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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.

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Der 14te März.
die friedfertige Chinesen, unsre uns zur Last fallende Kinde[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
hungern lassen, oder von uns jagen. Die Kürze unsers L[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
ist wahres Glück. Heut zu Tage wären die Methusalah[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Schrecken für ihre Kinder ins dritte, geschweige ins zehnte E[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Würden sie nicht ihre Kasten verschliessen, und ihre arbeit[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Kinder mit leeren Händen um sich her stehen lassen? Wü[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
nicht Reichthum und Vermögen in halb todten Händen seyn [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]

Je länger wir nachdenken, desto mehr Harmonie [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Weisheit finden wir, wo der Blödsichtige nichts als Ungestalt[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
erblickt. So gar die Freigeisterei hat der christlichen Relig[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Vortheil verschaft. Man hat ihre Grundsäulen näher un[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
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den. Gewitter und Stürme bringen ein gesundes und fruch[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
bares Jahr, und Hunger würzet die Speisen.

So regierte Gott von je her. Der Kindermord zu Beth[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
lehem war gleichsam die Losung, daß jedermann nach dem Meßia[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
fragte. Ja, hatte nicht selbst die Verrätherei des Judas selig[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Folgen für uns? -- Wer wolte demnach Gott tadeln, der so[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
wenig Schierling als Rosen ohne gütige Absichten schuf! Alles,
was ich sagen kan, ist, daß mancher steile Berg, oder mühsame
Morast, für mich eben von keinem Nutzen sey. Aber wer weiß,
wie vielen Tausenden er noch einst nach Jahrhunderten in einem
Kriege Leben und Gesundheit erhalten wird, indem er zwei hitzige
Heere von einander trennt.

Der eigennützige Sünder mag klagen und murren: ich finde
alle Kreatur ihrer Absicht gemäß, und alles, was Gott veran-
staltet, schön. Wie könte ich ihn sonst lieben und hochschätzen?
Ich bin jetzt müde und frostiger: aber eben deshalb werde ich
desto sanfter schlafen. Ich bin betrübt über meine heutige Feh-
ler: aber desto leichter werden sie mir vergeben. Ja, vergib sie
mir, o Jesu! auf daß ich morgen froh erwachen, und treuer dir
leben möge!

Der

Der 14te Maͤrz.
die friedfertige Chineſen, unſre uns zur Laſt fallende Kinde[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
hungern laſſen, oder von uns jagen. Die Kuͤrze unſers L[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
iſt wahres Gluͤck. Heut zu Tage waͤren die Methuſalah[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Schrecken fuͤr ihre Kinder ins dritte, geſchweige ins zehnte E[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
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was ich ſagen kan, iſt, daß mancher ſteile Berg, oder muͤhſame
Moraſt, fuͤr mich eben von keinem Nutzen ſey. Aber wer weiß,
wie vielen Tauſenden er noch einſt nach Jahrhunderten in einem
Kriege Leben und Geſundheit erhalten wird, indem er zwei hitzige
Heere von einander trennt.

Der eigennuͤtzige Suͤnder mag klagen und murren: ich finde
alle Kreatur ihrer Abſicht gemaͤß, und alles, was Gott veran-
ſtaltet, ſchoͤn. Wie koͤnte ich ihn ſonſt lieben und hochſchaͤtzen?
Ich bin jetzt muͤde und froſtiger: aber eben deshalb werde ich
deſto ſanfter ſchlafen. Ich bin betruͤbt uͤber meine heutige Feh-
ler: aber deſto leichter werden ſie mir vergeben. Ja, vergib ſie
mir, o Jeſu! auf daß ich morgen froh erwachen, und treuer dir
leben moͤge!

Der
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[154[184]/0191] Der 14te Maͤrz. die friedfertige Chineſen, unſre uns zur Laſt fallende Kinde_ hungern laſſen, oder von uns jagen. Die Kuͤrze unſers L_ iſt wahres Gluͤck. Heut zu Tage waͤren die Methuſalah_ Schrecken fuͤr ihre Kinder ins dritte, geſchweige ins zehnte E_ Wuͤrden ſie nicht ihre Kaſten verſchlieſſen, und ihre arbeit_ Kinder mit leeren Haͤnden um ſich her ſtehen laſſen? Wuͤ_ nicht Reichthum und Vermoͤgen in halb todten Haͤnden ſeyn _ Je laͤnger wir nachdenken, deſto mehr Harmonie _ Weisheit finden wir, wo der Bloͤdſichtige nichts als Ungeſtalt_ erblickt. So gar die Freigeiſterei hat der chriſtlichen Relig_ Vortheil verſchaft. Man hat ihre Grundſaͤulen naͤher un_ ſucht, und ſie nach weggeraͤumtem Schutt, unbeweglich gefu_ den. Gewitter und Stuͤrme bringen ein geſundes und fruch_ bares Jahr, und Hunger wuͤrzet die Speiſen. So regierte Gott von je her. Der Kindermord zu Beth_ lehem war gleichſam die Loſung, daß jedermann nach dem Meßia_ fragte. Ja, hatte nicht ſelbſt die Verraͤtherei des Judas ſelig_ Folgen fuͤr uns? — Wer wolte demnach Gott tadeln, der ſo_ wenig Schierling als Roſen ohne guͤtige Abſichten ſchuf! Alles, was ich ſagen kan, iſt, daß mancher ſteile Berg, oder muͤhſame Moraſt, fuͤr mich eben von keinem Nutzen ſey. Aber wer weiß, wie vielen Tauſenden er noch einſt nach Jahrhunderten in einem Kriege Leben und Geſundheit erhalten wird, indem er zwei hitzige Heere von einander trennt. Der eigennuͤtzige Suͤnder mag klagen und murren: ich finde alle Kreatur ihrer Abſicht gemaͤß, und alles, was Gott veran- ſtaltet, ſchoͤn. Wie koͤnte ich ihn ſonſt lieben und hochſchaͤtzen? Ich bin jetzt muͤde und froſtiger: aber eben deshalb werde ich deſto ſanfter ſchlafen. Ich bin betruͤbt uͤber meine heutige Feh- ler: aber deſto leichter werden ſie mir vergeben. Ja, vergib ſie mir, o Jeſu! auf daß ich morgen froh erwachen, und treuer dir leben moͤge! Der

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Zitationshilfe: Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 154[184]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/191>, abgerufen am 13.06.2024.