Peters 1 Bruderstochter, die verwitwete Herzogin von Kurland, Anna Iwanovna, erwelet unter der Bedingung, daß sie sich der unumschränkten Gewalt begeben und nichts ohne den Reichsrath vornemen solte; welche Bedingung aber auf der Leibwache Verlangen wieder aufgehoben wurde. In Dänemark war 1730 Fridriche 4 sein Sohn Christian 6 gefolget, ein frommer Fürst, welcher die unumschränkte Gewalt nicht misbrauchen wolte, deßen Güte aber, bei mäßiger Einsicht, leicht von andern konte gemisbrauchet werden, zum Schaden des Ganzen: den eine strenge Tugend und grosser Verstand sind selten bei gemeinen Leuten, seltener bei Fürsten, sonderlig den eigenmächtigen, vereiniget. Der kluge Fridrich Wilhelm von Preußen konte nicht leicht von andern verleitet werden, den er untersuchte die Sachen selbst, soviel nur dem sorgfältigsten Fürsten möglig war: weise solte er heißen, wen er das Wohl seiner Unterthanen zum einigen Zwekke seiner Herschaft gemacht hätte; er belästigte sie aber, mer als nöthig war, mit Auflagen, um Schäze zusamlen, und mit Kriegesanstalten, mitten im Frieden; er gab mit seinen Einrichtungen das Muster, wie alles aufs künstligste nach dem Eigennuze des Fürsten und nach krigerischen Absichten einzurichten sei, andere ahmeten häufig nach, übertrieben auch, was bei ihm noch einigermaßen erträglich war: es
Peters 1 Bruderstochter, die verwitwete Herzogin von Kurland, Anna Iwanovna, erwelet unter der Bedingung, daß sie sich der unumschränkten Gewalt begeben und nichts ohne den Reichsrath vornemen solte; welche Bedingung aber auf der Leibwache Verlangen wieder aufgehoben wurde. In Dänemark war 1730 Fridriche 4 sein Sohn Christian 6 gefolget, ein frommer Fürst, welcher die unumschränkte Gewalt nicht misbrauchen wolte, deßen Güte aber, bei mäßiger Einsicht, leicht von andern konte gemisbrauchet werden, zum Schaden des Ganzen: den eine strenge Tugend und grosser Verstand sind selten bei gemeinen Leuten, seltener bei Fürsten, sonderlig den eigenmächtigen, vereiniget. Der kluge Fridrich Wilhelm von Preußen konte nicht leicht von andern verleitet werden, den er untersuchte die Sachen selbst, soviel nur dem sorgfältigsten Fürsten möglig war: weise solte er heißen, wen er das Wohl seiner Unterthanen zum einigen Zwekke seiner Herschaft gemacht hätte; er belästigte sie aber, mer als nöthig war, mit Auflagen, um Schäze zusamlen, und mit Kriegesanstalten, mitten im Frieden; er gab mit seinen Einrichtungen das Muster, wie alles aufs künstligste nach dem Eigennuze des Fürsten und nach krigerischen Absichten einzurichten sei, andere ahmeten häufig nach, übertrieben auch, was bei ihm noch einigermaßen erträglich war: es
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0874"n="862"/>
Peters 1 Bruderstochter, die verwitwete Herzogin von Kurland, Anna Iwanovna, erwelet unter der Bedingung, daß sie sich der unumschränkten Gewalt begeben und nichts ohne den Reichsrath vornemen solte; welche Bedingung aber auf der Leibwache Verlangen wieder aufgehoben wurde. In Dänemark war 1730 Fridriche 4 sein Sohn Christian 6 gefolget, ein frommer Fürst, welcher die unumschränkte Gewalt nicht misbrauchen wolte, deßen Güte aber, bei mäßiger Einsicht, leicht von andern konte gemisbrauchet werden, zum Schaden des Ganzen: den eine strenge Tugend und grosser Verstand sind selten bei gemeinen Leuten, seltener bei Fürsten, sonderlig den eigenmächtigen, vereiniget. Der kluge Fridrich Wilhelm von Preußen konte nicht leicht von andern verleitet werden, den er untersuchte die Sachen selbst, soviel nur dem sorgfältigsten Fürsten möglig war: weise solte er heißen, wen er das Wohl seiner Unterthanen zum einigen Zwekke seiner Herschaft gemacht hätte; er belästigte sie aber, mer als nöthig war, mit Auflagen, um Schäze zusamlen, und mit Kriegesanstalten, mitten im Frieden; er gab mit seinen Einrichtungen das Muster, wie alles aufs künstligste nach dem Eigennuze des Fürsten und nach krigerischen Absichten einzurichten sei, andere ahmeten häufig nach, übertrieben auch, was bei ihm noch einigermaßen erträglich war: es
</p></div></body></text></TEI>
[862/0874]
Peters 1 Bruderstochter, die verwitwete Herzogin von Kurland, Anna Iwanovna, erwelet unter der Bedingung, daß sie sich der unumschränkten Gewalt begeben und nichts ohne den Reichsrath vornemen solte; welche Bedingung aber auf der Leibwache Verlangen wieder aufgehoben wurde. In Dänemark war 1730 Fridriche 4 sein Sohn Christian 6 gefolget, ein frommer Fürst, welcher die unumschränkte Gewalt nicht misbrauchen wolte, deßen Güte aber, bei mäßiger Einsicht, leicht von andern konte gemisbrauchet werden, zum Schaden des Ganzen: den eine strenge Tugend und grosser Verstand sind selten bei gemeinen Leuten, seltener bei Fürsten, sonderlig den eigenmächtigen, vereiniget. Der kluge Fridrich Wilhelm von Preußen konte nicht leicht von andern verleitet werden, den er untersuchte die Sachen selbst, soviel nur dem sorgfältigsten Fürsten möglig war: weise solte er heißen, wen er das Wohl seiner Unterthanen zum einigen Zwekke seiner Herschaft gemacht hätte; er belästigte sie aber, mer als nöthig war, mit Auflagen, um Schäze zusamlen, und mit Kriegesanstalten, mitten im Frieden; er gab mit seinen Einrichtungen das Muster, wie alles aufs künstligste nach dem Eigennuze des Fürsten und nach krigerischen Absichten einzurichten sei, andere ahmeten häufig nach, übertrieben auch, was bei ihm noch einigermaßen erträglich war: es
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
Ligaturen werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.
Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 862. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/874>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.