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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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herbergt hätte, aller Gesang erinnert mich
nur an sie, die fließenden Waldbäche hier
ermuntern mich, immer fort zu weinen, so
wie sie selber thun. Was soll mir Kunst,
was Ruhm, wenn sie nicht mehr ist, der
ich alles zu Füßen legen wollte?

Am folgenden Tage kam Rudolf zurück,
vor dem Franz sein Geheimniß nun noch
geflissentlicher verbarg; er fürchtete den hei¬
tern Muthwillen seines Freundes, und moch¬
te diese Schmerzen nicht seinen Spöttereien
Preis geben. Rudolf erzählte ihm mit kur¬
zen Worten die Geschichte seiner Wander¬
schaft, wo er sich herumgetrieben, was er in
diesen Tagen erlebt. Franz hörte kaum dar¬
auf hin, weil er mit seinem Verluste zu in¬
nig beschäftigt war.

Du hast ja hier einen Verwandten gefun¬
den, sagte Sternbald endlich, aber mich dünkt,
Du freust Dich darüber nicht sonderlich.

Meine

herbergt hätte, aller Geſang erinnert mich
nur an ſie, die fließenden Waldbäche hier
ermuntern mich, immer fort zu weinen, ſo
wie ſie ſelber thun. Was ſoll mir Kunſt,
was Ruhm, wenn ſie nicht mehr iſt, der
ich alles zu Füßen legen wollte?

Am folgenden Tage kam Rudolf zurück,
vor dem Franz ſein Geheimniß nun noch
gefliſſentlicher verbarg; er fürchtete den hei¬
tern Muthwillen ſeines Freundes, und moch¬
te dieſe Schmerzen nicht ſeinen Spöttereien
Preis geben. Rudolf erzählte ihm mit kur¬
zen Worten die Geſchichte ſeiner Wander¬
ſchaft, wo er ſich herumgetrieben, was er in
dieſen Tagen erlebt. Franz hörte kaum dar¬
auf hin, weil er mit ſeinem Verluſte zu in¬
nig beſchäftigt war.

Du haſt ja hier einen Verwandten gefun¬
den, ſagte Sternbald endlich, aber mich dünkt,
Du freuſt Dich darüber nicht ſonderlich.

Meine
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[144/0152] herbergt hätte, aller Geſang erinnert mich nur an ſie, die fließenden Waldbäche hier ermuntern mich, immer fort zu weinen, ſo wie ſie ſelber thun. Was ſoll mir Kunſt, was Ruhm, wenn ſie nicht mehr iſt, der ich alles zu Füßen legen wollte? Am folgenden Tage kam Rudolf zurück, vor dem Franz ſein Geheimniß nun noch gefliſſentlicher verbarg; er fürchtete den hei¬ tern Muthwillen ſeines Freundes, und moch¬ te dieſe Schmerzen nicht ſeinen Spöttereien Preis geben. Rudolf erzählte ihm mit kur¬ zen Worten die Geſchichte ſeiner Wander¬ ſchaft, wo er ſich herumgetrieben, was er in dieſen Tagen erlebt. Franz hörte kaum dar¬ auf hin, weil er mit ſeinem Verluſte zu in¬ nig beſchäftigt war. Du haſt ja hier einen Verwandten gefun¬ den, ſagte Sternbald endlich, aber mich dünkt, Du freuſt Dich darüber nicht ſonderlich. Meine

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/152>, abgerufen am 20.04.2024.