Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Viertes Kapitel.

Franz blieb länger in Florenz, als er sich
vorgenommen hatte, sein neuer Freund Ca¬
stellani ward krank, und Sternbald war gut¬
herzig genug, ihm Gesellschaft zu leisten, da
jener zu Florenz fast ganz fremde war. Er
konnte den Bitten seiner jungen Frau, der
freundlichen Lenore, sich nicht widersetzen,
und da er in Florenz für seine Kunst noch
genug zu lernen fand, so gereute ihn auch
dieser Abschub nicht.

Es ereignete sich außerdem noch ein
sonderbarer Vorfall. Es fügte sich oft, daß
er bei seinen Besuchen seinen Freund nicht
sprechen konnte, Lenore war dann allein,
und noch ehe er es bemerken konnte, war
er an sie gefesselt. Er kam bald nur, um
sie zu sehn. Lenore schien gegen Franz sehr
gefällig, ihre schalkhaften Augen sahen ihn

Z 2
Viertes Kapitel.

Franz blieb länger in Florenz, als er ſich
vorgenommen hatte, ſein neuer Freund Ca¬
ſtellani ward krank, und Sternbald war gut¬
herzig genug, ihm Geſellſchaft zu leiſten, da
jener zu Florenz faſt ganz fremde war. Er
konnte den Bitten ſeiner jungen Frau, der
freundlichen Lenore, ſich nicht widerſetzen,
und da er in Florenz für ſeine Kunſt noch
genug zu lernen fand, ſo gereute ihn auch
dieſer Abſchub nicht.

Es ereignete ſich außerdem noch ein
ſonderbarer Vorfall. Es fügte ſich oft, daß
er bei ſeinen Beſuchen ſeinen Freund nicht
ſprechen konnte, Lenore war dann allein,
und noch ehe er es bemerken konnte, war
er an ſie gefeſſelt. Er kam bald nur, um
ſie zu ſehn. Lenore ſchien gegen Franz ſehr
gefällig, ihre ſchalkhaften Augen ſahen ihn

Z 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0363" n="355"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Viertes Kapitel.</hi><lb/>
          </head>
          <p><hi rendition="#in">F</hi>ranz blieb länger in Florenz, als er &#x017F;ich<lb/>
vorgenommen hatte, &#x017F;ein neuer Freund Ca¬<lb/>
&#x017F;tellani ward krank, und Sternbald war gut¬<lb/>
herzig genug, ihm Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft zu lei&#x017F;ten, da<lb/>
jener zu Florenz fa&#x017F;t ganz fremde war. Er<lb/>
konnte den Bitten &#x017F;einer jungen Frau, der<lb/>
freundlichen Lenore, &#x017F;ich nicht wider&#x017F;etzen,<lb/>
und da er in Florenz für &#x017F;eine Kun&#x017F;t noch<lb/>
genug zu lernen fand, &#x017F;o gereute ihn auch<lb/>
die&#x017F;er Ab&#x017F;chub nicht.</p><lb/>
          <p>Es ereignete &#x017F;ich außerdem noch ein<lb/>
&#x017F;onderbarer Vorfall. Es fügte &#x017F;ich oft, daß<lb/>
er bei &#x017F;einen Be&#x017F;uchen &#x017F;einen Freund nicht<lb/>
&#x017F;prechen konnte, Lenore war dann allein,<lb/>
und noch ehe er es bemerken konnte, war<lb/>
er an &#x017F;ie gefe&#x017F;&#x017F;elt. Er kam bald nur, um<lb/>
&#x017F;ie zu &#x017F;ehn. Lenore &#x017F;chien gegen Franz &#x017F;ehr<lb/>
gefällig, ihre &#x017F;chalkhaften Augen &#x017F;ahen ihn<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z 2<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[355/0363] Viertes Kapitel. Franz blieb länger in Florenz, als er ſich vorgenommen hatte, ſein neuer Freund Ca¬ ſtellani ward krank, und Sternbald war gut¬ herzig genug, ihm Geſellſchaft zu leiſten, da jener zu Florenz faſt ganz fremde war. Er konnte den Bitten ſeiner jungen Frau, der freundlichen Lenore, ſich nicht widerſetzen, und da er in Florenz für ſeine Kunſt noch genug zu lernen fand, ſo gereute ihn auch dieſer Abſchub nicht. Es ereignete ſich außerdem noch ein ſonderbarer Vorfall. Es fügte ſich oft, daß er bei ſeinen Beſuchen ſeinen Freund nicht ſprechen konnte, Lenore war dann allein, und noch ehe er es bemerken konnte, war er an ſie gefeſſelt. Er kam bald nur, um ſie zu ſehn. Lenore ſchien gegen Franz ſehr gefällig, ihre ſchalkhaften Augen ſahen ihn Z 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/363
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/363>, abgerufen am 27.11.2024.