So weit Herr! deine Himmel reichen, Reicht deine Huld, die uns erhält! Eh werden Berg und Hügel weichen, Als deine Gnade wankt und fällt.
Unbegreiflicher! ich zittre für Verwunderung und Freude, wenn ich an deine Langmuth gedenke. Wie ist es möglich, daß du des Verzeihens nicht müde wirst! Du vergleichst deine Liebe gegen uns mit der Liebe zärtlicher Mütter und Väter gegen ihre Kinder. Aber diese feurige Zärtlichkeit ist nur ein Schatten von deiner Liebe gegen uns. Keine Sprache, vieleicht reicht der Verstand der Engel nicht hin, diese deine Eigenschaft würdig auszudrücken. Auf Erden wird nichts so geliebt und gesucht, als es unsre See- len von dir werden. Daß du donnerst ist begreiflich: aber warum du Sündern bittend nachgehest, mag selbst im Himmel ein Ge- heimniß seyn. Dornen gehören für unsre verwilderte Erde: du aber schickst ihr den Frühling mit Blumen und grünender Saat!
Die leichte Vergebung bei Gott erweichet das Herz busfertiger Sünder bis zu dankbaren Thränen. Und hätte ein [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]öllischer Verbrecher ganz allein so viel gesündiget, als alle Kin- [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] Adams zusammen genommen. Hätte er seinen Landesherrn, [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]e Eltern, dein Wort, das Blut Jesu mit Füssen getreten; [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] tausend Menschen ermordet, verführet und zur Hölle ge- [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]kt; wäre er so ruchlos, daß selbst die Hölle sich seiner schämte [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]or seiner Ankunft schauderte: -- sein Herz darf nur sagen [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]ill! und die ganze Scene verändert sich. Mit einer Art von [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]acht rufet dieser Elende: es werde Licht in meiner Seele! [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]s wird. Er winkt: und der heilige Geist verdoppelt sein
An-
Der 16te Maͤrz.
So weit Herr! deine Himmel reichen, Reicht deine Huld, die uns erhaͤlt! Eh werden Berg und Huͤgel weichen, Als deine Gnade wankt und faͤllt.
Unbegreiflicher! ich zittre fuͤr Verwunderung und Freude, wenn ich an deine Langmuth gedenke. Wie iſt es moͤglich, daß du des Verzeihens nicht muͤde wirſt! Du vergleichſt deine Liebe gegen uns mit der Liebe zaͤrtlicher Muͤtter und Vaͤter gegen ihre Kinder. Aber dieſe feurige Zaͤrtlichkeit iſt nur ein Schatten von deiner Liebe gegen uns. Keine Sprache, vieleicht reicht der Verſtand der Engel nicht hin, dieſe deine Eigenſchaft wuͤrdig auszudruͤcken. Auf Erden wird nichts ſo geliebt und geſucht, als es unſre See- len von dir werden. Daß du donnerſt iſt begreiflich: aber warum du Suͤndern bittend nachgeheſt, mag ſelbſt im Himmel ein Ge- heimniß ſeyn. Dornen gehoͤren fuͤr unſre verwilderte Erde: du aber ſchickſt ihr den Fruͤhling mit Blumen und gruͤnender Saat!
Die leichte Vergebung bei Gott erweichet das Herz busfertiger Suͤnder bis zu dankbaren Thraͤnen. Und haͤtte ein [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]oͤlliſcher Verbrecher ganz allein ſo viel geſuͤndiget, als alle Kin- [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] Adams zuſammen genommen. Haͤtte er ſeinen Landesherrn, [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]e Eltern, dein Wort, das Blut Jeſu mit Fuͤſſen getreten; [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] tauſend Menſchen ermordet, verfuͤhret und zur Hoͤlle ge- [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]kt; waͤre er ſo ruchlos, daß ſelbſt die Hoͤlle ſich ſeiner ſchaͤmte [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]or ſeiner Ankunft ſchauderte: — ſein Herz darf nur ſagen [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ill! und die ganze Scene veraͤndert ſich. Mit einer Art von [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]acht rufet dieſer Elende: es werde Licht in meiner Seele! [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]s wird. Er winkt: und der heilige Geiſt verdoppelt ſein
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[157[187]/0194]
Der 16te Maͤrz.
So weit Herr! deine Himmel reichen,
Reicht deine Huld, die uns erhaͤlt!
Eh werden Berg und Huͤgel weichen,
Als deine Gnade wankt und faͤllt.
Unbegreiflicher! ich zittre fuͤr Verwunderung und Freude, wenn
ich an deine Langmuth gedenke. Wie iſt es moͤglich, daß du
des Verzeihens nicht muͤde wirſt! Du vergleichſt deine Liebe gegen
uns mit der Liebe zaͤrtlicher Muͤtter und Vaͤter gegen ihre Kinder.
Aber dieſe feurige Zaͤrtlichkeit iſt nur ein Schatten von deiner Liebe
gegen uns. Keine Sprache, vieleicht reicht der Verſtand der
Engel nicht hin, dieſe deine Eigenſchaft wuͤrdig auszudruͤcken.
Auf Erden wird nichts ſo geliebt und geſucht, als es unſre See-
len von dir werden. Daß du donnerſt iſt begreiflich: aber warum
du Suͤndern bittend nachgeheſt, mag ſelbſt im Himmel ein Ge-
heimniß ſeyn. Dornen gehoͤren fuͤr unſre verwilderte Erde: du
aber ſchickſt ihr den Fruͤhling mit Blumen und gruͤnender Saat!
Die leichte Vergebung bei Gott erweichet das Herz
busfertiger Suͤnder bis zu dankbaren Thraͤnen. Und haͤtte ein
_oͤlliſcher Verbrecher ganz allein ſo viel geſuͤndiget, als alle Kin-
_ Adams zuſammen genommen. Haͤtte er ſeinen Landesherrn,
_e Eltern, dein Wort, das Blut Jeſu mit Fuͤſſen getreten;
_ tauſend Menſchen ermordet, verfuͤhret und zur Hoͤlle ge-
_kt; waͤre er ſo ruchlos, daß ſelbſt die Hoͤlle ſich ſeiner ſchaͤmte
_or ſeiner Ankunft ſchauderte: — ſein Herz darf nur ſagen
_ill! und die ganze Scene veraͤndert ſich. Mit einer Art von
_acht rufet dieſer Elende: es werde Licht in meiner Seele!
_s wird. Er winkt: und der heilige Geiſt verdoppelt ſein
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Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 157[187]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/194>, abgerufen am 23.11.2024.
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