oft, statt uns zu bemühen, die Worte des andern zu verstehen.
Nachdem Franz eine Weile geschwiegen hatte, fuhr er fort: O, mein Florestan, was ich mir wünsche, in meinem eigenthüm¬ lichen Handwerke das auszudrücken, was mir jetzt Geist und Herz bewegt, diese Fülle der Anmuth, diese ruhige, scherzende Hei¬ terkeit, die mich umgiebt. Mahlen möchte ich es, wie in dem Luftraume sich edle Gei¬ ster bewegen, und durch den Frühling schrei¬ ten, so daß aus dem Bilde ein ewiger Früh¬ ling mit unverwelklichen Blüten prangte, der jedem Auge auch nach meinem Tode neu aufginge und den freundlichen Willkommen entgegenbrächte. Meinst du nicht, daß es dem großen Künstler möglich sey, in einem Historiengemählde, oder auch auf andre Weise einem fremden Herzen das deutlich hinzugeben, was wir jetzt empfinden?
oft, ſtatt uns zu bemühen, die Worte des andern zu verſtehen.
Nachdem Franz eine Weile geſchwiegen hatte, fuhr er fort: O, mein Floreſtan, was ich mir wünſche, in meinem eigenthüm¬ lichen Handwerke das auszudrücken, was mir jetzt Geiſt und Herz bewegt, dieſe Fülle der Anmuth, dieſe ruhige, ſcherzende Hei¬ terkeit, die mich umgiebt. Mahlen möchte ich es, wie in dem Luftraume ſich edle Gei¬ ſter bewegen, und durch den Frühling ſchrei¬ ten, ſo daß aus dem Bilde ein ewiger Früh¬ ling mit unverwelklichen Blüten prangte, der jedem Auge auch nach meinem Tode neu aufginge und den freundlichen Willkommen entgegenbrächte. Meinſt du nicht, daß es dem großen Künſtler möglich ſey, in einem Hiſtoriengemählde, oder auch auf andre Weiſe einem fremden Herzen das deutlich hinzugeben, was wir jetzt empfinden?
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0031"n="23"/>
oft, ſtatt uns zu bemühen, die Worte des<lb/>
andern zu verſtehen.</p><lb/><p>Nachdem Franz eine Weile geſchwiegen<lb/>
hatte, fuhr er fort: O, mein Floreſtan,<lb/>
was ich mir wünſche, in meinem eigenthüm¬<lb/>
lichen Handwerke das auszudrücken, was<lb/>
mir jetzt Geiſt und Herz bewegt, dieſe Fülle<lb/>
der Anmuth, dieſe ruhige, ſcherzende Hei¬<lb/>
terkeit, die mich umgiebt. Mahlen möchte<lb/>
ich es, wie in dem Luftraume ſich edle Gei¬<lb/>ſter bewegen, und durch den Frühling ſchrei¬<lb/>
ten, ſo daß aus dem Bilde ein ewiger Früh¬<lb/>
ling mit unverwelklichen Blüten prangte,<lb/>
der jedem Auge auch nach meinem Tode neu<lb/>
aufginge und den <choice><sic>frenndlichen</sic><corr>freundlichen</corr></choice> Willkommen<lb/>
entgegenbrächte. Meinſt du <choice><sic>uicht</sic><corr>nicht</corr></choice>, daß es<lb/>
dem großen Künſtler möglich ſey, in einem<lb/>
Hiſtoriengemählde, oder auch auf andre<lb/>
Weiſe einem fremden Herzen das deutlich<lb/>
hinzugeben, was wir jetzt empfinden?</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[23/0031]
oft, ſtatt uns zu bemühen, die Worte des
andern zu verſtehen.
Nachdem Franz eine Weile geſchwiegen
hatte, fuhr er fort: O, mein Floreſtan,
was ich mir wünſche, in meinem eigenthüm¬
lichen Handwerke das auszudrücken, was
mir jetzt Geiſt und Herz bewegt, dieſe Fülle
der Anmuth, dieſe ruhige, ſcherzende Hei¬
terkeit, die mich umgiebt. Mahlen möchte
ich es, wie in dem Luftraume ſich edle Gei¬
ſter bewegen, und durch den Frühling ſchrei¬
ten, ſo daß aus dem Bilde ein ewiger Früh¬
ling mit unverwelklichen Blüten prangte,
der jedem Auge auch nach meinem Tode neu
aufginge und den freundlichen Willkommen
entgegenbrächte. Meinſt du nicht, daß es
dem großen Künſtler möglich ſey, in einem
Hiſtoriengemählde, oder auch auf andre
Weiſe einem fremden Herzen das deutlich
hinzugeben, was wir jetzt empfinden?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/31>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.