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Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

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Nachfolger im Reiche heißen wolte und wen solche Benennung ihm in Schriften beigeleget war, mit finsterer Stirn und schrekliger Stimme, rief: wie lange noch Cäsar? Endlig wolte er auch als ein anderer Romulus für einen Sohn des Kriegesgottes Mars gehalten und also genant sein: doch dieses mehr in folgenden Zeiten. Die Christen fing er an gleich nach dem Siege über die Perser in seinem Heere und Gebiete zuverfolgen: wozu ihn seine Mutter anreizte, die, wie er selbst, dem Gözendienste sehr ergeben war und sonderlig die Göttin der Berge eifrig verehrete; da sie fast alle Tage opferte und Opfermahlzeiten anstellete, so nam sie sehr übel, daß die Christen indes lieber fasten und beten wolten, da sie mit Heiden schmausete. Diocletian aber, der bis jezt den Christen nicht abgeneigt war, 300wolte 300 der entstandenen Theurung durch bloßen Befehl abhelfen, da er niedrige Preise für die Lebensmittel bestimte: dis hatte eine so wiedrige Würkung, daß Hungersnoth erfolgte; weil jeder, was er noch besas, verbarg. Ein unumschränkter Fürst bildet sich leicht eine Almacht ein, hält sich für berechtigt und vermögend alles durch seinen Befehl zuordnen, wilkürlig den Zusammenhang der Dinge und ihren Lauf zuändern, auch dem Gewißen und Gottesdienste Grenzen zu sezen.

Nachfolger im Reiche heißen wolte und wen solche Benennung ihm in Schriften beigeleget war, mit finsterer Stirn und schrekliger Stimme, rief: wie lange noch Cäsar? Endlig wolte er auch als ein anderer Romulus für einen Sohn des Kriegesgottes Mars gehalten und also genant sein: doch dieses mehr in folgenden Zeiten. Die Christen fing er an gleich nach dem Siege über die Perser in seinem Heere und Gebiete zuverfolgen: wozu ihn seine Mutter anreizte, die, wie er selbst, dem Gözendienste sehr ergeben war und sonderlig die Göttin der Berge eifrig verehrete; da sie fast alle Tage opferte und Opfermahlzeiten anstellete, so nam sie sehr übel, daß die Christen indes lieber fasten und beten wolten, da sie mit Heiden schmausete. Diocletian aber, der bis jezt den Christen nicht abgeneigt war, 300wolte 300 der entstandenen Theurung durch bloßen Befehl abhelfen, da er niedrige Preise für die Lebensmittel bestimte: dis hatte eine so wiedrige Würkung, daß Hungersnoth erfolgte; weil jeder, was er noch besas, verbarg. Ein unumschränkter Fürst bildet sich leicht eine Almacht ein, hält sich für berechtigt und vermögend alles durch seinen Befehl zuordnen, wilkürlig den Zusammenhang der Dinge und ihren Lauf zuändern, auch dem Gewißen und Gottesdienste Grenzen zu sezen.

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[20/0032] Nachfolger im Reiche heißen wolte und wen solche Benennung ihm in Schriften beigeleget war, mit finsterer Stirn und schrekliger Stimme, rief: wie lange noch Cäsar? Endlig wolte er auch als ein anderer Romulus für einen Sohn des Kriegesgottes Mars gehalten und also genant sein: doch dieses mehr in folgenden Zeiten. Die Christen fing er an gleich nach dem Siege über die Perser in seinem Heere und Gebiete zuverfolgen: wozu ihn seine Mutter anreizte, die, wie er selbst, dem Gözendienste sehr ergeben war und sonderlig die Göttin der Berge eifrig verehrete; da sie fast alle Tage opferte und Opfermahlzeiten anstellete, so nam sie sehr übel, daß die Christen indes lieber fasten und beten wolten, da sie mit Heiden schmausete. Diocletian aber, der bis jezt den Christen nicht abgeneigt war, wolte 300 der entstandenen Theurung durch bloßen Befehl abhelfen, da er niedrige Preise für die Lebensmittel bestimte: dis hatte eine so wiedrige Würkung, daß Hungersnoth erfolgte; weil jeder, was er noch besas, verbarg. Ein unumschränkter Fürst bildet sich leicht eine Almacht ein, hält sich für berechtigt und vermögend alles durch seinen Befehl zuordnen, wilkürlig den Zusammenhang der Dinge und ihren Lauf zuändern, auch dem Gewißen und Gottesdienste Grenzen zu sezen. 300

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Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/32>, abgerufen am 22.11.2024.