Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

mein Lehren ist an Dir nicht verlohren ge¬
gangen. Wir müssen arbeiten, sinnen und
denken, weil wir einmahl in diesem Leben,
in diesem Joch eingespannt sind, aber da¬
rum müssen wir doch nie das Höhere aus
den Augen verliehren. Sey redlich in Dei¬
nem Gewerbe, damit es Dich ernährt, aber
laß nicht Deine Nahrung, Deine Beklei¬
dung den letzten Gedanken Deines Lebens
seyn; trachte auch nicht nach dem irrdischen
Ruhme, denn alles ist doch nur eitel, alles
bleibt hinter uns, wenn der Tod uns for¬
dert. Mahle, wenn es seyn kann, die heili¬
gen Geschichten recht oft, um auch in weltli¬
chen Gemüthern die Andacht zu erwecken.

Franz aß wenig zu Mittage, der Alte
schien sich gegen Abend zu erholen. Die
Mutter war nun schon daran gewöhnt,
daß Franz wieder da sey; sie machte sich
seinetwegen viel zu thun, und vernachläßig¬

F

mein Lehren iſt an Dir nicht verlohren ge¬
gangen. Wir müſſen arbeiten, ſinnen und
denken, weil wir einmahl in dieſem Leben,
in dieſem Joch eingeſpannt ſind, aber da¬
rum müſſen wir doch nie das Höhere aus
den Augen verliehren. Sey redlich in Dei¬
nem Gewerbe, damit es Dich ernährt, aber
laß nicht Deine Nahrung, Deine Beklei¬
dung den letzten Gedanken Deines Lebens
ſeyn; trachte auch nicht nach dem irrdiſchen
Ruhme, denn alles iſt doch nur eitel, alles
bleibt hinter uns, wenn der Tod uns for¬
dert. Mahle, wenn es ſeyn kann, die heili¬
gen Geſchichten recht oft, um auch in weltli¬
chen Gemüthern die Andacht zu erwecken.

Franz aß wenig zu Mittage, der Alte
ſchien ſich gegen Abend zu erholen. Die
Mutter war nun ſchon daran gewöhnt,
daß Franz wieder da ſey; ſie machte ſich
ſeinetwegen viel zu thun, und vernachläßig¬

F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0092" n="81"/>
mein Lehren i&#x017F;t an Dir nicht verlohren ge¬<lb/>
gangen. Wir mü&#x017F;&#x017F;en arbeiten, &#x017F;innen und<lb/>
denken, weil wir einmahl in die&#x017F;em Leben,<lb/>
in die&#x017F;em Joch einge&#x017F;pannt &#x017F;ind, aber da¬<lb/>
rum mü&#x017F;&#x017F;en wir doch nie das Höhere aus<lb/>
den Augen verliehren. Sey redlich in Dei¬<lb/>
nem Gewerbe, damit es Dich ernährt, aber<lb/>
laß nicht Deine Nahrung, Deine Beklei¬<lb/>
dung den letzten Gedanken Deines Lebens<lb/>
&#x017F;eyn; trachte auch nicht nach dem irrdi&#x017F;chen<lb/>
Ruhme, denn alles i&#x017F;t doch nur eitel, alles<lb/>
bleibt hinter uns, wenn der Tod uns for¬<lb/>
dert. Mahle, wenn es &#x017F;eyn kann, die heili¬<lb/>
gen Ge&#x017F;chichten recht oft, um auch in weltli¬<lb/>
chen Gemüthern die Andacht zu erwecken.</p><lb/>
            <p>Franz aß wenig zu Mittage, der Alte<lb/>
&#x017F;chien &#x017F;ich gegen Abend zu erholen. Die<lb/>
Mutter war nun &#x017F;chon daran gewöhnt,<lb/>
daß Franz wieder da &#x017F;ey; &#x017F;ie machte &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;einetwegen viel zu thun, und vernachläßig¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0092] mein Lehren iſt an Dir nicht verlohren ge¬ gangen. Wir müſſen arbeiten, ſinnen und denken, weil wir einmahl in dieſem Leben, in dieſem Joch eingeſpannt ſind, aber da¬ rum müſſen wir doch nie das Höhere aus den Augen verliehren. Sey redlich in Dei¬ nem Gewerbe, damit es Dich ernährt, aber laß nicht Deine Nahrung, Deine Beklei¬ dung den letzten Gedanken Deines Lebens ſeyn; trachte auch nicht nach dem irrdiſchen Ruhme, denn alles iſt doch nur eitel, alles bleibt hinter uns, wenn der Tod uns for¬ dert. Mahle, wenn es ſeyn kann, die heili¬ gen Geſchichten recht oft, um auch in weltli¬ chen Gemüthern die Andacht zu erwecken. Franz aß wenig zu Mittage, der Alte ſchien ſich gegen Abend zu erholen. Die Mutter war nun ſchon daran gewöhnt, daß Franz wieder da ſey; ſie machte ſich ſeinetwegen viel zu thun, und vernachläßig¬ F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/92
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/92>, abgerufen am 27.04.2024.