So still und schläfrig auch alles um mich her scheinet, [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] wachet doch der Ruhm des Allerhöchsten noch auf unzähligen Li[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] pen. Und doch übersehe ich nur einen sehr kleinen Theil des gro[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] sen Schauplatzes, auf welchem die Ehre Gottes erschallet. Inden ich mir jetzt Beschirmung für die Nacht erflehe, so stehen andr[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] Völker auf, und erbitten sich, in unterschiedlichen Sprachen und Stellungen, den Beistand des unsichtbaren Herrn für den ange[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] fangenen Tag. Andre Nationen und Bewohner der Inseln lech- zen in der Mittagssonne nach Schatten, und noch andre in käl- tern Erdstrichen schlafen anjetzt unter der Hand Gottes den tief- sten Mitternachtsschlaf.
Ich darf bei den Gesängen des Himmels nicht gleichgültig seyn, und das Beispiel meiner betenden Mitknechte muß mich zur Andacht anfeuern. Mag es doch in rauher Sprache seyn, mag doch auch manche Thorheit bei den Gebeten mancher Völker mit unterlaufen: du Herr! siehest ja nur auf das Herz. Du ver- stehest die murmelnde Seufzer des geplagten Regers, und der Freudentanz des dir dankenden ehrlichen Amerikaners ist dir wol nicht so thörigt, als uns. Welch ein reizender Anblick muß es nicht für Engel und selige Geister seyn, wenn sie sehen, wie eine Nation nach der andern von ihrem Lager sich erhebt, und nach ih- rer Mundart und bestmöglichsten Begriffen eben das sagt, wovon der Himmel in Ewigkeit erschallet, nemlich: daß Gott die Güte selber ist, und nur durch ihn die Kreatur glücklich werden kan!
Schleuß dich denn an, mein Herz! an diesen Kreis der Betenden. Hier ist Stillschweigen Mißklang in der allgemeinen Harmonie. Anfänger in der Frömmigkeit mögen nur bitten; Engel nur loben: ich will beides thun. Ja, ich danke dir, All- genugsamer! daß du diesen Tag auch bis auf mich herab dein väterliches Auge neigtest! Ich bin und bleibe zu geringe aller Barmherzigkeit, die du mir bis hieher erwiesen hast. So lobe dich Himmel und Erde, denn du bist Gott! Nun noch Eine Bitte: erhalt mich in deiner Gnade um Jesu willen! Amen.
Der
Der 27te Januar.
So ſtill und ſchlaͤfrig auch alles um mich her ſcheinet, [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] wachet doch der Ruhm des Allerhoͤchſten noch auf unzaͤhligen Li[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] pen. Und doch uͤberſehe ich nur einen ſehr kleinen Theil des gro[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] ſen Schauplatzes, auf welchem die Ehre Gottes erſchallet. Inden ich mir jetzt Beſchirmung fuͤr die Nacht erflehe, ſo ſtehen andr[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] Voͤlker auf, und erbitten ſich, in unterſchiedlichen Sprachen und Stellungen, den Beiſtand des unſichtbaren Herrn fuͤr den ange[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] fangenen Tag. Andre Nationen und Bewohner der Inſeln lech- zen in der Mittagsſonne nach Schatten, und noch andre in kaͤl- tern Erdſtrichen ſchlafen anjetzt unter der Hand Gottes den tief- ſten Mitternachtsſchlaf.
Ich darf bei den Geſaͤngen des Himmels nicht gleichguͤltig ſeyn, und das Beiſpiel meiner betenden Mitknechte muß mich zur Andacht anfeuern. Mag es doch in rauher Sprache ſeyn, mag doch auch manche Thorheit bei den Gebeten mancher Voͤlker mit unterlaufen: du Herr! ſieheſt ja nur auf das Herz. Du ver- ſteheſt die murmelnde Seufzer des geplagten Regers, und der Freudentanz des dir dankenden ehrlichen Amerikaners iſt dir wol nicht ſo thoͤrigt, als uns. Welch ein reizender Anblick muß es nicht fuͤr Engel und ſelige Geiſter ſeyn, wenn ſie ſehen, wie eine Nation nach der andern von ihrem Lager ſich erhebt, und nach ih- rer Mundart und beſtmoͤglichſten Begriffen eben das ſagt, wovon der Himmel in Ewigkeit erſchallet, nemlich: daß Gott die Guͤte ſelber iſt, und nur durch ihn die Kreatur gluͤcklich werden kan!
Schleuß dich denn an, mein Herz! an dieſen Kreis der Betenden. Hier iſt Stillſchweigen Mißklang in der allgemeinen Harmonie. Anfaͤnger in der Froͤmmigkeit moͤgen nur bitten; Engel nur loben: ich will beides thun. Ja, ich danke dir, All- genugſamer! daß du dieſen Tag auch bis auf mich herab dein vaͤterliches Auge neigteſt! Ich bin und bleibe zu geringe aller Barmherzigkeit, die du mir bis hieher erwieſen haſt. So lobe dich Himmel und Erde, denn du biſt Gott! Nun noch Eine Bitte: erhalt mich in deiner Gnade um Jeſu willen! Amen.
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[56[86]/0093]
Der 27te Januar.
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Voͤlker auf, und erbitten ſich, in unterſchiedlichen Sprachen und
Stellungen, den Beiſtand des unſichtbaren Herrn fuͤr den ange_
fangenen Tag. Andre Nationen und Bewohner der Inſeln lech-
zen in der Mittagsſonne nach Schatten, und noch andre in kaͤl-
tern Erdſtrichen ſchlafen anjetzt unter der Hand Gottes den tief-
ſten Mitternachtsſchlaf.
Ich darf bei den Geſaͤngen des Himmels nicht gleichguͤltig
ſeyn, und das Beiſpiel meiner betenden Mitknechte muß mich zur
Andacht anfeuern. Mag es doch in rauher Sprache ſeyn, mag
doch auch manche Thorheit bei den Gebeten mancher Voͤlker mit
unterlaufen: du Herr! ſieheſt ja nur auf das Herz. Du ver-
ſteheſt die murmelnde Seufzer des geplagten Regers, und der
Freudentanz des dir dankenden ehrlichen Amerikaners iſt dir wol
nicht ſo thoͤrigt, als uns. Welch ein reizender Anblick muß es
nicht fuͤr Engel und ſelige Geiſter ſeyn, wenn ſie ſehen, wie eine
Nation nach der andern von ihrem Lager ſich erhebt, und nach ih-
rer Mundart und beſtmoͤglichſten Begriffen eben das ſagt, wovon
der Himmel in Ewigkeit erſchallet, nemlich: daß Gott die Guͤte
ſelber iſt, und nur durch ihn die Kreatur gluͤcklich werden kan!
Schleuß dich denn an, mein Herz! an dieſen Kreis der
Betenden. Hier iſt Stillſchweigen Mißklang in der allgemeinen
Harmonie. Anfaͤnger in der Froͤmmigkeit moͤgen nur bitten;
Engel nur loben: ich will beides thun. Ja, ich danke dir, All-
genugſamer! daß du dieſen Tag auch bis auf mich herab dein
vaͤterliches Auge neigteſt! Ich bin und bleibe zu geringe aller
Barmherzigkeit, die du mir bis hieher erwieſen haſt. So lobe
dich Himmel und Erde, denn du biſt Gott! Nun noch Eine
Bitte: erhalt mich in deiner Gnade um Jeſu willen! Amen.
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Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 56[86]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/93>, abgerufen am 24.11.2024.
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