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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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nen aus ihm heraus, und er läßt die zau¬
berischen Strahlen durch die Krystalle der
Kunst den übrigen Menschen entgegenspie¬
len, damit sie nicht vor ihm erschrecken,
sondern ihn auf ihre Weise verstehn und
begreifen. Nun vollendet sich das Werk,
und dem Geoffenbarten liegt ein weites
Land, eine unabsehliche Aussicht da, mit
allem Menschenleben, mit himmlischen Glanz
überleuchtet, und heimlich sind Blumen hin¬
eingewachsen, von denen der Künstler selber
nicht weiß, die Gottes Finger hineinwirkte,
und die uns mit ätherischem Zauber anduf¬
ten und uns unmerkbar den Künstler als ei¬
nen Liebling Gottes verkündigen. Seht,
so denke ich über die Natur und über die
Kunst.

Franz war vor Erstaunen wie gefesselt,
denn dermaßen hatten ihn bis dahin noch
keine Worte angeredet; er erschrak über sich

nen aus ihm heraus, und er läßt die zau¬
beriſchen Strahlen durch die Kryſtalle der
Kunſt den übrigen Menſchen entgegenſpie¬
len, damit ſie nicht vor ihm erſchrecken,
ſondern ihn auf ihre Weiſe verſtehn und
begreifen. Nun vollendet ſich das Werk,
und dem Geoffenbarten liegt ein weites
Land, eine unabſehliche Ausſicht da, mit
allem Menſchenleben, mit himmliſchen Glanz
überleuchtet, und heimlich ſind Blumen hin¬
eingewachſen, von denen der Künſtler ſelber
nicht weiß, die Gottes Finger hineinwirkte,
und die uns mit ätheriſchem Zauber anduf¬
ten und uns unmerkbar den Künſtler als ei¬
nen Liebling Gottes verkündigen. Seht,
ſo denke ich über die Natur und über die
Kunſt.

Franz war vor Erſtaunen wie gefeſſelt,
denn dermaßen hatten ihn bis dahin noch
keine Worte angeredet; er erſchrak über ſich

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[114/0122] nen aus ihm heraus, und er läßt die zau¬ beriſchen Strahlen durch die Kryſtalle der Kunſt den übrigen Menſchen entgegenſpie¬ len, damit ſie nicht vor ihm erſchrecken, ſondern ihn auf ihre Weiſe verſtehn und begreifen. Nun vollendet ſich das Werk, und dem Geoffenbarten liegt ein weites Land, eine unabſehliche Ausſicht da, mit allem Menſchenleben, mit himmliſchen Glanz überleuchtet, und heimlich ſind Blumen hin¬ eingewachſen, von denen der Künſtler ſelber nicht weiß, die Gottes Finger hineinwirkte, und die uns mit ätheriſchem Zauber anduf¬ ten und uns unmerkbar den Künſtler als ei¬ nen Liebling Gottes verkündigen. Seht, ſo denke ich über die Natur und über die Kunſt. Franz war vor Erſtaunen wie gefeſſelt, denn dermaßen hatten ihn bis dahin noch keine Worte angeredet; er erſchrak über ſich

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/122>, abgerufen am 26.04.2024.