Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

Der 12te April.
zeitlichen Vortheilen und Vergnügungen: diese wünsche i[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
stundenlang beweinen zu können! Was hilft es mir, daß [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
manchen Abend andächtig beschloß, mich deiner Gnade e[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
und Besserung angelobte? Oder, daß ich im Morgengebet a[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Christ dachte und sprach: wenn ich am Tage meine Gelübd[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
gaß, und durch wiederholten Leichtsinn alle jene Andachtsüb[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
zu einer Spötterei machte! Und wie weit bin ich Wankelmü[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
denn nun gekommen? Jch ließ den Himmel los und grif nach[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Erde: diese aber entzog sich mir hönisch, ließ mich mit leeren H[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
den stehen, und so war ich von allen Seiten verlassen. Die V[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
spottete meiner, und dir, mein Vater! durfte ich Ueberläufer[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
nicht klagen! Gewiß, auch meine äussern Umstände würden [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
besser seyn, wenn ich niemals bei der Welt gebettelt, sondern [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
kindlich meine Bedürfnisse empfolen hätte! Meine tausendmal a[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
geänderten Entwürfe haben mir am Ende -- einen Fehl gebore[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Jch könte jetzt wie ein Engel danken: nun aber muß ich wie e[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Sünder klagen! Und wo höret meine Flatterhaftigkeit, wo mein[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Klagen auf?

Herr! richte mich nicht nach meiner Thorheit! Deine Gnade[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
müsse über mich beständiger seyn, als meine Frömmigkeit. Die-
sen Abend beschlösse ich nun so, wie es dir gefällig ist: sehe ich aber
auf die kommenden Tage meines Lebens, so höre ich schon das
Brausen ihrer Wogen, welche mich, ohne deinen Beistand, wie
einen Strohhalm umher treiben werden. Und wohin am Ende? --
Christe! du Lamm Gottes, der du trägest die Sünden der Welt;
erbarm dich meiner, und gib mir deinen Frieden! Erhalt mein
Herz bei dem Einigen daß ich deinen Namen fürchte! Wollen
mich die Wellen meiner Leidenschaften dir abermals entführen, so
ruf mich zärtlich oder drohend: Adam wo bist du! Laß mich jetzt
mit dem Trost einschlafen, daß ich von nun an gesetzter seyn, und
dir ganz angehören werde. Jch will morgen, ich will öfters dir
und mir Rechenschaft ablegen: ob mein heutiges Gebet auf mich
gewürket habe!

Der

Der 12te April.
zeitlichen Vortheilen und Vergnuͤgungen: dieſe wuͤnſche i[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
ſtundenlang beweinen zu koͤnnen! Was hilft es mir, daß [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
manchen Abend andaͤchtig beſchloß, mich deiner Gnade e[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
und Beſſerung angelobte? Oder, daß ich im Morgengebet a[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Chriſt dachte und ſprach: wenn ich am Tage meine Geluͤbd[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
gaß, und durch wiederholten Leichtſinn alle jene Andachtsuͤb[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
zu einer Spoͤtterei machte! Und wie weit bin ich Wankelmuͤ[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
denn nun gekommen? Jch ließ den Himmel los und grif nach[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Erde: dieſe aber entzog ſich mir hoͤniſch, ließ mich mit leeren H[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
den ſtehen, und ſo war ich von allen Seiten verlaſſen. Die V[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
ſpottete meiner, und dir, mein Vater! durfte ich Ueberlaͤufer[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
nicht klagen! Gewiß, auch meine aͤuſſern Umſtaͤnde wuͤrden [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
beſſer ſeyn, wenn ich niemals bei der Welt gebettelt, ſondern [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
kindlich meine Beduͤrfniſſe empfolen haͤtte! Meine tauſendmal a[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
geaͤnderten Entwuͤrfe haben mir am Ende — einen Fehl gebore[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Jch koͤnte jetzt wie ein Engel danken: nun aber muß ich wie e[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Suͤnder klagen! Und wo hoͤret meine Flatterhaftigkeit, wo mein[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Klagen auf?

