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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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oft, statt uns zu bemühen, die Worte des
andern zu verstehen.

Nachdem Franz eine Weile geschwiegen
hatte, fuhr er fort: O, mein Florestan,
was ich mir wünsche, in meinem eigenthüm¬
lichen Handwerke das auszudrücken, was
mir jetzt Geist und Herz bewegt, diese Fülle
der Anmuth, diese ruhige, scherzende Hei¬
terkeit, die mich umgiebt. Mahlen möchte
ich es, wie in dem Luftraume sich edle Gei¬
ster bewegen, und durch den Frühling schrei¬
ten, so daß aus dem Bilde ein ewiger Früh¬
ling mit unverwelklichen Blüten prangte,
der jedem Auge auch nach meinem Tode neu
aufginge und den freundlichen Willkommen
entgegenbrächte. Meinst du nicht, daß es
dem großen Künstler möglich sey, in einem
Historiengemählde, oder auch auf andre
Weise einem fremden Herzen das deutlich
hinzugeben, was wir jetzt empfinden?

oft, ſtatt uns zu bemühen, die Worte des
andern zu verſtehen.

Nachdem Franz eine Weile geſchwiegen
hatte, fuhr er fort: O, mein Floreſtan,
was ich mir wünſche, in meinem eigenthüm¬
lichen Handwerke das auszudrücken, was
mir jetzt Geiſt und Herz bewegt, dieſe Fülle
der Anmuth, dieſe ruhige, ſcherzende Hei¬
terkeit, die mich umgiebt. Mahlen möchte
ich es, wie in dem Luftraume ſich edle Gei¬
ſter bewegen, und durch den Frühling ſchrei¬
ten, ſo daß aus dem Bilde ein ewiger Früh¬
ling mit unverwelklichen Blüten prangte,
der jedem Auge auch nach meinem Tode neu
aufginge und den freundlichen Willkommen
entgegenbrächte. Meinſt du nicht, daß es
dem großen Künſtler möglich ſey, in einem
Hiſtoriengemählde, oder auch auf andre
Weiſe einem fremden Herzen das deutlich
hinzugeben, was wir jetzt empfinden?

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[23/0031] oft, ſtatt uns zu bemühen, die Worte des andern zu verſtehen. Nachdem Franz eine Weile geſchwiegen hatte, fuhr er fort: O, mein Floreſtan, was ich mir wünſche, in meinem eigenthüm¬ lichen Handwerke das auszudrücken, was mir jetzt Geiſt und Herz bewegt, dieſe Fülle der Anmuth, dieſe ruhige, ſcherzende Hei¬ terkeit, die mich umgiebt. Mahlen möchte ich es, wie in dem Luftraume ſich edle Gei¬ ſter bewegen, und durch den Frühling ſchrei¬ ten, ſo daß aus dem Bilde ein ewiger Früh¬ ling mit unverwelklichen Blüten prangte, der jedem Auge auch nach meinem Tode neu aufginge und den freundlichen Willkommen entgegenbrächte. Meinſt du nicht, daß es dem großen Künſtler möglich ſey, in einem Hiſtoriengemählde, oder auch auf andre Weiſe einem fremden Herzen das deutlich hinzugeben, was wir jetzt empfinden?

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/31>, abgerufen am 29.03.2024.