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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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habe mich selbst zuweilen geübt, dergleichen
Leute darzustellen, und es niemals unterlas¬
sen, diese Seltsamkeiten in das hellste Licht
zu stellen. Es fällt gewiß schwer, Mensch
wie die übrigen zu bleiben, wenn man sein
Leben damit zubringt, etwas zu thun und
zu treiben, wovon ein jeder glaubt, daß es
übermenschlich sey: in jedem Augenblicke zu
fühlen, daß man mit dem übrigen Menschen¬
geschlechte eben nicht weiter zusammenhänge.
Diese Sterblichen leben nur in Tönen, in
Zeichen, gleichsam in einem Luftreviere wie
Feen und Kobolde, es ist nur scheinbar,
wenn man sie glaubt die Erde betreten zu
sehen.

Ihr mögt in einiger Hinsicht nicht Un¬
recht haben, sagte Franz.

Wer sich der Kunst ergiebt, sagte jener
weiter, muß das, was er als Mensch ist
und seyn könnte, aufopfern. Was aber das

habe mich ſelbſt zuweilen geübt, dergleichen
Leute darzuſtellen, und es niemals unterlaſ¬
ſen, dieſe Seltſamkeiten in das hellſte Licht
zu ſtellen. Es fällt gewiß ſchwer, Menſch
wie die übrigen zu bleiben, wenn man ſein
Leben damit zubringt, etwas zu thun und
zu treiben, wovon ein jeder glaubt, daß es
übermenſchlich ſey: in jedem Augenblicke zu
fühlen, daß man mit dem übrigen Menſchen¬
geſchlechte eben nicht weiter zuſammenhänge.
Dieſe Sterblichen leben nur in Tönen, in
Zeichen, gleichſam in einem Luftreviere wie
Feen und Kobolde, es iſt nur ſcheinbar,
wenn man ſie glaubt die Erde betreten zu
ſehen.

Ihr mögt in einiger Hinſicht nicht Un¬
recht haben, ſagte Franz.

Wer ſich der Kunſt ergiebt, ſagte jener
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[237/0245] habe mich ſelbſt zuweilen geübt, dergleichen Leute darzuſtellen, und es niemals unterlaſ¬ ſen, dieſe Seltſamkeiten in das hellſte Licht zu ſtellen. Es fällt gewiß ſchwer, Menſch wie die übrigen zu bleiben, wenn man ſein Leben damit zubringt, etwas zu thun und zu treiben, wovon ein jeder glaubt, daß es übermenſchlich ſey: in jedem Augenblicke zu fühlen, daß man mit dem übrigen Menſchen¬ geſchlechte eben nicht weiter zuſammenhänge. Dieſe Sterblichen leben nur in Tönen, in Zeichen, gleichſam in einem Luftreviere wie Feen und Kobolde, es iſt nur ſcheinbar, wenn man ſie glaubt die Erde betreten zu ſehen. Ihr mögt in einiger Hinſicht nicht Un¬ recht haben, ſagte Franz. Wer ſich der Kunſt ergiebt, ſagte jener weiter, muß das, was er als Menſch iſt und ſeyn könnte, aufopfern. Was aber das

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/245>, abgerufen am 23.11.2024.