Herr! richte mich nicht nach meiner Thorheit! Deine Gnade[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
muͤſſe uͤber mich beſtaͤndiger ſeyn, als meine Froͤmmigkeit. Die-
ſen Abend beſchloͤſſe ich nun ſo, wie es dir gefaͤllig iſt: ſehe ich aber
auf die kommenden Tage meines Lebens, ſo hoͤre ich ſchon das
Brauſen ihrer Wogen, welche mich, ohne deinen Beiſtand, wie
einen Strohhalm umher treiben werden. Und wohin am Ende? —
Chriſte! du Lamm Gottes, der du traͤgeſt die Suͤnden der Welt;
erbarm dich meiner, und gib mir deinen Frieden! Erhalt mein
Herz bei dem Einigen daß ich deinen Namen fuͤrchte! Wollen
mich die Wellen meiner Leidenſchaften dir abermals entfuͤhren, ſo
ruf mich zaͤrtlich oder drohend: Adam wo biſt du! Laß mich jetzt
mit dem Troſt einſchlafen, daß ich von nun an geſetzter ſeyn, und
dir ganz angehoͤren werde. Jch will morgen, ich will oͤfters dir
und mir Rechenſchaft ablegen: ob mein heutiges Gebet auf mich
gewuͤrket habe!

Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0251" n="214[244]"/><fw place="top" type="header">Der 12<hi rendition="#sup">te</hi> April.</fw><lb/>
zeitlichen Vortheilen und Vergnu&#x0364;gungen: die&#x017F;e wu&#x0364;n&#x017F;che i<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
&#x017F;tundenlang beweinen zu ko&#x0364;nnen! Was hilft es mir, daß <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
manchen Abend anda&#x0364;chtig be&#x017F;chloß, mich deiner Gnade e<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
und Be&#x017F;&#x017F;erung angelobte? Oder, daß ich im Morgengebet a<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
Chri&#x017F;t dachte und &#x017F;prach: wenn ich am Tage meine Gelu&#x0364;bd<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
gaß, und durch wiederholten Leicht&#x017F;inn alle jene Andachtsu&#x0364;b<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
zu einer Spo&#x0364;tterei machte! Und wie weit bin ich Wankelmu&#x0364;<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
denn nun gekommen? Jch ließ den Himmel los und grif nach<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
Erde: die&#x017F;e aber entzog &#x017F;ich mir ho&#x0364;ni&#x017F;ch, ließ mich mit leeren H<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
den &#x017F;tehen, und &#x017F;o war ich von allen Seiten verla&#x017F;&#x017F;en. Die V<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
&#x017F;pottete meiner, und dir, mein Vater! durfte ich Ueberla&#x0364;ufer<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
nicht klagen! Gewiß, auch meine a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern Um&#x017F;ta&#x0364;nde wu&#x0364;rden <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eyn, wenn ich niemals bei der Welt gebettelt, &#x017F;ondern <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
kindlich meine Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e empfolen ha&#x0364;tte! Meine tau&#x017F;endmal a<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
gea&#x0364;nderten Entwu&#x0364;rfe haben mir am Ende &#x2014; einen Fehl gebore<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
Jch ko&#x0364;nte jetzt wie ein Engel danken: nun aber muß ich wie e<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
Su&#x0364;nder klagen! Und wo ho&#x0364;ret meine Flatterhaftigkeit, wo mein<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
Klagen auf?</p><lb/>
