erzeugt sich statt der Fülle einer göttlichen Religion eine dürre vernünftige Leerheit, die alle Herzen schmachtend zurückläßt, der ewige Strom voll großer Bilder und kolossaler Lichtgestalten trocknet aus, die dürre gleich¬ gültige Welt bleibt zurück und einzeln, zer¬ stückt, und mit ohnmächtigen Kämpfen muß das wieder erobert werden, was verloren ist, das Reich der Geister ist entflohen, und nur einzelne Engel kehren zurück.
Du bist ein Prophet geworden, sagte Roderigo, seht, meine Freunde, er hat die ägyptische Weisheit heimgebracht.
Wie könnt Ihr nur, sagte der Pilgrim, so weise und so thörichte Dinge in einem Athem sprechen und verrichten? Sollte man Euch diese frommen Gemüthsbewegungen zu¬ trauen? --
Rudolf stand auf und gab dem Ludo¬ viko die Hand, und sagte: Wollt Ihr mein
erzeugt ſich ſtatt der Fülle einer göttlichen Religion eine dürre vernünftige Leerheit, die alle Herzen ſchmachtend zurückläßt, der ewige Strom voll großer Bilder und koloſſaler Lichtgeſtalten trocknet aus, die dürre gleich¬ gültige Welt bleibt zurück und einzeln, zer¬ ſtückt, und mit ohnmächtigen Kämpfen muß das wieder erobert werden, was verloren iſt, das Reich der Geiſter iſt entflohen, und nur einzelne Engel kehren zurück.
Du biſt ein Prophet geworden, ſagte Roderigo, ſeht, meine Freunde, er hat die ägyptiſche Weisheit heimgebracht.
Wie könnt Ihr nur, ſagte der Pilgrim, ſo weiſe und ſo thörichte Dinge in einem Athem ſprechen und verrichten? Sollte man Euch dieſe frommen Gemüthsbewegungen zu¬ trauen? —
Rudolf ſtand auf und gab dem Ludo¬ viko die Hand, und ſagte: Wollt Ihr mein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0258"n="250"/>
erzeugt ſich ſtatt der Fülle einer göttlichen<lb/>
Religion eine dürre vernünftige Leerheit, die<lb/>
alle Herzen ſchmachtend zurückläßt, der ewige<lb/>
Strom voll großer Bilder und koloſſaler<lb/>
Lichtgeſtalten trocknet aus, die dürre gleich¬<lb/>
gültige Welt bleibt zurück und einzeln, zer¬<lb/>ſtückt, und mit ohnmächtigen Kämpfen muß<lb/>
das wieder erobert werden, was verloren<lb/>
iſt, das Reich der Geiſter iſt entflohen, und<lb/>
nur einzelne Engel kehren zurück.</p><lb/><p>Du biſt ein Prophet geworden, ſagte<lb/>
Roderigo, ſeht, meine Freunde, er hat die<lb/>
ägyptiſche Weisheit heimgebracht.</p><lb/><p>Wie könnt Ihr nur, ſagte der Pilgrim,<lb/>ſo weiſe und ſo thörichte Dinge in einem<lb/>
Athem ſprechen und verrichten? Sollte man<lb/>
Euch dieſe frommen Gemüthsbewegungen zu¬<lb/>
trauen? —</p><lb/><p>Rudolf ſtand auf und gab dem Ludo¬<lb/>
viko die Hand, und ſagte: Wollt Ihr mein<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[250/0258]
erzeugt ſich ſtatt der Fülle einer göttlichen
Religion eine dürre vernünftige Leerheit, die
alle Herzen ſchmachtend zurückläßt, der ewige
Strom voll großer Bilder und koloſſaler
Lichtgeſtalten trocknet aus, die dürre gleich¬
gültige Welt bleibt zurück und einzeln, zer¬
ſtückt, und mit ohnmächtigen Kämpfen muß
das wieder erobert werden, was verloren
iſt, das Reich der Geiſter iſt entflohen, und
nur einzelne Engel kehren zurück.
Du biſt ein Prophet geworden, ſagte
Roderigo, ſeht, meine Freunde, er hat die
ägyptiſche Weisheit heimgebracht.
Wie könnt Ihr nur, ſagte der Pilgrim,
ſo weiſe und ſo thörichte Dinge in einem
Athem ſprechen und verrichten? Sollte man
Euch dieſe frommen Gemüthsbewegungen zu¬
trauen? —
Rudolf ſtand auf und gab dem Ludo¬
viko die Hand, und ſagte: Wollt Ihr mein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/258>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.