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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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keit näher kam. Dann konnte ihn Musik
trösten und beruhigen, es war, als wenn
ihn die angeschlagenen Akkorde dreister und
kühner machten, die Töne waren sein Bei¬
stand und ihm wie zärtliche Freunde nahe,
seine Hand arbeitete schneller und williger,
und sein Gemüth war durchsichtig und rein
wie ein heller Bach. Die Gräfin schien ihn
mit jedem Tage lieber zu gewinnen, Franz
war gewöhnlich stumm, aber sie sprach desto
mehr: ihre lebhafte Beweglichkeit ertrug
nicht den Stillstand einer Minute, sie machte
sich immer etwas zu schaffen, sie erzählte
hundert kleine Geschichten, und Sternbald
wurde nicht selten durch ihre Munterkeit
gestört.

So erfuhr er unter vielen andern Er¬
zählungen, daß sie einige Verwandten in
Italien und zwar in Rom habe, an die sie
ihm auch Briefe mitzugeben versprach. Sie

schil¬

keit näher kam. Dann konnte ihn Muſik
tröſten und beruhigen, es war, als wenn
ihn die angeſchlagenen Akkorde dreiſter und
kühner machten, die Töne waren ſein Bei¬
ſtand und ihm wie zärtliche Freunde nahe,
ſeine Hand arbeitete ſchneller und williger,
und ſein Gemüth war durchſichtig und rein
wie ein heller Bach. Die Gräfin ſchien ihn
mit jedem Tage lieber zu gewinnen, Franz
war gewöhnlich ſtumm, aber ſie ſprach deſto
mehr: ihre lebhafte Beweglichkeit ertrug
nicht den Stillſtand einer Minute, ſie machte
ſich immer etwas zu ſchaffen, ſie erzählte
hundert kleine Geſchichten, und Sternbald
wurde nicht ſelten durch ihre Munterkeit
geſtört.

So erfuhr er unter vielen andern Er¬
zählungen, daß ſie einige Verwandten in
Italien und zwar in Rom habe, an die ſie
ihm auch Briefe mitzugeben verſprach. Sie

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[96/0104] keit näher kam. Dann konnte ihn Muſik tröſten und beruhigen, es war, als wenn ihn die angeſchlagenen Akkorde dreiſter und kühner machten, die Töne waren ſein Bei¬ ſtand und ihm wie zärtliche Freunde nahe, ſeine Hand arbeitete ſchneller und williger, und ſein Gemüth war durchſichtig und rein wie ein heller Bach. Die Gräfin ſchien ihn mit jedem Tage lieber zu gewinnen, Franz war gewöhnlich ſtumm, aber ſie ſprach deſto mehr: ihre lebhafte Beweglichkeit ertrug nicht den Stillſtand einer Minute, ſie machte ſich immer etwas zu ſchaffen, ſie erzählte hundert kleine Geſchichten, und Sternbald wurde nicht ſelten durch ihre Munterkeit geſtört. So erfuhr er unter vielen andern Er¬ zählungen, daß ſie einige Verwandten in Italien und zwar in Rom habe, an die ſie ihm auch Briefe mitzugeben verſprach. Sie ſchil¬

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/104>, abgerufen am 26.04.2024.