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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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Wiese läßt, die Sonne steigt herauf, und
ganz in der Ferne wirst Du ein kleines
ländliches Haus gewahr, mit rothem freund¬
lichen Dache, das gegen das Grün der Bü¬
sche und der Wiese lebhaft absticht, so er¬
regt schon diese Einsamkeit ohne alle leben¬
dige Gestalten eine wehmüthige, unbegreif¬
fliche Empfindung in Dir.

Am meisten ist mir das, was ich so oft
von der Mahlerei wünsche, bei allegorischen
Gemählden einleuchtend, sagte Rudolf.

Gut, daß Du mich daran erinnerst!
rief Franz aus, hier ist recht der Ort, wo
der Mahler seine große Imagination, sei¬
nen Sinn für die Magie der Kunst offen¬
baren kann: hier kann er gleichsam über die
Gränzen seiner Kunst hinausschreiten, und
mit dem Dichter wetteifern. Die Begeben¬
heit, die Figuren sind ihm nur Nebensache,
und doch machen sie das Bild, es ist Ruhe

und

Wieſe läßt, die Sonne ſteigt herauf, und
ganz in der Ferne wirſt Du ein kleines
ländliches Haus gewahr, mit rothem freund¬
lichen Dache, das gegen das Grün der Bü¬
ſche und der Wieſe lebhaft abſticht, ſo er¬
regt ſchon dieſe Einſamkeit ohne alle leben¬
dige Geſtalten eine wehmüthige, unbegreif¬
fliche Empfindung in Dir.

Am meiſten iſt mir das, was ich ſo oft
von der Mahlerei wünſche, bei allegoriſchen
Gemählden einleuchtend, ſagte Rudolf.

Gut, daß Du mich daran erinnerſt!
rief Franz aus, hier iſt recht der Ort, wo
der Mahler ſeine große Imagination, ſei¬
nen Sinn für die Magie der Kunſt offen¬
baren kann: hier kann er gleichſam über die
Gränzen ſeiner Kunſt hinausſchreiten, und
mit dem Dichter wetteifern. Die Begeben¬
heit, die Figuren ſind ihm nur Nebenſache,
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[176/0184] Wieſe läßt, die Sonne ſteigt herauf, und ganz in der Ferne wirſt Du ein kleines ländliches Haus gewahr, mit rothem freund¬ lichen Dache, das gegen das Grün der Bü¬ ſche und der Wieſe lebhaft abſticht, ſo er¬ regt ſchon dieſe Einſamkeit ohne alle leben¬ dige Geſtalten eine wehmüthige, unbegreif¬ fliche Empfindung in Dir. Am meiſten iſt mir das, was ich ſo oft von der Mahlerei wünſche, bei allegoriſchen Gemählden einleuchtend, ſagte Rudolf. Gut, daß Du mich daran erinnerſt! rief Franz aus, hier iſt recht der Ort, wo der Mahler ſeine große Imagination, ſei¬ nen Sinn für die Magie der Kunſt offen¬ baren kann: hier kann er gleichſam über die Gränzen ſeiner Kunſt hinausſchreiten, und mit dem Dichter wetteifern. Die Begeben¬ heit, die Figuren ſind ihm nur Nebenſache, und doch machen ſie das Bild, es iſt Ruhe und

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/184>, abgerufen am 28.03.2024.