Theil und Product eines Landes,
eines Reiches, von dem gemeinsamen Boden durch Macht
und Reichthum sich abheben und so doch, mit ihresgleichen
zusammen, in ein analoges Verhältniss zu jenem ihrem Bunde
sich setzen, als ob sie es bildeten, constituirten, wogegen
aber dieses durch seine reale apriorische als heilig geglaubte
Natur gegen die Verwandlung in den Charakter einer blos fic-
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/295>, abgerufen am 23.11.2024.
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