Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

ten, übertriebene Lobeserhebungen und Anreden an dieselben, als ob sie gegenwärtig, welche von den gekünstelt rednerischen Lehrern oft gebrauchet wurden, baneten almälig den Weg zur würkligen Anbetung der Heiligen, die solchergestalt an die Stelle der heidnischen Gözen kamen: zur andern Art gehöret sowol die hohe Meinung vom Vorzuge des ehelosen Lebens, als auch vieler Aberglaube in der Wahl der Speisen und Enthaltung vom Fleische, an den durch Sazungen bestimten häufigen Fasttagen; also im Ganzen das gesamte Einsiedler- und Mönchswesen, welches als besonders heilig angesehen und angepriesen ward, sich auch daher sehr ausbreitete, wozu in Asien Basilius, Bischof zu Cäsarea in Cappadocien, vieles beitrug: Bei dem allen wuchs des Römischen Bischofes Gewalt, welcher gern sich zum Richter aufwarf, wo man freundschaftligen Rath und Beistand von ihm erwartete. Basilius bemühete sich eine Spaltung zuheben, so zu Antiochien eingerißen war, schrieb auch an Damasum und ersuchte ihn sich deßen mit anzunemen: dieser würdigte ihn keiner Antwort, plözlig that er hernach einen richterligen Ausspruch in der Sache, die er nicht gnugsam untersucher hatte, die auch durchaus einen gütligen Vergleich erforderte; das Ybel wurde also vermeret, indem von der andern Seite man auch solch eigenmächtiges Urtheil nicht sonderlich achtete. Damasus muste

ten, übertriebene Lobeserhebungen und Anreden an dieselben, als ob sie gegenwärtig, welche von den gekünstelt rednerischen Lehrern oft gebrauchet wurden, baneten almälig den Weg zur würkligen Anbetung der Heiligen, die solchergestalt an die Stelle der heidnischen Gözen kamen: zur andern Art gehöret sowol die hohe Meinung vom Vorzuge des ehelosen Lebens, als auch vieler Aberglaube in der Wahl der Speisen und Enthaltung vom Fleische, an den durch Sazungen bestimten häufigen Fasttagen; also im Ganzen das gesamte Einsiedler- und Mönchswesen, welches als besonders heilig angesehen und angepriesen ward, sich auch daher sehr ausbreitete, wozu in Asien Basilius, Bischof zu Cäsarea in Cappadocien, vieles beitrug: Bei dem allen wuchs des Römischen Bischofes Gewalt, welcher gern sich zum Richter aufwarf, wo man freundschaftligen Rath und Beistand von ihm erwartete. Basilius bemühete sich eine Spaltung zuheben, so zu Antiochien eingerißen war, schrieb auch an Damasum und ersuchte ihn sich deßen mit anzunemen: dieser würdigte ihn keiner Antwort, plözlig that er hernach einen richterligen Ausspruch in der Sache, die er nicht gnugsam untersucher hatte, die auch durchaus einen gütligen Vergleich erforderte; das Ybel wurde also vermeret, indem von der andern Seite man auch solch eigenmächtiges Urtheil nicht sonderlich achtete. Damasus muste

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0098" n="86"/>
ten, übertriebene Lobeserhebungen                      und Anreden an dieselben, als ob sie gegenwärtig, welche von den gekünstelt                      rednerischen Lehrern oft gebrauchet wurden, baneten almälig den Weg zur                      würkligen Anbetung der Heiligen, die solchergestalt an die Stelle der                      heidnischen Gözen kamen: zur andern Art gehöret sowol die hohe Meinung vom                      Vorzuge des ehelosen Lebens, als auch vieler Aberglaube in der Wahl der Speisen                      und Enthaltung vom Fleische, an den durch Sazungen bestimten häufigen Fasttagen;                      also im Ganzen das gesamte Einsiedler- und Mönchswesen, welches als besonders                      heilig angesehen und angepriesen ward, sich auch daher sehr ausbreitete, wozu in                      Asien Basilius, Bischof zu Cäsarea in Cappadocien, vieles beitrug: Bei dem allen                      wuchs des Römischen Bischofes Gewalt, welcher gern sich zum Richter aufwarf, wo                      man freundschaftligen Rath und Beistand von ihm erwartete. Basilius bemühete                      sich eine Spaltung zuheben, so zu Antiochien eingerißen war, schrieb auch an                      Damasum und ersuchte ihn sich deßen mit anzunemen: dieser würdigte ihn keiner                      Antwort, plözlig that er hernach einen richterligen Ausspruch in der Sache, die                      er nicht gnugsam untersucher hatte, die auch durchaus einen gütligen Vergleich                      erforderte; das Ybel wurde also vermeret, indem von der andern Seite man auch                      solch eigenmächtiges Urtheil nicht sonderlich achtete. Damasus muste
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0098] ten, übertriebene Lobeserhebungen und Anreden an dieselben, als ob sie gegenwärtig, welche von den gekünstelt rednerischen Lehrern oft gebrauchet wurden, baneten almälig den Weg zur würkligen Anbetung der Heiligen, die solchergestalt an die Stelle der heidnischen Gözen kamen: zur andern Art gehöret sowol die hohe Meinung vom Vorzuge des ehelosen Lebens, als auch vieler Aberglaube in der Wahl der Speisen und Enthaltung vom Fleische, an den durch Sazungen bestimten häufigen Fasttagen; also im Ganzen das gesamte Einsiedler- und Mönchswesen, welches als besonders heilig angesehen und angepriesen ward, sich auch daher sehr ausbreitete, wozu in Asien Basilius, Bischof zu Cäsarea in Cappadocien, vieles beitrug: Bei dem allen wuchs des Römischen Bischofes Gewalt, welcher gern sich zum Richter aufwarf, wo man freundschaftligen Rath und Beistand von ihm erwartete. Basilius bemühete sich eine Spaltung zuheben, so zu Antiochien eingerißen war, schrieb auch an Damasum und ersuchte ihn sich deßen mit anzunemen: dieser würdigte ihn keiner Antwort, plözlig that er hernach einen richterligen Ausspruch in der Sache, die er nicht gnugsam untersucher hatte, die auch durchaus einen gütligen Vergleich erforderte; das Ybel wurde also vermeret, indem von der andern Seite man auch solch eigenmächtiges Urtheil nicht sonderlich achtete. Damasus muste

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/98
Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/98>, abgerufen am 06.05.2024.