Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

ren todt. Franz bemerkte durch das Fenster
einen weißen runden Arm, eine schöne Hand,
die auf einer Zitter spielte. Indem begeg¬
nete ihm ein alter Mann, der fast achtzig
Jahre alt zu seyn schien, er verließ das
Gartenhaus, und ging durch den Garten
nach dem Wohnhause zurück. Franz trat
in das Zimmer. Das Mädchen legte die
Zitter weg, als sie ihn bemerkte, sie ging
ihm entgegen.

Beide standen sich gegenüber und erstaun¬
ten, beide erkannten sich im Augenblicke.
Franz zitterte, er konnte die Sprache nicht
wiederfinden, die Stunde, die er so oft als
die seligste seines Lebens herbeigewünscht
hatte, überraschte ihn zu unerwartet. Es
war das Wesen, dem er nachgeeilt war,
die er in seinem Geburtsdorfe gesprochen,
die er mit aller Seele liebte, die er verlo¬
ren glaubte. Sie schien fast eben so be¬

ren todt. Franz bemerkte durch das Fenſter
einen weißen runden Arm, eine ſchöne Hand,
die auf einer Zitter ſpielte. Indem begeg¬
nete ihm ein alter Mann, der faſt achtzig
Jahre alt zu ſeyn ſchien, er verließ das
Gartenhaus, und ging durch den Garten
nach dem Wohnhauſe zurück. Franz trat
in das Zimmer. Das Mädchen legte die
Zitter weg, als ſie ihn bemerkte, ſie ging
ihm entgegen.

Beide ſtanden ſich gegenüber und erſtaun¬
ten, beide erkannten ſich im Augenblicke.
Franz zitterte, er konnte die Sprache nicht
wiederfinden, die Stunde, die er ſo oft als
die ſeligſte ſeines Lebens herbeigewünſcht
hatte, überraſchte ihn zu unerwartet. Es
war das Weſen, dem er nachgeeilt war,
die er in ſeinem Geburtsdorfe geſprochen,
die er mit aller Seele liebte, die er verlo¬
ren glaubte. Sie ſchien faſt eben ſo be¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0412" n="404"/>
ren todt. Franz bemerkte durch das Fen&#x017F;ter<lb/>
einen weißen runden Arm, eine &#x017F;chöne Hand,<lb/>
die auf einer Zitter &#x017F;pielte. Indem begeg¬<lb/>
nete ihm ein alter Mann, der fa&#x017F;t achtzig<lb/>
Jahre alt zu &#x017F;eyn &#x017F;chien, er verließ das<lb/>
Gartenhaus, und ging durch den Garten<lb/>
nach dem Wohnhau&#x017F;e zurück. Franz trat<lb/>
in das Zimmer. Das Mädchen legte die<lb/>
Zitter weg, als &#x017F;ie ihn bemerkte, &#x017F;ie ging<lb/>
ihm entgegen.</p><lb/>
          <p>Beide &#x017F;tanden &#x017F;ich gegenüber und er&#x017F;taun¬<lb/>
ten, beide erkannten &#x017F;ich im Augenblicke.<lb/>
Franz zitterte, er konnte die Sprache nicht<lb/>
wiederfinden, die Stunde, die er &#x017F;o oft als<lb/>
die &#x017F;elig&#x017F;te &#x017F;eines Lebens herbeigewün&#x017F;cht<lb/>
hatte, überra&#x017F;chte ihn zu unerwartet. Es<lb/>
war das We&#x017F;en, dem er nachgeeilt war,<lb/>
die er in &#x017F;einem Geburtsdorfe ge&#x017F;prochen,<lb/>
die er mit aller Seele liebte, die er verlo¬<lb/>
ren glaubte. Sie &#x017F;chien fa&#x017F;t eben &#x017F;o be¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[404/0412] ren todt. Franz bemerkte durch das Fenſter einen weißen runden Arm, eine ſchöne Hand, die auf einer Zitter ſpielte. Indem begeg¬ nete ihm ein alter Mann, der faſt achtzig Jahre alt zu ſeyn ſchien, er verließ das Gartenhaus, und ging durch den Garten nach dem Wohnhauſe zurück. Franz trat in das Zimmer. Das Mädchen legte die Zitter weg, als ſie ihn bemerkte, ſie ging ihm entgegen. Beide ſtanden ſich gegenüber und erſtaun¬ ten, beide erkannten ſich im Augenblicke. Franz zitterte, er konnte die Sprache nicht wiederfinden, die Stunde, die er ſo oft als die ſeligſte ſeines Lebens herbeigewünſcht hatte, überraſchte ihn zu unerwartet. Es war das Weſen, dem er nachgeeilt war, die er in ſeinem Geburtsdorfe geſprochen, die er mit aller Seele liebte, die er verlo¬ ren glaubte. Sie ſchien faſt eben ſo be¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/412
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/412>, abgerufen am 23.11.2024.