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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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gut, er hilft ihm und auf die beste Art, so
daß er mich nichts davon fühlen läßt, ich
werde es ihm zeitlebens nicht vergessen.
Aber warum kann ich nicht mehr für ihn
thun? Warum fiel es mir noch im sechs¬
zehnten Jahre ein, ein Mahler zu werden?
Wenn ich ein ordentliches Handwerk ergrif¬
fen hätte, so könnte ich vielleicht jetzt selber
meinen Vater ernähren. Es dünkt mir thö¬
richt, daß ich an der Ausarbeitung einer Ge¬
schichte arbeite, und indessen alles wirkliche
Leben um mich her vergesse.

Lebe wohl, bleibe gesund. Sey in allen
Dingen glücklich. Liebe immer noch

Deinen Sebastian.

Franz ließ das Blatt sinken und sah
den Himmel an. Sein Freund, Dürer,
Nürnberg und alle ehemaligen bekannten
Gegenstände kamen mit frischer Kraft in
sein Gedächtniß. Ja, ich bin glücklich, rief

gut, er hilft ihm und auf die beſte Art, ſo
daß er mich nichts davon fühlen läßt, ich
werde es ihm zeitlebens nicht vergeſſen.
Aber warum kann ich nicht mehr für ihn
thun? Warum fiel es mir noch im ſechs¬
zehnten Jahre ein, ein Mahler zu werden?
Wenn ich ein ordentliches Handwerk ergrif¬
fen hätte, ſo könnte ich vielleicht jetzt ſelber
meinen Vater ernähren. Es dünkt mir thö¬
richt, daß ich an der Ausarbeitung einer Ge¬
ſchichte arbeite, und indeſſen alles wirkliche
Leben um mich her vergeſſe.

Lebe wohl, bleibe geſund. Sey in allen
Dingen glücklich. Liebe immer noch

Deinen Sebaſtian.

Franz ließ das Blatt ſinken und ſah
den Himmel an. Sein Freund, Dürer,
Nürnberg und alle ehemaligen bekannten
Gegenſtände kamen mit friſcher Kraft in
ſein Gedächtniß. Ja, ich bin glücklich, rief

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[281/0289] gut, er hilft ihm und auf die beſte Art, ſo daß er mich nichts davon fühlen läßt, ich werde es ihm zeitlebens nicht vergeſſen. Aber warum kann ich nicht mehr für ihn thun? Warum fiel es mir noch im ſechs¬ zehnten Jahre ein, ein Mahler zu werden? Wenn ich ein ordentliches Handwerk ergrif¬ fen hätte, ſo könnte ich vielleicht jetzt ſelber meinen Vater ernähren. Es dünkt mir thö¬ richt, daß ich an der Ausarbeitung einer Ge¬ ſchichte arbeite, und indeſſen alles wirkliche Leben um mich her vergeſſe. Lebe wohl, bleibe geſund. Sey in allen Dingen glücklich. Liebe immer noch Deinen Sebaſtian. Franz ließ das Blatt ſinken und ſah den Himmel an. Sein Freund, Dürer, Nürnberg und alle ehemaligen bekannten Gegenſtände kamen mit friſcher Kraft in ſein Gedächtniß. Ja, ich bin glücklich, rief

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/289>, abgerufen am 22.11.2024.