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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887.

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Verminderung des eigenen Vermögens; ihr äusserer Erfolg
aber ein Ersatz dafür; so ist Wesenwille die (objective)
Freiheit selber, in ihrer individuellen Wahrheit; und sein
Werk hängt wie eine Frucht an diesem Baume: nicht
bewirkt und gemacht durch Ueberwindung äusseren Wider-
standes; sondern erzeugt, hervorgebracht, geworden.
Und so verhält sich Erwerb und Schaffung durch Ar-
beit
zum Erwerb und Aneignung durch Tausch (Kauf).
Verhält sich wiederum eigentliche, schöpferische Arbeit,
welche aus der Unendlichkeit des eigenen Wesens seines
Gleichen bildet, zu der blossen Synthese gegebener
stofflichen Elemente; deren Ganzes so todt und geistlos
ist und nur für das Denken vorhanden als die Stücke
und Theile selber; daher wohl begriffen werden kann
als ein äusserer Zweck, welcher durch die Thätigkeit als
Anwendung von Mitteln erkauft werde.

§ 24.

Die Willkürformen stellen den isolirten Menschen
der gesammten Natur als Geber und Empfänger gegenüber.
Er versucht die Natur zu beherrschen und mehr als das
Gegebene von ihr zu empfangen; also Lust-Elemente aus
ihr herauszuziehen, welche ihm keine Mühe und Arbeit
oder andere Unlust gekostet haben. Aber innerhalb der
Natur tritt ihm auch ein Gleiches erstrebendes, gleiches
Willkür-Subject entgegen, der Andere, welcher seine
Mittel und Zwecke im Ausschluss und Gegensatz gegen ihn
hat, also durch seinen Schaden gewinnt und zu gewinnen
trachtet. Sie müssen entweder sich nicht berühren oder sich
vertragen, um als Willkür-Subjecte neben einander zu ver-
harren; denn wenn Einer dem Anderen nimmt oder ihn zwingt,
so will und agirt jener allein: in dem Maasse als der Zwang
vorhanden ist, welches von der Beschaffenheit angewandter
Mittel und Werkzeuge abhängt. Wenn dieselben nämlich
nicht Lust-Elemente für ihn gleichwie für mich (also insoweit
an sich, d. i. für uns Beide) sind, so handle ich nicht güt-
lich
mit ihm; ich gebe ihm nicht was er selber begehrt.
Er handelt entweder garnicht, oder gezwungen, d. h. nicht
um seiner selbst willen; seine Handlung ist nicht Verwirk-

Verminderung des eigenen Vermögens; ihr äusserer Erfolg
aber ein Ersatz dafür; so ist Wesenwille die (objective)
Freiheit selber, in ihrer individuellen Wahrheit; und sein
Werk hängt wie eine Frucht an diesem Baume: nicht
bewirkt und gemacht durch Ueberwindung äusseren Wider-
standes; sondern erzeugt, hervorgebracht, geworden.
Und so verhält sich Erwerb und Schaffung durch Ar-
beit
zum Erwerb und Aneignung durch Tausch (Kauf).
Verhält sich wiederum eigentliche, schöpferische Arbeit,
welche aus der Unendlichkeit des eigenen Wesens seines
Gleichen bildet, zu der blossen Synthese gegebener
stofflichen Elemente; deren Ganzes so todt und geistlos
ist und nur für das Denken vorhanden als die Stücke
und Theile selber; daher wohl begriffen werden kann
als ein äusserer Zweck, welcher durch die Thätigkeit als
Anwendung von Mitteln erkauft werde.

§ 24.

Die Willkürformen stellen den isolirten Menschen
der gesammten Natur als Geber und Empfänger gegenüber.
Er versucht die Natur zu beherrschen und mehr als das
Gegebene von ihr zu empfangen; also Lust-Elemente aus
ihr herauszuziehen, welche ihm keine Mühe und Arbeit
oder andere Unlust gekostet haben. Aber innerhalb der
Natur tritt ihm auch ein Gleiches erstrebendes, gleiches
Willkür-Subject entgegen, der Andere, welcher seine
Mittel und Zwecke im Ausschluss und Gegensatz gegen ihn
hat, also durch seinen Schaden gewinnt und zu gewinnen
trachtet. Sie müssen entweder sich nicht berühren oder sich
vertragen, um als Willkür-Subjecte neben einander zu ver-
harren; denn wenn Einer dem Anderen nimmt oder ihn zwingt,
so will und agirt jener allein: in dem Maasse als der Zwang
vorhanden ist, welches von der Beschaffenheit angewandter
Mittel und Werkzeuge abhängt. Wenn dieselben nämlich
nicht Lust-Elemente für ihn gleichwie für mich (also insoweit
an sich, d. i. für uns Beide) sind, so handle ich nicht güt-
lich
mit ihm; ich gebe ihm nicht was er selber begehrt.
Er handelt entweder garnicht, oder gezwungen, d. h. nicht
um seiner selbst willen; seine Handlung ist nicht Verwirk-

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[151/0187] Verminderung des eigenen Vermögens; ihr äusserer Erfolg aber ein Ersatz dafür; so ist Wesenwille die (objective) Freiheit selber, in ihrer individuellen Wahrheit; und sein Werk hängt wie eine Frucht an diesem Baume: nicht bewirkt und gemacht durch Ueberwindung äusseren Wider- standes; sondern erzeugt, hervorgebracht, geworden. Und so verhält sich Erwerb und Schaffung durch Ar- beit zum Erwerb und Aneignung durch Tausch (Kauf). Verhält sich wiederum eigentliche, schöpferische Arbeit, welche aus der Unendlichkeit des eigenen Wesens seines Gleichen bildet, zu der blossen Synthese gegebener stofflichen Elemente; deren Ganzes so todt und geistlos ist und nur für das Denken vorhanden als die Stücke und Theile selber; daher wohl begriffen werden kann als ein äusserer Zweck, welcher durch die Thätigkeit als Anwendung von Mitteln erkauft werde. § 24. Die Willkürformen stellen den isolirten Menschen der gesammten Natur als Geber und Empfänger gegenüber. Er versucht die Natur zu beherrschen und mehr als das Gegebene von ihr zu empfangen; also Lust-Elemente aus ihr herauszuziehen, welche ihm keine Mühe und Arbeit oder andere Unlust gekostet haben. Aber innerhalb der Natur tritt ihm auch ein Gleiches erstrebendes, gleiches Willkür-Subject entgegen, der Andere, welcher seine Mittel und Zwecke im Ausschluss und Gegensatz gegen ihn hat, also durch seinen Schaden gewinnt und zu gewinnen trachtet. Sie müssen entweder sich nicht berühren oder sich vertragen, um als Willkür-Subjecte neben einander zu ver- harren; denn wenn Einer dem Anderen nimmt oder ihn zwingt, so will und agirt jener allein: in dem Maasse als der Zwang vorhanden ist, welches von der Beschaffenheit angewandter Mittel und Werkzeuge abhängt. Wenn dieselben nämlich nicht Lust-Elemente für ihn gleichwie für mich (also insoweit an sich, d. i. für uns Beide) sind, so handle ich nicht güt- lich mit ihm; ich gebe ihm nicht was er selber begehrt. Er handelt entweder garnicht, oder gezwungen, d. h. nicht um seiner selbst willen; seine Handlung ist nicht Verwirk-

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Zitationshilfe: Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/187>, abgerufen am 24.11.2024.