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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.

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Der 4te Februar
Schlaf nicht mehr gehörte. Sie beklagen sich nicht selten [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
über, als über ein schweres Kreuz, das Gott über sie verhän[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Jedoch, ich sehe auch bei ihren Leiden nichts als Weisheit [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Güte Gottes. So heilsam Säuglingen der Schlaf ist, so g[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
fährlich ist er Greisen. Daher weckt sie der Allgütige beständig[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
und ruft ihnen zu: ach! wolt ihr jetzt schlafen? Wachet und betet[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
daß ihr nicht in Anfechtung fallet! Jeder Glockenschlag wird von[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
ihnen unrecht verstanden, wenn sie in ihm nicht die Stimme hö-
ren: Adam, wo bist du? Der Husten, die Bangigkeit, wodurch
sie geweckt werden, spricht nachdrücklich: Wache auf, der du
schläfest, denn deine Stunde wird bald kommen! Dein Feind, der
Tod, ist vor der Thür; du darfst keine Stunde mehr sicher schla-
fen: du mußt beten, und dich zur Reise ins Vaterland anschicken!
Du kanst mit deinem Körper wenig mehr arbeiten, also bedarf
er auch weniger Ruhe: aber von deinem reifen Geist erwartet nun
der Himmel gute Früchte, und dazu gehöret Wachsamkeit.

Auch mein Schlaf hat sich schon merklich verloren. Was
heißt das anders: als ich soll nun mehr mit der Seele loben! Je
näher jener Welt, wo niemand schläft noch schlummert: desto
wacher werde ich. Jch will demnach den Wink Gottes hierun-
ter verstehen, und mehr nach Jesum, als nach dem anbrechenden
Morgen verlangen. Jch will bei dieser Schildwache nicht blos
meine häusliche Angelegenheiten durchmustern, sondern weit mehr
für meine Seele sorgen. Zwar sind schlaflose Nächte eine binn
Arznei: aber muß mir nicht die Erde allmälig zum Ekel werden,
wenn ich sie freudig verlassen soll? Und wenn ich denn nun auch
wache bis in die Nacht, und wieder an den Morgen: so wachst
du doch, mein Vater über mir, und siehst gnädig auf die Seuf-
zer deines müden bejahrten Kindes herab. O! du bist gleich
gütig, ich schlafe oder wache. Vom festen Schlaf der Kiudheit
bis zu den überlangen Nächten des Alters meinest du es gut, und
ladest uns zum Himmel ein!

Der

Der 4te Februar
Schlaf nicht mehr gehoͤrte. Sie beklagen ſich nicht ſelten [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
uͤber, als uͤber ein ſchweres Kreuz, das Gott uͤber ſie verhaͤn[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Jedoch, ich ſehe auch bei ihren Leiden nichts als Weisheit [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Guͤte Gottes. So heilſam Saͤuglingen der Schlaf iſt, ſo g[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
faͤhrlich iſt er Greiſen. Daher weckt ſie der Allguͤtige beſtaͤndig[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
und ruft ihnen zu: ach! wolt ihr jetzt ſchlafen? Wachet und betet[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
daß ihr nicht in Anfechtung fallet! Jeder Glockenſchlag wird von[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
ihnen unrecht verſtanden, wenn ſie in ihm nicht die Stimme hoͤ-
ren: Adam, wo biſt du? Der Huſten, die Bangigkeit, wodurch
ſie geweckt werden, ſpricht nachdruͤcklich: Wache auf, der du
ſchlaͤfeſt, denn deine Stunde wird bald kommen! Dein Feind, der
Tod, iſt vor der Thuͤr; du darfſt keine Stunde mehr ſicher ſchla-
fen: du mußt beten, und dich zur Reiſe ins Vaterland anſchicken!
Du kanſt mit deinem Koͤrper wenig mehr arbeiten, alſo bedarf
er auch weniger Ruhe: aber von deinem reifen Geiſt erwartet nun
der Himmel gute Fruͤchte, und dazu gehoͤret Wachſamkeit.

