Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.Ja, die Liebe leiht die mächt'gen Schwingen Von Vergänglichkeit, sie knüpft das Band. Sagt, was wäre Glück, was Liebe? Keiner betete zu ihr Wenn sie ewig bei uns bliebe, Schönheit angefesselt hier. Aber wenn auch keine Trennung droht, Eifersucht und Ungetreue schweigen, Alle sich der Liebe neigen, Fürchten gleich Geliebte keinen Tod -- Ach! Vergänglichkeit knüpft schon die Ketten, Denen kein Entrinnen möglich bleibt, Lieb' und Treue können hier nicht retten, Wenn die harte Zeit Gesetze schreibt. Darum geizen wir nach Küssen, Beugen Schönen unser Knie, Winke, Lippen, Lächeln grüßen Allzuoft zur Freude nie. Als er geendigt hatte, schämte er sich Ja, die Liebe leiht die mächt'gen Schwingen Von Vergänglichkeit, ſie knüpft das Band. Sagt, was wäre Glück, was Liebe? Keiner betete zu ihr Wenn ſie ewig bei uns bliebe, Schönheit angefeſſelt hier. Aber wenn auch keine Trennung droht, Eiferſucht und Ungetreue ſchweigen, Alle ſich der Liebe neigen, Fürchten gleich Geliebte keinen Tod — Ach! Vergänglichkeit knüpft ſchon die Ketten, Denen kein Entrinnen möglich bleibt, Lieb' und Treue können hier nicht retten, Wenn die harte Zeit Geſetze ſchreibt. Darum geizen wir nach Küſſen, Beugen Schönen unſer Knie, Winke, Lippen, Lächeln grüßen Allzuoft zur Freude nie. Als er geendigt hatte, ſchämte er ſich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0378" n="370"/> <lg n="3"> <l>Ja, die Liebe leiht die mächt'gen Schwingen</l><lb/> <l>Von Vergänglichkeit, ſie knüpft das Band.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Sagt, was wäre Glück, was Liebe?</l><lb/> <l>Keiner betete zu ihr</l><lb/> <l>Wenn ſie ewig bei uns bliebe,</l><lb/> <l>Schönheit angefeſſelt hier.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Aber wenn auch keine Trennung droht,</l><lb/> <l>Eiferſucht und Ungetreue ſchweigen,</l><lb/> <l>Alle ſich der Liebe neigen,</l><lb/> <l>Fürchten gleich Geliebte keinen Tod —</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Ach! Vergänglichkeit knüpft ſchon die Ketten,</l><lb/> <l>Denen kein Entrinnen möglich bleibt,</l><lb/> <l>Lieb' und Treue können hier nicht retten,</l><lb/> <l>Wenn die harte Zeit Geſetze ſchreibt.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Darum geizen wir nach Küſſen,</l><lb/> <l>Beugen Schönen unſer Knie,</l><lb/> <l>Winke, Lippen, Lächeln grüßen</l><lb/> <l>Allzuoft zur Freude nie.</l><lb/> </lg> </lg> <p>Als er geendigt hatte, ſchämte er ſich<lb/> ſeines Rauſches, und Ruſtici rief aus:<lb/> Seht, meine Landsleute, da einen Deut¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [370/0378]
Ja, die Liebe leiht die mächt'gen Schwingen
Von Vergänglichkeit, ſie knüpft das Band.
Sagt, was wäre Glück, was Liebe?
Keiner betete zu ihr
Wenn ſie ewig bei uns bliebe,
Schönheit angefeſſelt hier.
Aber wenn auch keine Trennung droht,
Eiferſucht und Ungetreue ſchweigen,
Alle ſich der Liebe neigen,
Fürchten gleich Geliebte keinen Tod —
Ach! Vergänglichkeit knüpft ſchon die Ketten,
Denen kein Entrinnen möglich bleibt,
Lieb' und Treue können hier nicht retten,
Wenn die harte Zeit Geſetze ſchreibt.
Darum geizen wir nach Küſſen,
Beugen Schönen unſer Knie,
Winke, Lippen, Lächeln grüßen
Allzuoft zur Freude nie.
Als er geendigt hatte, ſchämte er ſich
ſeines Rauſches, und Ruſtici rief aus:
Seht, meine Landsleute, da einen Deut¬
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