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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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her in ein himmlisches Kunstwerk, er läu¬
tert sich selbst mit dem Feuer der Gottheit.

Können wir es dahin bringen? fragte
Franz.

Wir sollen es wollen, fuhr jener fort,
und wir wollen es auch alle, nur daß vie¬
len, ja den meisten, ihr eigner Geist auf
dieser seltsamen Welt zu sehr verkümmert
wird. Daraus entsteht, daß man so selten
den andern, noch seltener sich selber inne
wird.

Ich suche nach Euren Gemählden, sagte
Sternbald, aber ich finde sie nicht; nach Eu¬
ren Gesprächen über die Kunst darf ich et¬
was Großes erwarten.

Das dürft Ihr nicht, sagte der Alte mit
einigem Verdruß, denn ich bin nicht für die
Kunst gebohren, ich bin ein verunglückter
Künstler, der seinen eigentlichen Beruf nicht
angetroffen hat. Es ergreift manchen das

her in ein himmliſches Kunſtwerk, er läu¬
tert ſich ſelbſt mit dem Feuer der Gottheit.

Können wir es dahin bringen? fragte
Franz.

Wir ſollen es wollen, fuhr jener fort,
und wir wollen es auch alle, nur daß vie¬
len, ja den meiſten, ihr eigner Geiſt auf
dieſer ſeltſamen Welt zu ſehr verkümmert
wird. Daraus entſteht, daß man ſo ſelten
den andern, noch ſeltener ſich ſelber inne
wird.

Ich ſuche nach Euren Gemählden, ſagte
Sternbald, aber ich finde ſie nicht; nach Eu¬
ren Geſprächen über die Kunſt darf ich et¬
was Großes erwarten.

Das dürft Ihr nicht, ſagte der Alte mit
einigem Verdruß, denn ich bin nicht für die
Kunſt gebohren, ich bin ein verunglückter
Künſtler, der ſeinen eigentlichen Beruf nicht
angetroffen hat. Es ergreift manchen das

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[117/0125] her in ein himmliſches Kunſtwerk, er läu¬ tert ſich ſelbſt mit dem Feuer der Gottheit. Können wir es dahin bringen? fragte Franz. Wir ſollen es wollen, fuhr jener fort, und wir wollen es auch alle, nur daß vie¬ len, ja den meiſten, ihr eigner Geiſt auf dieſer ſeltſamen Welt zu ſehr verkümmert wird. Daraus entſteht, daß man ſo ſelten den andern, noch ſeltener ſich ſelber inne wird. Ich ſuche nach Euren Gemählden, ſagte Sternbald, aber ich finde ſie nicht; nach Eu¬ ren Geſprächen über die Kunſt darf ich et¬ was Großes erwarten. Das dürft Ihr nicht, ſagte der Alte mit einigem Verdruß, denn ich bin nicht für die Kunſt gebohren, ich bin ein verunglückter Künſtler, der ſeinen eigentlichen Beruf nicht angetroffen hat. Es ergreift manchen das

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/125>, abgerufen am 25.04.2024.