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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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Ihr habt ein sichres Brod und ein gutes
Auskommen, Ihr könnt Euch hier verhei¬
rathen und sogleich antreffen was Ihr in
einer ungewissen zukünftigen Ferne sucht. --
Wollt Ihr also Eure Reise einstellen und
bei mir bleiben?

Franz antwortete nicht.

Ihr mögt vielleicht viel Geschick zur
Kunst haben, fuhr jener fort, aber was
habt Ihr mit alle dem gewonnen? Wenn
Ihr ein großer Meister werdet, so führt Ihr
doch immer ein kümmerliches und höchst
armseliges Leben. Ihr habt ja das Bei¬
spiel an Eurem Lehrer. Wer erkennt ihn,
wer belohnt ihn? Mit allem seinem Fleiße
muß er sich doch von einem Tage zum an¬
dern hinübergrämen, er hat keine frohe
Stunde, er kann sich nie recht ergötzen,
Niemand achtet ihn, da er ohne Vermögen
ist, statt daß er reich, angesehen und von

Ihr habt ein ſichres Brod und ein gutes
Auskommen, Ihr könnt Euch hier verhei¬
rathen und ſogleich antreffen was Ihr in
einer ungewiſſen zukünftigen Ferne ſucht. —
Wollt Ihr alſo Eure Reiſe einſtellen und
bei mir bleiben?

Franz antwortete nicht.

Ihr mögt vielleicht viel Geſchick zur
Kunſt haben, fuhr jener fort, aber was
habt Ihr mit alle dem gewonnen? Wenn
Ihr ein großer Meiſter werdet, ſo führt Ihr
doch immer ein kümmerliches und höchſt
armſeliges Leben. Ihr habt ja das Bei¬
ſpiel an Eurem Lehrer. Wer erkennt ihn,
wer belohnt ihn? Mit allem ſeinem Fleiße
muß er ſich doch von einem Tage zum an¬
dern hinübergrämen, er hat keine frohe
Stunde, er kann ſich nie recht ergötzen,
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[60/0071] Ihr habt ein ſichres Brod und ein gutes Auskommen, Ihr könnt Euch hier verhei¬ rathen und ſogleich antreffen was Ihr in einer ungewiſſen zukünftigen Ferne ſucht. — Wollt Ihr alſo Eure Reiſe einſtellen und bei mir bleiben? Franz antwortete nicht. Ihr mögt vielleicht viel Geſchick zur Kunſt haben, fuhr jener fort, aber was habt Ihr mit alle dem gewonnen? Wenn Ihr ein großer Meiſter werdet, ſo führt Ihr doch immer ein kümmerliches und höchſt armſeliges Leben. Ihr habt ja das Bei¬ ſpiel an Eurem Lehrer. Wer erkennt ihn, wer belohnt ihn? Mit allem ſeinem Fleiße muß er ſich doch von einem Tage zum an¬ dern hinübergrämen, er hat keine frohe Stunde, er kann ſich nie recht ergötzen, Niemand achtet ihn, da er ohne Vermögen iſt, ſtatt daß er reich, angeſehen und von

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/71>, abgerufen am 27.04.2024.