Auch mein Schlaf hat ſich ſchon merklich verloren. Was
heißt das anders: als ich ſoll nun mehr mit der Seele loben! Je
naͤher jener Welt, wo niemand ſchlaͤft noch ſchlummert: deſto
wacher werde ich. Jch will demnach den Wink Gottes hierun-
ter verſtehen, und mehr nach Jeſum, als nach dem anbrechenden
Morgen verlangen. Jch will bei dieſer Schildwache nicht blos
meine haͤusliche Angelegenheiten durchmuſtern, ſondern weit mehr
fuͤr meine Seele ſorgen. Zwar ſind ſchlafloſe Naͤchte eine binn
Arznei: aber muß mir nicht die Erde allmaͤlig zum Ekel werden,
wenn ich ſie freudig verlaſſen ſoll? Und wenn ich denn nun auch
wache bis in die Nacht, und wieder an den Morgen: ſo wachſt
du doch, mein Vater uͤber mir, und ſiehſt gnaͤdig auf die Seuf-
zer deines muͤden bejahrten Kindes herab. O! du biſt gleich
guͤtig, ich ſchlafe oder wache. Vom feſten Schlaf der Kiudheit
bis zu den uͤberlangen Naͤchten des Alters meineſt du es gut, und
ladeſt uns zum Himmel ein!

Der
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[74[104]/0111] Der 4te Februar Schlaf nicht mehr gehoͤrte. Sie beklagen ſich nicht ſelten _ uͤber, als uͤber ein ſchweres Kreuz, das Gott uͤber ſie verhaͤn_ Jedoch, ich ſehe auch bei ihren Leiden nichts als Weisheit _ Guͤte Gottes. So heilſam Saͤuglingen der Schlaf iſt, ſo g_ faͤhrlich iſt er Greiſen. Daher weckt ſie der Allguͤtige beſtaͤndig_ und ruft ihnen zu: ach! wolt ihr jetzt ſchlafen? Wachet und betet_ daß ihr nicht in Anfechtung fallet! Jeder Glockenſchlag wird von_ ihnen unrecht verſtanden, wenn ſie in ihm nicht die Stimme hoͤ- ren: Adam, wo biſt du? Der Huſten, die Bangigkeit, wodurch ſie geweckt werden, ſpricht nachdruͤcklich: Wache auf, der du ſchlaͤfeſt, denn deine Stunde wird bald kommen! Dein Feind, der Tod, iſt vor der Thuͤr; du darfſt keine Stunde mehr ſicher ſchla- fen: du mußt beten, und dich zur Reiſe ins Vaterland anſchicken! Du kanſt mit deinem Koͤrper wenig mehr arbeiten, alſo bedarf er auch weniger Ruhe: aber von deinem reifen Geiſt erwartet nun der Himmel gute Fruͤchte, und dazu gehoͤret Wachſamkeit. Auch mein Schlaf hat ſich ſchon merklich verloren. Was heißt das anders: als ich ſoll nun mehr mit der Seele loben! Je naͤher jener Welt, wo niemand ſchlaͤft noch ſchlummert: deſto wacher werde ich. Jch will demnach den Wink Gottes hierun- ter verſtehen, und mehr nach Jeſum, als nach dem anbrechenden Morgen verlangen. Jch will bei dieſer Schildwache nicht blos meine haͤusliche Angelegenheiten durchmuſtern, ſondern weit mehr fuͤr meine Seele ſorgen. Zwar ſind ſchlafloſe Naͤchte eine binn Arznei: aber muß mir nicht die Erde allmaͤlig zum Ekel werden, wenn ich ſie freudig verlaſſen ſoll? Und wenn ich denn nun auch wache bis in die Nacht, und wieder an den Morgen: ſo wachſt du doch, mein Vater uͤber mir, und ſiehſt gnaͤdig auf die Seuf- zer deines muͤden bejahrten Kindes herab. O! du biſt gleich guͤtig, ich ſchlafe oder wache. Vom feſten Schlaf der Kiudheit bis zu den uͤberlangen Naͤchten des Alters meineſt du es gut, und ladeſt uns zum Himmel ein! Der

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Zitationshilfe: Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 74[104]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/111>, abgerufen am 16.07.2024.