Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

gang zuerkante vor allen andern Bischöfen, weil dieses die Hauptstadt sei: Simplicius wiedersezte sich heftig, leugnete, daß der Vorzug der Kirchen von dem Vorzuge der Städte abhinge, behauptete, daß die neue Verordnung den Kirchengesezen gänzlig zuwieder sei: er wich aber selbst von den Kirchengesezen ab, und sezte sich, seiner Vorfaren Beispiele, über dieselben hinaus, da er den Bischof zu Sevilien zu seinen Stathalter in Spanien ernante, dem zu Ravenna hingegen die Erzbischöfligen Vorrechte zunemen drohete, als ob sie von ihm verliehen wären: allerdings irrete man zu Constantinopel in der Meinung, daß bei Abmane des westligen Reichs auch das römische Bischofthum gefallen wäre; man verfur nochmals etwas behutsamer und suchte Simplicium in guter Gesinnung zuerhalten. Um diese Zeit wurden almälig die Kirchengüter getheilet, unter den Bischof, die Kirchendiener das Kirchengebäude und die Armen. Richomer zerfiel endlig mit Anthemio, 472bekriegte ihn 472 durch die ausländischen Völker, so er unter sich hatte, schlug deßen Heer, eroberte und plünderte Rom, nam ihn daselbst gefangen und lies ihn den 11 Julii umbringen, Olybrium hingegen zum Kaiser ausrufen, welcher die jüngere Tochter Valentiniani 3 zur Gemalin hatte. Hierauf starb Ricimer im September und nachdem Olybrius an seiner Stat Gundebalden, den burgundischen König, zum Feldherrn er-

gang zuerkante vor allen andern Bischöfen, weil dieses die Hauptstadt sei: Simplicius wiedersezte sich heftig, leugnete, daß der Vorzug der Kirchen von dem Vorzuge der Städte abhinge, behauptete, daß die neue Verordnung den Kirchengesezen gänzlig zuwieder sei: er wich aber selbst von den Kirchengesezen ab, und sezte sich, seiner Vorfaren Beispiele, über dieselben hinaus, da er den Bischof zu Sevilien zu seinen Stathalter in Spanien ernante, dem zu Ravenna hingegen die Erzbischöfligen Vorrechte zunemen drohete, als ob sie von ihm verliehen wären: allerdings irrete man zu Constantinopel in der Meinung, daß bei Abmane des westligen Reichs auch das römische Bischofthum gefallen wäre; man verfur nochmals etwas behutsamer und suchte Simplicium in guter Gesinnung zuerhalten. Um diese Zeit wurden almälig die Kirchengüter getheilet, unter den Bischof, die Kirchendiener das Kirchengebäude und die Armen. Richomer zerfiel endlig mit Anthemio, 472bekriegte ihn 472 durch die ausländischen Völker, so er unter sich hatte, schlug deßen Heer, eroberte und plünderte Rom, nam ihn daselbst gefangen und lies ihn den 11 Julii umbringen, Olybrium hingegen zum Kaiser ausrufen, welcher die jüngere Tochter Valentiniani 3 zur Gemalin hatte. Hierauf starb Ricimer im September und nachdem Olybrius an seiner Stat Gundebalden, den burgundischen König, zum Feldherrn er-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0156" n="144"/>
gang zuerkante vor allen andern Bischöfen,                      weil dieses die Hauptstadt sei: Simplicius wiedersezte sich heftig, leugnete,                      daß der Vorzug der Kirchen von dem Vorzuge der Städte abhinge, behauptete, daß                      die neue Verordnung den Kirchengesezen gänzlig zuwieder sei: er wich aber selbst                      von den Kirchengesezen ab, und sezte sich, seiner Vorfaren Beispiele, über                      dieselben hinaus, da er den Bischof zu Sevilien zu seinen Stathalter in Spanien                      ernante, dem zu Ravenna hingegen die Erzbischöfligen Vorrechte zunemen drohete,                      als ob sie von ihm verliehen wären: allerdings irrete man zu Constantinopel in                      der Meinung, daß bei Abmane des westligen Reichs auch das römische Bischofthum                      gefallen wäre; man verfur nochmals etwas behutsamer und suchte Simplicium in                      guter Gesinnung zuerhalten. Um diese Zeit wurden almälig die Kirchengüter                      getheilet, unter den Bischof, die Kirchendiener das Kirchengebäude und die                      Armen. Richomer zerfiel endlig mit Anthemio, <note place="left">472</note>bekriegte ihn 472 durch die ausländischen Völker, so er unter sich                      hatte, schlug deßen Heer, eroberte und plünderte Rom, nam ihn daselbst gefangen                      und lies ihn den 11 Julii umbringen, Olybrium hingegen zum Kaiser ausrufen,                      welcher die jüngere Tochter Valentiniani 3 zur Gemalin hatte. Hierauf starb                      Ricimer im September und nachdem Olybrius an seiner Stat Gundebalden, den                      burgundischen König, zum Feldherrn er-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0156] gang zuerkante vor allen andern Bischöfen, weil dieses die Hauptstadt sei: Simplicius wiedersezte sich heftig, leugnete, daß der Vorzug der Kirchen von dem Vorzuge der Städte abhinge, behauptete, daß die neue Verordnung den Kirchengesezen gänzlig zuwieder sei: er wich aber selbst von den Kirchengesezen ab, und sezte sich, seiner Vorfaren Beispiele, über dieselben hinaus, da er den Bischof zu Sevilien zu seinen Stathalter in Spanien ernante, dem zu Ravenna hingegen die Erzbischöfligen Vorrechte zunemen drohete, als ob sie von ihm verliehen wären: allerdings irrete man zu Constantinopel in der Meinung, daß bei Abmane des westligen Reichs auch das römische Bischofthum gefallen wäre; man verfur nochmals etwas behutsamer und suchte Simplicium in guter Gesinnung zuerhalten. Um diese Zeit wurden almälig die Kirchengüter getheilet, unter den Bischof, die Kirchendiener das Kirchengebäude und die Armen. Richomer zerfiel endlig mit Anthemio, bekriegte ihn 472 durch die ausländischen Völker, so er unter sich hatte, schlug deßen Heer, eroberte und plünderte Rom, nam ihn daselbst gefangen und lies ihn den 11 Julii umbringen, Olybrium hingegen zum Kaiser ausrufen, welcher die jüngere Tochter Valentiniani 3 zur Gemalin hatte. Hierauf starb Ricimer im September und nachdem Olybrius an seiner Stat Gundebalden, den burgundischen König, zum Feldherrn er- 472

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/156
Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/156>, abgerufen am 04.05.2024.