Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

von der Warheit es ihm an gnugsamer Fähteken und Nachdenken selete. Die Einbildung von der Heiligkeit eines ehelosen Münchslebens herschte allenthalben: zu Rom herschte auch bereits die Meinung von des dasigen Bischofs Unfelbarkeit, götligem Rechte zur Oberherschaft über alle Gemeinen, mit verkehrter Anwendung der an Petrum ergangenen Ausspruchs, auf diesen Felsen wil ich meine Gemeine bauen, und der Versichrung, ich habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre; auch von dieser Meinung war Gregorius eingenommen, und wurde daher eine Stüze des Papstthums bevor er noch selbst Papst wurde, wie nach ihm viele redlige Männer, als dieser Irthum algemein worden war. Da die Pflicht eines Mönchs mit sich brachte den Bischöfen, sonderlig dem zu Rom, zugehorchen, so nöthigte ihn der Papst Pelagius 579 sein Kloster auf einige Zeit zuverlaßen und als ein Bote des Stuls nach Constantinopel zugehen: nachdem er 584 von da mit einigen vermeinten Yberbleibseln verstorbener Heiligen zurükgekommen war, muste er Pelagio ferner, auch in der verlangten Einsamkeit, als Geheimschreiber dienen, so oft solches die Geschäfte erforderten: er wurde Abt seines Klosters und hielt alsdan so strenge über die eingefürten Vorschristen des Mönchslebens, daß er einen Bruder, der nicht alles Eigenthum aufgegeben, sondern drei Geld-

von der Warheit es ihm an gnugsamer Fähteken und Nachdenken selete. Die Einbildung von der Heiligkeit eines ehelosen Münchslebens herschte allenthalben: zu Rom herschte auch bereits die Meinung von des dasigen Bischofs Unfelbarkeit, götligem Rechte zur Oberherschaft über alle Gemeinen, mit verkehrter Anwendung der an Petrum ergangenen Ausspruchs, auf diesen Felsen wil ich meine Gemeine bauen, und der Versichrung, ich habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre; auch von dieser Meinung war Gregorius eingenommen, und wurde daher eine Stüze des Papstthums bevor er noch selbst Papst wurde, wie nach ihm viele redlige Männer, als dieser Irthum algemein worden war. Da die Pflicht eines Mönchs mit sich brachte den Bischöfen, sonderlig dem zu Rom, zugehorchen, so nöthigte ihn der Papst Pelagius 579 sein Kloster auf einige Zeit zuverlaßen und als ein Bote des Stuls nach Constantinopel zugehen: nachdem er 584 von da mit einigen vermeinten Yberbleibseln verstorbener Heiligen zurükgekommen war, muste er Pelagio ferner, auch in der verlangten Einsamkeit, als Geheimschreiber dienen, so oft solches die Geschäfte erforderten: er wurde Abt seines Klosters und hielt alsdan so strenge über die eingefürten Vorschristen des Mönchslebens, daß er einen Bruder, der nicht alles Eigenthum aufgegeben, sondern drei Geld-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0185" n="173"/>
von der Warheit es ihm an gnugsamer Fähteken und                      Nachdenken selete. Die Einbildung von der Heiligkeit eines ehelosen Münchslebens                      herschte allenthalben: zu Rom herschte auch bereits die Meinung von des dasigen                      Bischofs Unfelbarkeit, götligem Rechte zur Oberherschaft über alle Gemeinen, mit                      verkehrter Anwendung der an Petrum ergangenen Ausspruchs, auf diesen Felsen wil                      ich meine Gemeine bauen, und der Versichrung, ich habe für dich gebeten, daß                      dein Glaube nicht aufhöre; auch von dieser Meinung war Gregorius eingenommen,                      und wurde daher eine Stüze des Papstthums bevor er noch selbst Papst wurde, wie                      nach ihm viele redlige Männer, als dieser Irthum algemein worden war. Da die                      Pflicht eines Mönchs mit sich brachte den Bischöfen, sonderlig dem zu Rom,                      zugehorchen, so nöthigte ihn der Papst Pelagius 579 sein Kloster auf einige Zeit                      zuverlaßen und als ein Bote des Stuls nach Constantinopel zugehen: nachdem er                      584 von da mit einigen vermeinten Yberbleibseln verstorbener Heiligen                      zurükgekommen war, muste er Pelagio ferner, auch in der verlangten Einsamkeit,                      als Geheimschreiber dienen, so oft solches die Geschäfte erforderten: er wurde                      Abt seines Klosters und hielt alsdan so strenge über die eingefürten                      Vorschristen des Mönchslebens, daß er einen Bruder, der nicht alles Eigenthum                      aufgegeben, sondern drei Geld-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0185] von der Warheit es ihm an gnugsamer Fähteken und Nachdenken selete. Die Einbildung von der Heiligkeit eines ehelosen Münchslebens herschte allenthalben: zu Rom herschte auch bereits die Meinung von des dasigen Bischofs Unfelbarkeit, götligem Rechte zur Oberherschaft über alle Gemeinen, mit verkehrter Anwendung der an Petrum ergangenen Ausspruchs, auf diesen Felsen wil ich meine Gemeine bauen, und der Versichrung, ich habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre; auch von dieser Meinung war Gregorius eingenommen, und wurde daher eine Stüze des Papstthums bevor er noch selbst Papst wurde, wie nach ihm viele redlige Männer, als dieser Irthum algemein worden war. Da die Pflicht eines Mönchs mit sich brachte den Bischöfen, sonderlig dem zu Rom, zugehorchen, so nöthigte ihn der Papst Pelagius 579 sein Kloster auf einige Zeit zuverlaßen und als ein Bote des Stuls nach Constantinopel zugehen: nachdem er 584 von da mit einigen vermeinten Yberbleibseln verstorbener Heiligen zurükgekommen war, muste er Pelagio ferner, auch in der verlangten Einsamkeit, als Geheimschreiber dienen, so oft solches die Geschäfte erforderten: er wurde Abt seines Klosters und hielt alsdan so strenge über die eingefürten Vorschristen des Mönchslebens, daß er einen Bruder, der nicht alles Eigenthum aufgegeben, sondern drei Geld-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/185
Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/185>, abgerufen am 04.05.2024.