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Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

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Peters 1 Bruderstochter, die verwitwete Herzogin von Kurland, Anna Iwanovna, erwelet unter der Bedingung, daß sie sich der unumschränkten Gewalt begeben und nichts ohne den Reichsrath vornemen solte; welche Bedingung aber auf der Leibwache Verlangen wieder aufgehoben wurde. In Dänemark war 1730 Fridriche 4 sein Sohn Christian 6 gefolget, ein frommer Fürst, welcher die unumschränkte Gewalt nicht misbrauchen wolte, deßen Güte aber, bei mäßiger Einsicht, leicht von andern konte gemisbrauchet werden, zum Schaden des Ganzen: den eine strenge Tugend und grosser Verstand sind selten bei gemeinen Leuten, seltener bei Fürsten, sonderlig den eigenmächtigen, vereiniget. Der kluge Fridrich Wilhelm von Preußen konte nicht leicht von andern verleitet werden, den er untersuchte die Sachen selbst, soviel nur dem sorgfältigsten Fürsten möglig war: weise solte er heißen, wen er das Wohl seiner Unterthanen zum einigen Zwekke seiner Herschaft gemacht hätte; er belästigte sie aber, mer als nöthig war, mit Auflagen, um Schäze zusamlen, und mit Kriegesanstalten, mitten im Frieden; er gab mit seinen Einrichtungen das Muster, wie alles aufs künstligste nach dem Eigennuze des Fürsten und nach krigerischen Absichten einzurichten sei, andere ahmeten häufig nach, übertrieben auch, was bei ihm noch einigermaßen erträglich war: es

Peters 1 Bruderstochter, die verwitwete Herzogin von Kurland, Anna Iwanovna, erwelet unter der Bedingung, daß sie sich der unumschränkten Gewalt begeben und nichts ohne den Reichsrath vornemen solte; welche Bedingung aber auf der Leibwache Verlangen wieder aufgehoben wurde. In Dänemark war 1730 Fridriche 4 sein Sohn Christian 6 gefolget, ein frommer Fürst, welcher die unumschränkte Gewalt nicht misbrauchen wolte, deßen Güte aber, bei mäßiger Einsicht, leicht von andern konte gemisbrauchet werden, zum Schaden des Ganzen: den eine strenge Tugend und grosser Verstand sind selten bei gemeinen Leuten, seltener bei Fürsten, sonderlig den eigenmächtigen, vereiniget. Der kluge Fridrich Wilhelm von Preußen konte nicht leicht von andern verleitet werden, den er untersuchte die Sachen selbst, soviel nur dem sorgfältigsten Fürsten möglig war: weise solte er heißen, wen er das Wohl seiner Unterthanen zum einigen Zwekke seiner Herschaft gemacht hätte; er belästigte sie aber, mer als nöthig war, mit Auflagen, um Schäze zusamlen, und mit Kriegesanstalten, mitten im Frieden; er gab mit seinen Einrichtungen das Muster, wie alles aufs künstligste nach dem Eigennuze des Fürsten und nach krigerischen Absichten einzurichten sei, andere ahmeten häufig nach, übertrieben auch, was bei ihm noch einigermaßen erträglich war: es

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[862/0874] Peters 1 Bruderstochter, die verwitwete Herzogin von Kurland, Anna Iwanovna, erwelet unter der Bedingung, daß sie sich der unumschränkten Gewalt begeben und nichts ohne den Reichsrath vornemen solte; welche Bedingung aber auf der Leibwache Verlangen wieder aufgehoben wurde. In Dänemark war 1730 Fridriche 4 sein Sohn Christian 6 gefolget, ein frommer Fürst, welcher die unumschränkte Gewalt nicht misbrauchen wolte, deßen Güte aber, bei mäßiger Einsicht, leicht von andern konte gemisbrauchet werden, zum Schaden des Ganzen: den eine strenge Tugend und grosser Verstand sind selten bei gemeinen Leuten, seltener bei Fürsten, sonderlig den eigenmächtigen, vereiniget. Der kluge Fridrich Wilhelm von Preußen konte nicht leicht von andern verleitet werden, den er untersuchte die Sachen selbst, soviel nur dem sorgfältigsten Fürsten möglig war: weise solte er heißen, wen er das Wohl seiner Unterthanen zum einigen Zwekke seiner Herschaft gemacht hätte; er belästigte sie aber, mer als nöthig war, mit Auflagen, um Schäze zusamlen, und mit Kriegesanstalten, mitten im Frieden; er gab mit seinen Einrichtungen das Muster, wie alles aufs künstligste nach dem Eigennuze des Fürsten und nach krigerischen Absichten einzurichten sei, andere ahmeten häufig nach, übertrieben auch, was bei ihm noch einigermaßen erträglich war: es

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Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 862. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/874>, abgerufen am 23.11.2024.