Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Weltmeer, hier strömen große Flüsse, dort
leiden die heißen Ebenen, die wenigen Pflan¬
zen ersterben aus Mangel am nöthigen Was¬
ser. Einer soll gar nicht dem andern nützen,
jedes Wesen in der Natur ist um sein selbst
willen da. -- Doch, wir müssen über das
Gespräch nicht unsers Gastmahls vergessen.

Er versammelte hierauf die Gesellschaft.
Ein schöner Knabe ging mit einem Korbe
voll großer Blumenkränze herum, jeder
mußte einen davon nehmen und ihn sich
auf die Stirn drücken. Nun setzte man sich
um einen runden Tisch, der auf einem schat¬
tigen kühlen Platze im Garten gedeckt war,
an allen Orten standen schöne Blumen, die
Speisen wurden aufgetragen. Die Gesell¬
schaft nahm sich sehr mahlerisch aus, mit
den großen, vollen, bunten Kränzen, jeder
saß bei seiner Geliebten, Wein ward
herumgegeben, aus den Gebüschen erschall¬

Weltmeer, hier ſtrömen große Flüſſe, dort
leiden die heißen Ebenen, die wenigen Pflan¬
zen erſterben aus Mangel am nöthigen Waſ¬
ſer. Einer ſoll gar nicht dem andern nützen,
jedes Weſen in der Natur iſt um ſein ſelbſt
willen da. — Doch, wir müſſen über das
Geſpräch nicht unſers Gaſtmahls vergeſſen.

Er verſammelte hierauf die Geſellſchaft.
Ein ſchöner Knabe ging mit einem Korbe
voll großer Blumenkränze herum, jeder
mußte einen davon nehmen und ihn ſich
auf die Stirn drücken. Nun ſetzte man ſich
um einen runden Tiſch, der auf einem ſchat¬
tigen kühlen Platze im Garten gedeckt war,
an allen Orten ſtanden ſchöne Blumen, die
Speiſen wurden aufgetragen. Die Geſell¬
ſchaft nahm ſich ſehr mahleriſch aus, mit
den großen, vollen, bunten Kränzen, jeder
ſaß bei ſeiner Geliebten, Wein ward
herumgegeben, aus den Gebüſchen erſchall¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0374" n="366"/>
Weltmeer, hier &#x017F;trömen große Flü&#x017F;&#x017F;e, dort<lb/>
leiden die heißen Ebenen, die wenigen Pflan¬<lb/>
zen er&#x017F;terben aus Mangel am nöthigen Wa&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;er. Einer &#x017F;oll gar nicht dem andern nützen,<lb/>
jedes We&#x017F;en in der Natur i&#x017F;t um &#x017F;ein &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
willen da. &#x2014; Doch, wir mü&#x017F;&#x017F;en über das<lb/>
Ge&#x017F;präch nicht un&#x017F;ers Ga&#x017F;tmahls verge&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Er ver&#x017F;ammelte hierauf die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft.<lb/>
Ein &#x017F;chöner Knabe ging mit einem Korbe<lb/>
voll großer Blumenkränze herum, jeder<lb/>
mußte einen davon nehmen und ihn &#x017F;ich<lb/>
auf die Stirn drücken. Nun &#x017F;etzte man &#x017F;ich<lb/>
um einen runden Ti&#x017F;ch, der auf einem &#x017F;chat¬<lb/>
tigen kühlen Platze im Garten gedeckt war,<lb/>
an allen Orten &#x017F;tanden &#x017F;chöne Blumen, die<lb/>
Spei&#x017F;en wurden aufgetragen. Die Ge&#x017F;ell¬<lb/>
&#x017F;chaft nahm &#x017F;ich &#x017F;ehr mahleri&#x017F;ch aus, mit<lb/>
den großen, vollen, bunten Kränzen, jeder<lb/>
&#x017F;aß bei &#x017F;einer Geliebten, Wein ward<lb/>
herumgegeben, aus den Gebü&#x017F;chen er&#x017F;chall¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[366/0374] Weltmeer, hier ſtrömen große Flüſſe, dort leiden die heißen Ebenen, die wenigen Pflan¬ zen erſterben aus Mangel am nöthigen Waſ¬ ſer. Einer ſoll gar nicht dem andern nützen, jedes Weſen in der Natur iſt um ſein ſelbſt willen da. — Doch, wir müſſen über das Geſpräch nicht unſers Gaſtmahls vergeſſen. Er verſammelte hierauf die Geſellſchaft. Ein ſchöner Knabe ging mit einem Korbe voll großer Blumenkränze herum, jeder mußte einen davon nehmen und ihn ſich auf die Stirn drücken. Nun ſetzte man ſich um einen runden Tiſch, der auf einem ſchat¬ tigen kühlen Platze im Garten gedeckt war, an allen Orten ſtanden ſchöne Blumen, die Speiſen wurden aufgetragen. Die Geſell¬ ſchaft nahm ſich ſehr mahleriſch aus, mit den großen, vollen, bunten Kränzen, jeder ſaß bei ſeiner Geliebten, Wein ward herumgegeben, aus den Gebüſchen erſchall¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/374
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/374>, abgerufen am 27.11.2024.