Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

und ab. Es war lieblich, wie sie bald hin¬
auf in den Wipfel schwankte, bald wieder
wie eine Göttin herabkam, und mit leichter
Bewegung einen schönen Cirkel beschrieb.
Franz fand sie immer schöner; der Busen
war verrätherisch halb bloß, die Bewe¬
gung der Schaukel entblößte eine zierliche
Wade und ein schönes rundes Knie, wenn
der Schwung sie etwas höher trieb, ent¬
deckte das lüsterne Auge den runden, weißen
Schenkel, sie aber saß ängstlich und unbe¬
fangen oben, und dachte nicht daran, vor¬
sichtiger zu seyn, weil sie zu vorsichtig war
und nur den Fall befürchtete.

Nun, mein Freund, rief Rudolf öfter,
bist Du nun nicht vergnügt? Laß alle Gril¬
len schwinden! Franz sah nur die reizende
Gestalt, die sich in der Luft bewegte.

Als man des Tanzes überdrüßig war,
setzte man sich wieder nieder, und ergötzte

und ab. Es war lieblich, wie ſie bald hin¬
auf in den Wipfel ſchwankte, bald wieder
wie eine Göttin herabkam, und mit leichter
Bewegung einen ſchönen Cirkel beſchrieb.
Franz fand ſie immer ſchöner; der Buſen
war verrätheriſch halb bloß, die Bewe¬
gung der Schaukel entblößte eine zierliche
Wade und ein ſchönes rundes Knie, wenn
der Schwung ſie etwas höher trieb, ent¬
deckte das lüſterne Auge den runden, weißen
Schenkel, ſie aber ſaß ängſtlich und unbe¬
fangen oben, und dachte nicht daran, vor¬
ſichtiger zu ſeyn, weil ſie zu vorſichtig war
und nur den Fall befürchtete.

Nun, mein Freund, rief Rudolf öfter,
biſt Du nun nicht vergnügt? Laß alle Gril¬
len ſchwinden! Franz ſah nur die reizende
Geſtalt, die ſich in der Luft bewegte.

Als man des Tanzes überdrüßig war,
ſetzte man ſich wieder nieder, und ergötzte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0157" n="149"/>
und ab. Es war lieblich, wie &#x017F;ie bald hin¬<lb/>
auf in den Wipfel &#x017F;chwankte, bald wieder<lb/>
wie eine Göttin herabkam, und mit leichter<lb/>
Bewegung einen &#x017F;chönen Cirkel be&#x017F;chrieb.<lb/>
Franz fand &#x017F;ie immer &#x017F;chöner; der Bu&#x017F;en<lb/>
war verrätheri&#x017F;ch halb bloß, die Bewe¬<lb/>
gung der Schaukel entblößte eine zierliche<lb/>
Wade und ein &#x017F;chönes rundes Knie, wenn<lb/>
der Schwung &#x017F;ie etwas höher trieb, ent¬<lb/>
deckte das lü&#x017F;terne Auge den runden, weißen<lb/>
Schenkel, &#x017F;ie aber &#x017F;aß äng&#x017F;tlich und unbe¬<lb/>
fangen oben, und dachte nicht daran, vor¬<lb/>
&#x017F;ichtiger zu &#x017F;eyn, weil &#x017F;ie zu vor&#x017F;ichtig war<lb/>
und nur den Fall befürchtete.</p><lb/>
          <p>Nun, mein Freund, rief Rudolf öfter,<lb/>
bi&#x017F;t Du nun nicht vergnügt? Laß alle Gril¬<lb/>
len &#x017F;chwinden! Franz &#x017F;ah nur die reizende<lb/>
Ge&#x017F;talt, die &#x017F;ich in der Luft bewegte.</p><lb/>
          <p>Als man des Tanzes überdrüßig war,<lb/>
&#x017F;etzte man &#x017F;ich wieder nieder, und ergötzte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0157] und ab. Es war lieblich, wie ſie bald hin¬ auf in den Wipfel ſchwankte, bald wieder wie eine Göttin herabkam, und mit leichter Bewegung einen ſchönen Cirkel beſchrieb. Franz fand ſie immer ſchöner; der Buſen war verrätheriſch halb bloß, die Bewe¬ gung der Schaukel entblößte eine zierliche Wade und ein ſchönes rundes Knie, wenn der Schwung ſie etwas höher trieb, ent¬ deckte das lüſterne Auge den runden, weißen Schenkel, ſie aber ſaß ängſtlich und unbe¬ fangen oben, und dachte nicht daran, vor¬ ſichtiger zu ſeyn, weil ſie zu vorſichtig war und nur den Fall befürchtete. Nun, mein Freund, rief Rudolf öfter, biſt Du nun nicht vergnügt? Laß alle Gril¬ len ſchwinden! Franz ſah nur die reizende Geſtalt, die ſich in der Luft bewegte. Als man des Tanzes überdrüßig war, ſetzte man ſich wieder nieder, und ergötzte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/157
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/157>, abgerufen am 23.11.2024.