            <p>Herr! richte mich nicht nach meiner Thorheit! Deine Gnade<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/><lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e u&#x0364;ber mich be&#x017F;ta&#x0364;ndiger &#x017F;eyn, als meine Fro&#x0364;mmigkeit. Die-<lb/>
&#x017F;en Abend be&#x017F;chlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ich nun &#x017F;o, wie es dir gefa&#x0364;llig i&#x017F;t: &#x017F;ehe ich aber<lb/>
auf die kommenden Tage meines Lebens, &#x017F;o ho&#x0364;re ich &#x017F;chon das<lb/>
Brau&#x017F;en ihrer Wogen, welche mich, ohne deinen Bei&#x017F;tand, wie<lb/>
einen Strohhalm umher treiben werden. Und wohin am Ende? &#x2014;<lb/>
Chri&#x017F;te! du Lamm Gottes, der du tra&#x0364;ge&#x017F;t die Su&#x0364;nden der Welt;<lb/>
erbarm dich meiner, und gib mir deinen Frieden! Erhalt mein<lb/>
Herz bei dem Einigen daß ich deinen Namen fu&#x0364;rchte! Wollen<lb/>
mich die Wellen meiner Leiden&#x017F;chaften dir abermals entfu&#x0364;hren, &#x017F;o<lb/>
ruf mich za&#x0364;rtlich oder drohend: Adam wo bi&#x017F;t du! Laß mich jetzt<lb/>
mit dem Tro&#x017F;t ein&#x017F;chlafen, daß ich von nun an ge&#x017F;etzter &#x017F;eyn, und<lb/>
dir ganz angeho&#x0364;ren werde. Jch will morgen, ich will o&#x0364;fters dir<lb/>
und mir Rechen&#x017F;chaft ablegen: ob mein heutiges Gebet auf mich<lb/>
gewu&#x0364;rket habe!</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214[244]/0251] Der 12te April. zeitlichen Vortheilen und Vergnuͤgungen: dieſe wuͤnſche i_ ſtundenlang beweinen zu koͤnnen! Was hilft es mir, daß _ manchen Abend andaͤchtig beſchloß, mich deiner Gnade e_ und Beſſerung angelobte? Oder, daß ich im Morgengebet a_ Chriſt dachte und ſprach: wenn ich am Tage meine Geluͤbd_ gaß, und durch wiederholten Leichtſinn alle jene Andachtsuͤb_ zu einer Spoͤtterei machte! Und wie weit bin ich Wankelmuͤ_ denn nun gekommen? Jch ließ den Himmel los und grif nach_ Erde: dieſe aber entzog ſich mir hoͤniſch, ließ mich mit leeren H_ den ſtehen, und ſo war ich von allen Seiten verlaſſen. Die V_ ſpottete meiner, und dir, mein Vater! durfte ich Ueberlaͤufer_ nicht klagen! Gewiß, auch meine aͤuſſern Umſtaͤnde wuͤrden _ beſſer ſeyn, wenn ich niemals bei der Welt gebettelt, ſondern _ kindlich meine Beduͤrfniſſe empfolen haͤtte! Meine tauſendmal a_ geaͤnderten Entwuͤrfe haben mir am Ende — einen Fehl gebore_ Jch koͤnte jetzt wie ein Engel danken: nun aber muß ich wie e_ Suͤnder klagen! Und wo hoͤret meine Flatterhaftigkeit, wo mein_ Klagen auf? Herr! richte mich nicht nach meiner Thorheit! Deine Gnade_ muͤſſe uͤber mich beſtaͤndiger ſeyn, als meine Froͤmmigkeit. Die- ſen Abend beſchloͤſſe ich nun ſo, wie es dir gefaͤllig iſt: ſehe ich aber auf die kommenden Tage meines Lebens, ſo hoͤre ich ſchon das Brauſen ihrer Wogen, welche mich, ohne deinen Beiſtand, wie einen Strohhalm umher treiben werden. Und wohin am Ende? — Chriſte! du Lamm Gottes, der du traͤgeſt die Suͤnden der Welt; erbarm dich meiner, und gib mir deinen Frieden! Erhalt mein Herz bei dem Einigen daß ich deinen Namen fuͤrchte! Wollen mich die Wellen meiner Leidenſchaften dir abermals entfuͤhren, ſo ruf mich zaͤrtlich oder drohend: Adam wo biſt du! Laß mich jetzt mit dem Troſt einſchlafen, daß ich von nun an geſetzter ſeyn, und dir ganz angehoͤren werde. Jch will morgen, ich will oͤfters dir und mir Rechenſchaft ablegen: ob mein heutiges Gebet auf mich gewuͤrket habe! Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-05-24T12:24:22Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/251
Zitationshilfe: Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 214[244]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/251>, abgerufen am 02.10.2024.